Bischof Freistetter: Christen im Nahen Osten nicht vergessen
Stationen der Reise waren Mossul, die christliche Kleinstadt Alkosh in der Ninive-Ebene sowie zahlreiche Städte und christliche Dörfer in der Autonomen Region Kurdistan. Gerade der Besuch in Mossul hat bei Bischof Freistetter Eindruck hinterlassen – aber keinen positiven, wie er im anschließenden Gespräch mit Kathpress berichtete. „Ich war entsetzt über die Zerstörungen, die wir sehen mussten, und ebenso entsetzt und bestürzt über die Anzahl der Opfer in der Zivilbevölkerung und besonders unter den Christen und den Flüchtlingen, die die Herrschaft des IS mit sich gebracht hat“, so Bischof Freistetter. „Auch bei der Befreiung der Stadt sind viele Opfer zu beklagen, und leider auch Zerstörungen von Kirchen und Kulturgütern.“
Begegnung mit chaldäischen Christen
Bestärkt und beeindruckt habe ihn hingegen die Begegnung mit chaldäischen Gläubigen und dem chaldäischen Erzbischof von Mossul, Michael Najeeb Moussa, der sich bemüht, die Grundlagen dafür zu schaffen, dass wieder mehr Christen nach Mossul zurückkehren. Er hat Bischof Freistetter von der großen Solidarität unter den Konfessionen und Religionen erzählt, die trotz des Schreckens dort herrsche.
Jetzt gehe es darum, sich an den Wiederaufbau zu machen, mahnt Bischof Freistetter: „Wir können uns nur wünschen – und ich wünsche allen dort, dass es gelingt – die internationalen und nationalen Projekte zum Wiederaufbau voranzubringen. Denn die Stadt hat eine uralte Geschichte." Er fügte hinzu: „Wenn dies wirklich ein neuer Beginn im Verständnis zwischen den verschiedenen Konfessionen und Religionen ist, dann eröffnet das natürlich eine Zukunft, trotz allen Leids und aller Zerstörungen.“
Präsenz der Christen aufrecht erhalten
Es gehe dabei auch darum, die Christen im Nahen Osten nicht zu vergessen. Ohne Unterstützung werde ihre Präsenz dort immer weiter zurückgehen, so Bischof Freistetter. Die Begegnung mit den Christen vor Ort habe ihm das noch einmal klar gemacht.
„Wir haben natürlich im theologischen Studium etwas über die Kirchen des Ostens gelernt, aber es ist etwas ganz anderes, diese Menschen zu treffen“, erzählt er.„Und das hat mir einfach die Augen geöffnet für diese reiche, christliche Geschichte, Kultur, auch die liturgische Tradition, ich durfte eine Messe im chaldäischen Ritus mitfeiern. Ich denke, für die gesamte katholische Kirche muss es ein großes Anliegen sein, die Christen dort zu unterstützen in ihrer außerordentlich schwierigen Situation, damit diese Präsenz aufrecht erhalten bleibt.“
Forderung nach wirtschaftlichen Fortschritten
Dazu müsste auch die ganze Region wirtschaftlich vorangebracht werden, fordert Freistetter. Er befürchtet dass die Zahl der Christen dort über kurz oder lang noch mehr abnimmt, wenn Menschen, auch junge Menschen, in ihrer Region keine Zukunft mehr sehen.
Er mahnt deshalb: „Sie brauchen dringend Arbeitsplätze. Sie brauchen Plätze, wo ihre oft sehr gut qualifizierten Kinder die Möglichkeit haben im Land zu bleiben, ihre Kenntnisse dort einzusetzen und nicht gezwungen sind geradezu, ins Ausland zu gehen, weil sie sonst das, was sie studiert haben, was sie sich erworben haben, nicht einsetzen können. Also hier muss unbedingt sehr viel getan werden, um diese Region wirtschaftlich voranzubringen.“ Das sei nicht nur im Interesse der Christen, sondern auch aller anderen.
Papstbesuch „in den Herzen der Menschen“ geblieben
Positiv in Erinnerung geblieben sei den Menschen im Irak der Besuch von Papst Franziskus im März 2021. Nicht nur den Christen, sondern Angehörigen aller Religionen. „Der Papst ist eben das Oberhaupt einer katholischen Weltkirche und hat eine charismatische Ausstrahlung, die alle berührt“, sagt Freistetter. „Ich denke, man kann die Wirkung eines solchen Besuches nicht allein in Zahlen oder Fakten bewerten, sondern es ist wirklich etwas geblieben in den Herzen der Menschen.“
(kap - hk)
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