Anglikaner-Chef Welby: Bischofstreffen übertraf meine Hoffnungen
„Wir hatten eine wirklich bemerkenswerte Zeit; alle meine Hoffnungen wurden übertroffen", sagte der Ehrenprimas der Anglikaner am Samstagabend vor Journalisten in Canterbury. Er zeigte sich erleichtert, dass die Sitzung zum Haupt-Reizthema Umgang mit Homosexuellen in einer breiten Akzeptanz geendet sei, trotz profunder Differenzen in der Sache.
Als größten Mangel des zwölftägigen Welt-Bischofstreffens wertete er, dass er nicht in der Lage gewesen sei, Nigeria, Uganda und Ruanda ausreichend zu einer Teilnahme zu ermutigen. Die anglikanischen Oberhäupter aus den drei Ländern hatten vor der Konferenz ihr Fernbleiben aufgrund von Differenzen zur Segnung gleichgeschlechtlicher Ehen sowie der Bischofsweihe für Homosexuelle durch die anglikanische Gemeinschaft angekündigt.
„Sie waren in meinem Herzen. Nicht eine einzige Veranstaltung, in der ich sie nicht vermisst und ihre Abwesenheit bedauert hätte", so der Erzbischof von Canterbury. „Sie wären so eine starke und wundervolle Bereicherung gewesen. Es tut mir so leid", betonte Welby. Nigeria, Uganda und Ruanda repräsentieren etwa 20 Millionen anglikanische Christen.
Kurienkardinal Tagle: Gemeinsam ein Haus für die Menschheitsfamilie bauen
Nach dem päpstlichen "Ökumeneminister" Kurt Koch kam am Samstag auch Kurienkardinal Luis Tagle zu Wort. In seiner Rede ermutigte er die Christen, gemeinsam ein Haus für die Menschheitsfamilie zu bauen. Dazu müssten die jeweiligen kulturellen Unterschiede und Eigenheiten gewürdigt werden, so der Leiter der Missionskongregation des Vatikan.
Tagle ist seit 2012 Kardinal und gilt als enger Vertrauter von Papst Franziskus. Diesen zitierte er mehrfach, etwa dessen fortdauernden Ruf nach einer "pilgernden Kirche". Er stelle sich eine Kirche vor, die spirituelle Heimat sei für eine „Gemeinschaft von Reisenden", führte Tagle das Bild aus. Und verwies eindringlich auf die Notwendigkeit, dass die Kirchen gemeinsam für Betroffene eintreten: Vertriebene, Geflüchtete, Opfer von Sklaverei, Menschenhandel, von Vorurteilen, systematischer Verfolgung, Kriegen und insbesondere Umweltkatastrophen und dem Klimawandel.
Weiter geißelte er den wachsenden Populismus, vor dem auch Papst Franziskus in seiner Enzyklika "Fratelli tutti" warnt. Populisten versuchten, „unsere Menschheitsfamilie zu unterminieren", warnt der 65-Jährige. Umso wichtiger sei es, dass auch die pastorale Führung der Kirche sich dessen bewusst sei und „kulturelle Intelligenz" einsetze, ohne Überheblichkeit und Vorurteile, sondern mit Demut und Feingefühl. Auch Christus habe eine Kirche gewollt, die Heimat für Fremde, Einsame und Ausgestoßene ist.
Lambeth-Konferenz
Die 15. Lambeth-Konferenz geht an diesem Sonntag mit einem Gottesdienst in der Kathedrale von Canterbury zu Ende. Seit 26. Juli waren zu dem etwa alle zehn Jahre tagenden Treffen rund 660 Bischöfinnen und Bischöfe aus 165 Ländern sowie etwa 480 Ehepartner versammelt. Unter dem Motto "Gottes Kirche für Gottes Welt" diskutierten sie Themen wie Mission und Evangelisierung, Missbrauch, anglikanische Identität, Klimawandel, Krieg und Konflikte, Ökumene und interreligiöser Dialog sowie Menschenwürde. Die Anglikanische Gemeinschaft besteht aus 42 Provinzen mit insgesamt zwischen 77 und 85 Millionen Gläubigen und ist damit die drittgrößte christliche Konfession weltweit.
(kna-skr)
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