Erzbischof von Moskau: „Die Türen nicht verschließen“
Der Vatikan gab zu der Unterredung keine weiteren Informationen bekannt.
Tür zum Dialog nicht verschließen
Möglichkeiten des Dialoges offenzuhalten „heißt nicht, dass man sich unbedingt die Positionen des anderen zu eigen machen oder schweigen muss", so Erzbischof Pezzi mit Blick auf den Ukraine-Krieg im Interview mit dem Nachrichtendienst sir. „Aber es scheint mir, dass eine a priori Ablehnung der Begegnung, auf welcher Ebene auch immer, nur die Distanz vergrößert“, sagte er in dem Gespräch, das in Prag geführt wurde. Pezzi nahm dort in dieser Woche an der Synodenversammlung der katholischen Ostkirchen teil.
Der Vorsitzende der katholischen Bischöfe der Russischen Föderation kritisierte mit Blick auf die aktuelle Lage, dass nicht alle Optionen ausgeschöpft werden, um Frieden wahrscheinlicher zu machen: „Wenn es wenigstens den Wunsch nach Frieden gäbe, könnten wir vielleicht einige Schritte in Richtung Frieden machen. Ich will weder zynisch noch skeptisch oder zu parteiisch gegenüber der katholischen Kirche klingen, aber derjenige, der heute wirklich an den Frieden glaubt, ist nur der Papst“, zeigte sich Pezzi überzeugt.
Auswirkungen in Russland
Die russische Invasion in die Ukraine begann am 24. Februar 2022. In Russland sei inzwischen das Bewusstsein gewachsen, dass der Krieg „nicht mehr nur eine Randerscheinung ist, sondern das tägliche Leben des Landes beeinflusst“, so Pezzi. Das habe auch „zu einer gewissen Verwirrung geführt“, so der Erzbischof: „Man fragt sich, ob es sich wirklich gelohnt hat. Natürlich gibt es auf der anderen Seite auch Menschen, die immer überzeugter sind, aber ich würde sagen, dass die Stimmung, die ich am meisten wahrnehme, ein gewisses Unbehagen ist.“
Dass Russland international zunehmend isoliert ist und als Aggressor verurteilt wird, „hat paradoxerweise einen Bumerang-Effekt gehabt“, berichtet der katholische Kirchenvertreter: „Und das ist der beabsichtigte Effekt. Das heißt, dass die Reaktion gegen Russland unverhältnismäßig ist und dass die Verlierer am Ende die Menschen sind, die so zu Opfern ausländischer Intrigen werden“, gibt Pezzi das russische Narrativ wieder. Patriarch Kyrill, der den Angriffskrieg unterstützt und rechtfertigt, sei „nicht so isoliert“, so der Erzbischof weiter. „Zumindest innerhalb der Orthodoxie gibt es einige orthodoxe Kirchen, die die Russische Orthodoxe Kirche von Anfang an unterstützt haben.“
Wirtschaftlich habe sich der Angriffskrieg von Russland und die danach verhängten Sanktionen etwa im Bereich des Tourismus massiv ausgewirkt, der fast völlig zusammengebrochen sei. „Im Jahr 2022 besuchten nicht mehr als 8 Prozent derjenigen, die normalerweise aus dem Ausland kamen, Russland“, referiert Pezzi. Über die russischen Gefallenen werde in Russland „nicht viel“ gesprochen, „außer um bestimmte Heldentaten bestimmter Soldaten zu verherrlichen“, so der Erzbischof.
(sir - pr)
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