Treffen des UN-Sicherheitsrats am 22.12.2022 in New York Treffen des UN-Sicherheitsrats am 22.12.2022 in New York 

Myanmar im Fokus des UN-Sicherheitsrats - Zweite Kriegsweihnacht

Seit Mittwoch ist Myanmar offiziell im Fokus des UN-Sicherheitsrats. In dem Bürgerkriegsland bekämpft die Junta mit aller Gewalt ihre Gegner. Stark betroffen sind auch die christlichen Regionen des mehrheitlich buddhistischen Lands.

Erstmals seit der Unabhängigkeit Myanmars vor knapp 75 Jahren steht das südostasiatische Land im Fokus des Weltsicherheitsrates. Am Mittwoch hatte das Gremium in New York mit großer Mehrheit eine Resolution beschlossen, in der die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen, einschließlich der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, und das „sofortige Ende aller Formen von Gewalt" gefordert wird.

Auch kurz vor Weihnachten schreckt die seit dem Militärputsch vom 1. Februar 2021 herrschende Junta vor Übergriffen nicht zurück. Stark betroffen sind die christlichen Regionen in dem mehrheitlich buddhistischen Land. Denn obwohl knapp 88 Prozent der rund 54 Millionen Einwohner Myanmars Buddhisten und nur rund 6,2 Prozent Christen sind, fällt deren Widerstand sehr wohl ins Gewicht. In den mehrheitlich christlichen Gebieten sind Katholiken, Baptisten und Protestanten im friedlichen wie auch im bewaffneten Widerstand zahlreich vertreten. Dasselbe gilt für die Volksverteidigungsarmee der myanmarischen Untergrundregierung. Diesem Widerstand setzt die Armee immer wieder brutale Angriffe entgegen. So zerstörte die Armee am 14. Dezember in dem katholischen Dorf Chan Thar in der Region Sagaing mehr als 300 Häuser - der dritte Angriff auf das Dorf in sieben Monaten. In Sagaing und Myanmars überwiegend christlichen Unionsstaaten Chin, Kachin, Kayah und Karen sind in der Weihnachtszeit Geschützdonner und Kampfbomber zu hören statt Glockengeläut und Weihnachtslieder. Das berichteten Priester und Bischöfe der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

„Geschützdonner und Kampfbomber statt Glockengeläut“

Zum Glück seien Kirchen, Klöster und andere kirchliche Einrichtungen bisher nicht beschädigt wurden, teilt Bischof Lucius Hre Kung von Hakha per E-Mail mit.  „Ausnahme ist die Stadt Thantlang, wo ein Kloster, ein Pfarrhaus und zwei von der Kirche betriebene Gästehäuser niedergebrannt wurden." Von den einstmals rund 2.700 Gebäuden in Thantlang steht nach Armee-Offensiven von Anfang 2022 so gut wie keines mehr.  „Die Stadt ist verlassen", berichtet der Bischof.In Sagaing wurden Tausende Häuser in vielen Dörfern abgefackelt, darunter in historischen katholischen Siedlungen. Die Taktik der verbrannten Erde setzt die Armee seit Jahrzehnten zur Unterdrückung, Einschüchterung und Bestrafung der ethnischen Minderheiten ein, die seit Jahrzehnten für Autonomie kämpfen. Sagaing in Zentral-Mayanmar ist das Kernland der Bama, der ethnischen Mehrheit des Landes, wie auch des birmanischen Buddhismus; aber auch des Katholizismus. Der geht auf portugiesische Seefahrer aus dem 16. und 17. Jahrhundert zurück. Beunruhigt musste die Junta wahrnehmen, dass sich selbst die Bama dem Widerstand gegen deren Putsch von 2021 angeschlossen haben; und umso brutaler schlägt das Regime zurück.

„6.000 Flüchtlinge sind Katholiken, das sind zwei Drittel aller Katholiken des Bistums“

 

 „In drei der neun Gemeinden in Sagaing gibt es keine Häuser mehr. Lediglich die Ruinen der schwer beschädigten Kirchen, Pfarrhäuser und Klöster stehen noch", sagt Erzbischof Marco Tin Win von Mandalay der KNA, zu dessen Erzbistum Sagaing gehört.  „In den anderen sechs Pfarreien leben die Dorfbewohner in Angst und Schrecken. Es wird keine Weihnachtsfeiern geben", fügt der Erzbischof hinzu. Noch schlimmer ist die Lage in Kayah. Dort wurden im Bistum Loikaw bereits zehn Kirchen, sieben Klöster, ein Tagungszentrum und zwei Häuser für angehende Priester durch Armee-Beschuss schwer beschädigt. 180.000 Menschen - mehr als die Hälfte der Bevölkerung von Kayah - sind geflohen.  „66.000 Flüchtlinge sind Katholiken, das sind zwei Drittel aller Katholiken des Bistums Loikaw. 23 der 39 Gemeinden sind verlassen", berichtet Pater Francis Soe Naing von der Sozialkommission des Bistums.

Humanitäre Versorgung schwierig

Ob Kayah, Sagaing oder Chin - die humanitäre Versorgung der vielen zehntausend Binnenvertriebenen ist schwierig bis unmöglich. In Kayah hätten Hilfsorganisationen wie die Caritas zwar Zugang zu den Lagern im Dschungel, aber der Weg dorthin sei für die Hilfskräfte gefährlich, weiß Francis Soe Naing. Nach der Festnahme von Ärzten und Pflegekräften des Karuna-Hospitals der Caritas in Loikaw im November 2021 sei auch die letzte funktionierende medizinische Einrichtung in Kayah geschlossen worden. „Die Ärzte und Pfleger arbeiten jetzt im Untergrund." Noch dramatischer ist die Lage in Sagaing. „Wir können den Binnenvertriebenen keine Hilfe leisten. Wir können nicht mal frei reisen. Die Straßen zu den Dörfern sind gesperrt", berichtet Erzbischof Marco Tin Win.

Weihnachten mit Vertriebenen

In den Bürgerkriegsgebieten verzichten die Katholiken zu Weihnachten auf Feiern, Lichterglanz, Weihnachtslieder und Christbäume. „Wir werden fröhlich ein einfaches, aber echtes Weihnachten mit Christus in unserer Mitte feiern", sagt Pater Celso Ba Shwe, Administrator des Bistums Loikaw.  „Viele Priester bereiten sich darauf vor, Weihnachten mit den Gläubigen in den Vertriebenenlagern zu verbringen. Ich selbst werde Weihnachten mit den Vertriebenen in einem abgelegenen Dorf feiern."

(kna - sst)

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23. Dezember 2022, 12:05