DR Kongo: Ein vergessener Konflikt
Papst Franziskus war sichtlich erschüttert, als er an diesem Mittwoch bei seiner Generalaudienz an den Terrorangriff durch die „Allierten Demokratischen Kräfte“ (ADF) erinnerte, dem in der vergangenen Woche im Osten der Demokratischen Republik Kongo „wehrlose Menschen“ zum Opfer gefallen sind – darunter auch eine im Gesundheitswesen tätige Ordensfrau. „Beten wir für die Opfer und ihre Familien, aber auch für die christliche Gemeinschaft und die Bewohner dieser Region, die schon zu lange von der Gewalt erschöpft sind“, so der Papst bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz.
Auch über Twitter hatte er seinen Schmerz ausgedrückt: „Ich bin tief betroffen vom Anschlag in Maboja in der Demokratischen Republik #Kongo, bei dem wehrlose Menschen getötet wurden, darunter eine Ordensfrau, die im Gesundheitswesen tätig war. #Betenwirgemeinsam für die Opfer und die Bewohner dieser leidgeprüften Region“, schrieb das Kirchenoberhaupt am Donnerstag über seinen Account @pontifex_de.
Immer die gleichen Nachrichten
Die Journalistin Céline Camoin arbeitet seit mehr als 20 Jahren in den kongolesischen Gebieten. Sie weist darauf hin, dass die Nachrichten, die aus dem Land kommen, „immer die gleichen“ sind.
„Es ist wichtig, die Demokratische Republik Kongo in den Blick zu nehmen, weil es zunächst einmal eine moralische Pflicht ist. Die öffentliche Meinung darf ein Konfliktland nicht ignorieren, in dem es seit mindestens 30 Jahren zu schweren Menschenrechtsverletzungen und grausamen Verbrechen kommt. Die heutige Welt leidet nicht nur aufgrund des Krieges Russlands in der Ukraine. Außerdem handelt es sich um einen regionalen Konflikt, in dem auch die direkten Anrainer militärisch involviert sind“, gibt die Afrika-Expertin zu bedenken. Doch der Konflikt habe auch eine internationale Dimension, verweist sie auf die langjährige UN-Stabilisierungsmission, in deren Rahmen ihrer Stabilisierungsmission rund 18.000 Personen beschäftigt sind und für die ein jährliches Budget von 1,1 Milliarden US-Dollar bereitgestellt wurde.
Multinationale Unternehmen verschließen die Augen
„Man muss sich auch daran erinnern, dass der Kongo außerdem sehr reich an Bodenschätzen, Kohlenwasserstoffen und fruchtbaren Böden ist und dass zahlreiche multinationale Unternehmen dort arbeiten und sich bereichern, während sie die Augen vor dem, was geschieht, verschließen,“ so die Analyse der Journalistin.
In Anbetracht der Gewaltwelle, die das Land seit Jahren überrollt, sei es „falsch, von einer Notsituation zu sprechen“, denn die Situation sei mittlerweile praktisch chronisch und sorge kaum mehr für Schlagzeilen. „Wissen Sie, ich beschäftige mich beruflich seit mehr als 20 Jahren mit der Situation im Kongo, insbesondere in den östlichen bodenschatzreichen Gebieten, die an Ruanda, Uganda und Burundi. Und ich kann nur beklagen, dass ich seit 20 Jahren praktisch identische Nachrichten lese, höre und berichte.“
Gewalt gegen Zivilisten
Die seit Jahren andauernden Angriffe gingen von bewaffneten nichtstaatlichen Milizen aus, die jedes Mal eine große Zahl von Zivilisten vertreiben, auch komme es immer wieder zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen dem staatlichen Militär und diesen Banden. „In diesen Wochen hören wir vor allem von der M23-Gruppe, aber es gibt Dutzende von ihnen“, erklärt Camoin. Auch die angespannten Beziehungen mit dem Nachbarn Ruanda, dem vorgeworfen wird, die Konflikte zu befeuern, bestimmen nach wie vor die Nachrichten, berichtet Camoin. „Die Gründe für diese Zusammenstöße sind unter anderem ethnische Spannungen, verweigerte Rechte, Armut und Unterentwicklung, die immer noch auf der Tagesordnung stehen, und das in einem Land, das der Wirtschaftsmotor Afrikas sein könnte.“
In diesem Zusammenhang erinnert die Journalistin an den italienischen Botschafter Luca Attanasio, der am 22. Februar 2021 in dem Land getötet wurde. „Auch damals hieß es, man müsse die Scheinwerfer auf dieses Land richten, der Gewalt und dem Krieg ein Ende setzen, aber es scheint mir, dass der Krieg seither nur noch stärker aufgeflammt ist.“
Hintergrund
In der Demokratischen Republik Kongo kommt es immer wieder zu Überfällen und zu Gewaltausbrüchen. Obwohl in dem Land Soldaten der UN-Friedensmission MONUSCO stationiert sind, können diese die Bevölkerung und die öffentliche Ordnung kaum schützen. Dies hat in den vergangenen Monaten auch zu heftigen Protesten der Bevölkerung gesorgt.
Bei einer Reihe von Angriffen auf MONUSCO-Stützpunkte in den östlichen Provinzen Ituri und Kivu wurden Ende Juli mindestens 36 Menschen getötet und 170 verletzt. Immer wieder fordert die Regierung des Kongo nun die Mission auf, das Land zu Verlassen, da sie ihren Auftrag nicht erfülle und das Vertrauen in die Truppe gebrochen sei. Doch auch die Regierung steht wegen der mangelnden Sicherheit in der Kritik. Die katholische Kirche hat in der Vergangenheit immer wieder zu Dialog und einem Ende der Gewalt gemahnt. Auch Priester und Ordensleute werden immer wieder zur Zielscheibe von Gewalt und Entführungen, mit denen kriminelle Banden Lösegeld erpressen wollen. Oft gehen die Entführungen auch tödlich für die Opfer aus.
(vatican news)
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