Ukraine: Überleben des Winters in Charkiw derzeit vorrangig
Der schon Monate anhaltende russische Beschuss Charkiws mit S-300-Raketen und Raketenwerfern halte jedoch weiter an, wodurch es oft tagelang weder Strom und Wasser noch Heizung und Internet gebe. „In Charkiw geht es schlicht darum, den Winter zu überleben“, schilderte der Bischof am Donnerstag im Interview mit Kathpress.
Das Leben für die in Charkiw ausharrende Bevölkerung sei aus gleich mehreren Gründen schwierig: Auch aufgrund der Arbeitslosigkeit, die die Mehrheit der Menschen zusätzlich belastet. Der augenscheinliche Grund: Die großen Industriebetriebe sind durch die Kriegshandlungen zerstört, doch auch private Klein- und Mittelbetriebe können sich kaum über Wasser halten. „Die Menschen sind erschöpft, ihr einziger Wunsch ist ein möglichst baldiger Friede“, beschrieb der Bischof die vorherrschende Stimmung. Gleichzeitig stelle aber niemand die Verteidigung der Ukraine infrage; das Gegenteil sei vielmehr der Fall.
Bei den Menschen bleiben
Für die Kirchen vor Ort sei die Situation ein Auftrag, bei den Menschen zu bleiben und Hilfe zu leisten, erklärte Tutschapez. Auch seine Bischofskirche wurde daher zu einem Umschlagplatz für humanitäre Dienste, an dem er gemeinsam mit freiwilligen Helfern Flüchtlinge versorgt. Eine wichtige Rolle haben auch die Priester, die in ihren Pfarren die Seelsorge mit Caritas-Hilfe verbinden. Wie in den katholischen Ostkirchen üblich, seien viele von ihnen verheiratet, lebten aber derzeit getrennt von ihren Familien, die in den Westen der Ukraine oder ins Ausland flüchten konnten. Viele versorgten ihre Pfarren von der Stadt Charkiw aus, da ihre eigenen Häuser zerstört seien.
Außer im sozial-karitativen Bereich zeigt der Einsatz des Bischofs und seiner Priester aber auch auf geistlicher Ebene Früchte: Immer mehr Erwachsene bäten derzeit in der früheren atheistischen Hochburg Charkiw um die Taufe und beteiligten sich aktiv am kirchlichen Leben. Die erfahrene Nähe der Kirche lasse viele Menschen diese erst überhaupt entdecken.
Auf Solidarität aus dem Westen sei die Ukraine weiterhin angewiesen - auch bei Hilfslieferungen und finanziellen Unterstützung, betonte Tutschapez. Für bereits erhaltene konkrete Hilfe aus Österreich - darunter eine Spende von Kardinal Christoph Schönborn im Dezember -, sowie aus Polen, Frankreich und Italien äußerte sich der Bischof überaus dankbar. Dank dieser Solidarität fühlten sich die Menschen in Charkiw „weder isoliert noch vergessen“. Allerdings habe die Not kein Ende und der Winter bleibe eine Herausforderung: Lebensmittel, Medikamente und warme Kleidung seien derzeit überall Mangelware.
(kap – mg)
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