Syrien: Kloster Mar Moussa öffnet wieder
„Wir wünschen uns, dass die Menschen zurückkehren, dass sie an diesem Ort beten und meditieren, dass sie hier einen Ort der Ruhe, der Stille und der Kontemplation finden.“ Das sagte Pater Jihad Youssef, der seit einem Jahr Abt des syrischen Klosters Saint-Moïse l'Abyssin ist, gegenüber der Nachrichtenagentur afp.
Das Kloster liegt inmitten einer Gebirgswüste. Es ist nach einem Prinzen benannt, der sich im 6. Jahrhundert an diesen Ort auf 1.320 m Höhe im Norden des Qalamoun-Gebirges, unweit der heutigen libanesischen Grenze, zurückzog, um in einer Höhle ein asketisches und klösterliches Leben zu führen.
Das heutige Kloster befindet sich etwa 12 km von Nabek entfernt, einer Kleinstadt ca. 70 km nördlich von Damaskus. Es wurde im 14. Jahrhundert teilweise umgebaut und erweitert, seine Kirche stammt jedoch schon aus dem 11. Jahrhundert.
Vom Jesuiten Dall'Oglio wiederbelebt
Ab 1982 begann der italienische Jesuitenpater Paolo Dall'Oglio damit, das verfallene Kloster wiederzubeleben, nachdem es im 19. Jahrhundert aufgrund seines zwei Jahrhunderte zuvor begonnenen allmählichen Verfalls verlassen worden war. Vor 40 Jahren gab Pater Dall'Oglio den Anstoß zur Restaurierung der Gebäude, zunächst mit Hilfe der örtlichen Kirche, später mit Hilfe des syrischen Staates und einheimischer und ausländischer Freiwilliger.
Damals gründete der Jesuitenpater auch eine neue, ökumenische und gemischte Klostergemeinschaft des syrisch-katholischen Ritus: die „Klostergemeinschaft al-Khalil von Deir Mar Moussa al-Habachi“, die sich heute auf drei Mar-Moussa-Klöster in Syrien und zwei weitere im Irak und in Italien verteilt.
Zehn Jahre Unsicherheit und eine Pandemie später
Das Kloster ist dafür bekannt, dass es sich vor 30 Jahren auf Initiative von Pater Dall'Oglio dem christlich-islamischen Dialog zugewandt hat. Als Arabist war er davon überzeugt, dass eine Öffnung und ein Dialog zwischen Christentum und Islam möglich sind.
Es wurden interreligiöse Seminare abgehalten, bei denen die christliche Minderheit in Syrien und Muslime Seite an Seite beteten. Dadurch wurde das Kloster zu einem Symbol der Koexistenz, das viele Besucher anzog, darunter auch Muslime: Sie kamen gewöhnlich am Freitag, einem für sie arbeitsfreien Tag.
Das Kloster erhielt 2006 den Euro-Mediterranen Preis für den Dialog zwischen den Kulturen, der 2005 von der „Fondation Méditerranée“ und der „Anna Lindh Euro-Mediterranean Foundation for the Dialogue Between Cultures“ ins Leben gerufen wurde.
2015 beschossen IS-Terroristen das Kloster
Im Jahr 2010, so berichtete die AFP, besuchten nicht weniger als 30.000 Menschen das Kloster. Doch der Ausbruch des Bürgerkriegs 2011 und das Verschwinden von Pater Dall'Oglio 2013 in Raqqa im Norden Syriens, wo er sich für die Freilassung entführter Aktivisten eingesetzt hatte, brachten die Besuche fast ein Jahrzehnt lang zum Erliegen. Seitdem wurden keine Nachrichten über das Schicksal des Jesuiten als zuverlässig eingestuft.
2015 wurde das Kloster vom Islamischen Staat (IS) beschossen, nachdem die Dschihadisten zwei Jahre lang die nahegelegene Landschaft Homs kontrolliert hatten. Der IS entführte dann 2015 den Nachfolger von Paolo Dall'Oglio, Pater Jacques Mourad, für mehrere Monate nach Al-Qaryatain. Damals „hatten wir Angst, wir waren isoliert, eine Situation, die die Menschen davon abhielt, uns zu besuchen“, erinnerte sich Pater Jihad Youssef für afp.
Vor drei Jahren besiegten lokale, von den USA unterstützte Kräfte das „Kalifat“ des IS im Osten Syriens, doch der Ausbruch von Covid-19 ließ das Kloster weiterhin isoliert. Im vergangenen Jahr „beschränkten wir unsere Gastfreundschaft auf einige kurze, organisierte Besuche für kleine Gruppen von drei bis vier Personen und in besonderen Fällen auf Übernachtungen für eine oder maximal zwei Personen“. Das schrieben die Mönche und Nonnen von Deir Mar Moussa in ihrem Weihnachtsbrief, den sie in der Adventszeit an die Freunde der Gemeinschaft schickten.
Nachdem sich die Sicherheitslage in den umliegenden Gebieten verbessert hat und die Gesundheitslage normaler geworden ist, öffnete das Kloster, das in vielen Reiseführern aus der Zeit vor 2011 erwähnt wurde, diesen Monat wieder seine Türen für Besucher.
Fresken, die zu den ältesten im christlichen Orient zählen
Der in der Wüste gelegene Ort ist erst nach einem 20-minütigen Aufstieg über mehrere hundert Stufen zu erreichen. Die auf den Ruinen eines römischen Turms errichtete und teilweise in den Fels gehauene Kirche aus dem Jahr 1051 ist mit Ikonen und alten Wandmalereien geschmückt, die zu den ältesten Fresken des christlichen Orients gehören und aus dem 11. und 12. Jahrhundert stammen.
Die Kirche beherbergt an ihren Wänden auch Inschriften in Arabisch, Syrisch und Griechisch mit christlichen und muslimischen Anrufungen Gottes.
Präsenz von Nonnen
Heute leben in Deir Mar Moussa neben Pater Jihad auch Pater Jacques Mourad, Ökonom und Vize-Superior der Gemeinschaft, die ehemalige Mutter-Äbtissin, zwei Mönche und zwei Personen - ein Priester und eine Ordensfrau -, die sich in der Abklärung befinden. Nonnen aus anderen Klöstern kommen abwechselnd nach Deir Mar Moussa, um die weibliche Präsenz der Gemeinschaft zu erweitern.
Das Gemeinschaftsprogramm wird weiterhin von den Intuitionen von Pater Paolo Dall'Oglio inspiriert. „Mit Freude und Elan“, schrieb die Gemeinschaft in ihrem Brief vom Dezember 2021, der vom letzten Klosterkapitel berichtete, das vom 18. Mai bis zum 4. Juni 2021 stattfand, „haben wir uns entschieden, gemeinsam unser monastisches Leben auf der Grundlage unserer drei Prioritäten - Gebet, Handarbeit und Gastfreundschaft - fortzusetzen und uns vom Horizont der Harmonie und Freundschaft mit dem Islam und den Muslimen, die wir im Namen Christi lieben, wie er sie liebt, anziehen zu lassen.“
(cath.ch)
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