Zeichen der Hoffnung: Erstes großes Konzert in Odessa seit Kriegsbeginn, am 17. Juni Zeichen der Hoffnung: Erstes großes Konzert in Odessa seit Kriegsbeginn, am 17. Juni 

Rosenkränze für Soldaten: Gespräch mit dem Bischof von Odessa

Die Front in der Ukraine ist viel länger als der Donbass: Auch Odessa im Süden steht in diesen Tagen unter starkem Raketenbeschuss durch die russische Armee.

Lukas Sośniak SJ und Stefan v. Kempis – Vatikanstadt

Die Ziele sind hauptsächlich Wohngebiete und zivile Infrastruktur. Nach Einschätzung vieler Ukrainer wollen die Russen auch in Regionen, in denen es keine direkten Kämpfe gibt, so große Zerstörungen wie möglich anrichten. Das soll die Bevölkerung psychologisch unter Druck setzen, den Widerstandsgeist schwächen und die wirtschaftlichen und strategischen Reserven des Landes reduzieren.

„Wir warten alle darauf, wie es weitergeht; die Spannung ist groß“: Das sagt der Bischof von Odessa-Symferopol, Stanislav Shyrokoradiuk, in einem Interview mit Radio Vatikan. Wir fragten ihn, welche Auswirkungen die Raketenangriffe auf seine Ortskirche haben.

Mitglieder der Territorialverteidigung in Odessa am Mittwoch
Mitglieder der Territorialverteidigung in Odessa am Mittwoch

Vielen ist der Luftalarm egal

„Unser Bistum funktioniert normal, die Kirche ist lebendig. Wir haben Fronleichnamsfeiern organisiert, zwar ohne Prozession draußen, weil das verboten war, aber in den Kirchen. Unsere Kirche war voll von Menschen, auch von Kindern! Wir feiern jeden Tag vier Messen und sonntags sechs. Es ist uns sogar gelungen, am 1. Juni eine besondere Feier für über 150 Kinder zu organisieren. Wir tun, was wir können…“

Immer wieder mal schrillt der Luftalarm, dann gehen alle in die Schutzräume, berichtet der Bischof. „Aber viele schenken diesen Alarmsirenen keine Aufmerksamkeit mehr, es ist ihnen egal – die Menschen haben die Nase voll davon!“

Panzersperren und Badegäste: In der Nähe von Odessa, am 14. Juni
Panzersperren und Badegäste: In der Nähe von Odessa, am 14. Juni
Zum Nachhören: Radio-Vatikan-Interview mit dem Bischof von Odessa (Ukraine)

Viele Flüchtlinge aus anderen Teilen des Landes

Odessa habe sehr viele Flüchtlinge aus anderen Teilen der Ukraine aufgenommen, hauptsächlich aus dem weiter westlich gelegenen Mykolajiw, das wie Odessa am Schwarzen Meer liegt, und aus dem russisch besetzten Cherson.

„Die Stadt hat ein Hilfszentrum für sie eröffnet. Wir haben auch drei Stellen in der Stadt, an denen wir Unterstützung verteilen. Außerdem verteilen wir die notwendigsten Hilfsgüter in den Gebieten um Mykolajiw und Cherson. Wir erhalten regelmäßig humanitäre Hilfe, hauptsächlich aus Polen und Deutschland, wofür wir sehr dankbar sind. Ohne diese Unterstützung wären wir nicht imstande, die Lage zu bewältigen, denn die Menschen haben seit drei Monaten keine Arbeit mehr, sie sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, genau wie die Flüchtlinge.“

In der Innenstadt
In der Innenstadt

„Wir beten, dass das alles so schnell wie möglich aufhört“

Die Christen in Odessa beten darum, „dass das alles so schnell wie möglich aufhört“, berichtet der Bischof weiter. „Die Soldaten kommen zu uns, um sich segnen zu lassen, wenn sie an die Front gehen. Wir schenken ihnen Rosenkränze und alles, was sie brauchen, vor allem Kleidung, Schlafsäcke und Isomatten.“

120 Tage lang erwehren sich die Ukrainer nun schon der russischen Invasoren. Und seit genau 120 Tagen schickt der griechisch-katholische Großerzbischof von Lemberg, Swjatoslaw Schewtschuk, täglich eine Videobotschaft aus der Ukraine. Am Donnerstag sagte er dabei: „Heute versucht die Welt, der Ukraine Frieden zu bringen. Doch wer dies mit Kompromissen und Zugeständnissen tut, schürt nur den Appetit des Aggressors.“

(vatican news)
 

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24. Juni 2022, 09:46