Einige Betroffene der Maßnahmen (von oben links nach unten rechts): Schriftsteller und ehemaliger Vizepräsident Sergio Ramirez, Schriftstellerin Gioconda Belli, Journalist Carlos Fernando Chamorro, Weihbischof Silvio José Báez Ortega Einige Betroffene der Maßnahmen (von oben links nach unten rechts): Schriftsteller und ehemaliger Vizepräsident Sergio Ramirez, Schriftstellerin Gioconda Belli, Journalist Carlos Fernando Chamorro, Weihbischof Silvio José Báez Ortega 

Nicaragua beschlagnahmt Besitz von Regimekritikern im Exil

Die Regierung von Daniel Ortega hat dem im Exil lebenden Weihbischof Silvio José Báez Ortega und anderen Regimekritikern die Staatsangehörigkeit aberkannt und ihren Besitz in Nicaragua beschlagnahmt.

Gemeinsam mit dem in Florida lebenden Weihbischof wurden am Mittwoch insgesamt 94 Personen zu „Vaterlandsverrätern“ erklärt, ihre Staatsangehörigkeit wurde aberkannt und ihr Besitz beschlagnahmt. Das berichteten mittelamerikanische Medien. Machthaber Daniel Ortega hatte in der Vorwoche bereits 222 Oppositionelle in die USA abgeschoben und Bischof Rolando Álvarez sowie fünf Priester mit hohen Haftstrafen belegt.

Von den Maßnahmen vom Mittwoch sind unter anderem unabhängige Journalisten, Oppositionelle, Menschenrechtler, die Bauernführerin Francisca Ramírez, der frühere Außenminister Norman Caldera, der frühere Vizepräsident des Obersten Gerichtshofes, Rafael Solís, sowie die Schriftsteller Sergio Ramírez und Gioconda Belli betroffen. Mit Bischof José Báez Ortega und dem Priester Edwin Román sind auch zwei Kirchenvertreter auf der Liste. Ihr offizieller Status lautet nunmehr „Flüchtlinge vor der Justiz“.

Verlust der Bürgerrechte auf Lebenszeit

Wie es in dem vom zuständigen Richter Ernesto Rodríguez Mejía verlesenen Beschluss des Berufungsgerichts in Managua hieß, gilt für die 94 Regierungskritiker künftig das „absolute und besondere Verbot, öffentliche Ämter zu bekleiden, öffentliche Funktionen im Namen oder im Dienst des Staates Nicaragua auszuüben sowie gewählte Ämter zu bekleiden, bzw. den Verlust ihrer Bürgerrechte auf Lebenszeit“.

Die angeordneten Maßnahmen - unter ihnen auch die „Stilllegung und Beschlagnahmung des Immobilienvermögens und ihrer Unternehmen zugunsten der nicaraguanischen Republik“ - dienten laut dem Richter dem Zweck, „den sozialen Frieden, die Rechtssicherheit, die Unabhängigkeit, die Souveränität und die Selbstbestimmung des Staates Nicaragua und insbesondere den Schutz der nicaraguanischen Gesellschaft zu gewährleisten“.

Bereits während der ersten sandinistischen Regierung (1979-1990), die Präsident Ortega in ihren letzten fünf Jahren führte, galt die Beschlagnahmung von Eigentum als gängige Praxis. Tausende Häuser, Grundstücke und Industrieunternehmen wurden von Personen enteignet, die mit dem gestürzten Diktator Anastasio Somoza (1925-1980) in Verbindung standen.

Verbrechen gegen Kirche und Menschenrechte

Exil-Bischof Báez ist nach wie vor einer der bekanntesten Kritiker von Machthaber Ortega und dessen Ehefrau und Vizepräsidentin Rosario Murillo, denen er Verbrechen gegen die Kirche und gegen die Menschenrechte vorwirft. Besonders während des Bürgeraufstands im April 2018 und dem darauffolgenden, vom Regime verübten Massaker mit Dutzenden von Toten fand seine Stimme international Widerhall. Wegen anhaltender Morddrohungen zog Papst Franziskus Báez 2019 aus Nicaragua ab. Seither verfolgt Báez die Lage in Land aus dem Exil.

Auf die Aberkennung der Staatsbürgerschaft reagierte Báez am Donnerstag mit einer Twitter-Nachricht. „Gott des Lebens und der Befreiung! Ich danke dir, dass ich Nicaraguaner bin, ein Stolz, den mir niemand nehmen kann. Ich bitte dich, führe uns auf dem Weg zur Befreiung unseres Landes, in dem das Volk unterdrückt und deine heilige Kirche verfolgt wird. Durch Christus, unseren Herrn”, so der Weihbischof.

(kap – pr)
 

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17. Februar 2023, 11:06