Fr. Massimo Fusarelli Fr. Massimo Fusarelli 

Franziskaner vor großen Umbrüchen

Im Hinblick auf die Zahlen bei Ordensberufungen und die veränderte Altersstruktur der Mitglieder steht der Franziskanerorden weltweit „vor großen Umbrüchen“.

Das betont der Generalminister der Franziskaner, Massimo Fusarelli, im Gespräch mit dem franziskanischen Magazin „Antonius“. Einige Ordensprovinzen - vornehmlich in Europa und Nordamerika - erlebten derzeit einen starken Rückgang der Eintritte, andere einen schnellen und fordernden Zuwachs. „Wir sollten das als Chance begreifen, um unsere Gewohnheiten zu überdenken“, zeigt sich Fusarelli überzeugt.

Der 59-jährige Italiener ist seit 2021 in seiner Funktion als Großmeister und 121. Nachfolger des heiligen Ordensgründers Franz von Assisi für die Geschicke der Ordensgemeinschaft weltweit zuständig. Der Sinn des franziskanischen Lebens verwirklicht sich für Fusarelli nach wie vor „in der Begegnung und in der Beziehung zu den Menschen, vor allem zu den armen Menschen“.

Basilika San Francesco in Assisi
Basilika San Francesco in Assisi

„Zu schüchtern, wenn es darum geht, Menschen auf ihre Berufung anzusprechen“

Wichtig, um der allgemeinen Abkehr der Menschen von Ordensgemeinschaften entgegenzuwirken, sind für den gebürtigen Römer die jüngsten Bemühungen der Kirche, zu einem verstärkten Ausgleich zwischen Priestern, Laienbrüdern und Laien zu kommen: „Die Frage ist nicht nur, wie wir besser miteinander arbeiten. Die Frage ist, wir besser miteinander leben“, so Fusarelli. Er wolle deswegen zu einem Aufbruch in der Berufungspastoral ermutigen. „Wir haben großartige Programme, aber ich höre auch immer wieder, dass wir zu schüchtern sind, wenn es darum geht, Menschen auf ihre Berufung anzusprechen“.

Das Gebet nicht verzwecken

Fusarelli warnt zudem vor Politikern, die Gebete wie den Rosenkranz oder auch religiöse Symbole „verzweckten“. In Italien etwa trage der Chef der rechten Partei Lega Nord, Matteo Salvini, den franziskanischen Tau, das Symbol der franziskanischen Familie, bisweilen sehr sichtbar auf der Brust. „Er ist zwar frei darin, das zu tun. Aber es ist ein verzweckter Gebrauch, der unpassend ist“, kritisiert Fusarelli den Politiker.

Portiuncola-Kapelle in Assisi: Hier starb der hl. Franz 1226
Portiuncola-Kapelle in Assisi: Hier starb der hl. Franz 1226

„Ohne Glauben wird aus einem Tau oder einem Rosenkranz eine extremistische Ideologie oder ein Fahnenbekenntnis. Wir Katholiken wollen das Gebet nicht auf diese Weise verzwecken“, so der Ordensmann. Bestimmte Gruppen von Politikern tendierten dazu, die Religion zu politisieren. „Wir aber sagen: Die Religion unterwirft sich keinem politischen Missbrauch.“

Massimo Fusarelli ist laut jüngsten durch den Orden veröffentlichen Zahlen, Oberer von über 12.000 Franziskanern in 119 Ländern weltweit, über 5.000 davon leben in Europa. „Wir müssen die Zukunft gestalten und sie nicht einfach nur über uns hereinkommen lassen“, zeigt sich Fusarelli im Blick auf künftige Herausforderungen überzeugt.

(kap – sk)
 

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30. November 2022, 11:27