Jemen: Kinder sterben nicht unter den Bomben, sondern an Hunger
Fünfzig Prozent der Gesundheitseinrichtungen seien zerstört, Kinder, Frauen und Männer „sterben nicht unter den Bomben, sondern an Hunger, Masern oder Ruhr.“ Dieses düstere Bild zeichnet Federica Ferraresi, Beraterin für humanitäre Angelegenheiten von „Ärzte ohne Grenzen“. Bis 2022 Jahr war sie in der Hauptstadt San'aa als Missionsleiterin tätig.
Nach neun Kriegsjahren ist noch immer kein Ende in Sicht, das Leid der Bevölkerung geht weiter. Das Krankenhaus des Gouvernements Hajja, das einzige in einer Region mit einer Million Einwohnern, ist inzwischen heillos überbelegt. Die Notaufnahme, die Entbindungsstation, die Neugeborenenstation und das Zentrum für therapeutische Ernährung sind über ihre Kapazität hinaus ausgelastet.
Jedes zweite Kind ist unterernährt
„Jedes zweite Kind ist unterernährt“, sagt Ferraresi. „Die Menschen kommen zu uns, weil es keine hochwertigen Gesundheitsdienste gibt oder weil sie kein Geld haben. Die Masern haben sich wieder ausgebreitet und auch die Ruhr ist wieder da. Leicht zu behandelnde Krankheiten verschlimmern sich oder enden tödlich, weil es für eine Behandlung oft zu spät ist. Selbst eine einfache Schwangerschaft kann lebensgefährlich werden. Und dazu kommen noch die Probleme für die psychische Gesundheit, die wegen der Kriegstraumata auf eine harte Probe gestellt wird.“
Eine der meistvergessenen humanitären Krisen der Welt...
Der Krieg im Jemen ist eine der meistvergessenen humanitären Krisen der Welt. Trotzdem sagten die Länder auf der letzten Geberkonferenz für Jemen im Februar 2023 nur 1,2 Mrd. USD zu, statt der 4,3 Mrd. USD, die zur Deckung des humanitären Bedarfs der Bevölkerung nötig sind. „Der Bedarf steigt, aber die Mittel gehen zurück, weil es andere Krisen gibt“, beklagt Ferraresi.
2023 werden etwa 21,6 Millionen Menschen humanitäre Hilfe benötigen
Am schlimmsten ist es in den Flüchtlingslagern. Von den 30 Millionen Einwohnern des Jemen sind mindestens 4,5 Millionen Binnenflüchtlinge, davon allein eine Million im Gouvernement Marib. Laut Schätzungen des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) werden 2023 etwa 21,6 Millionen Menschen humanitäre Hilfe benötigen, davon elf Millionen Kinder. „Solange sich keine neuen Szenarien mit einem endgültigen Waffenstillstandsabkommen eröffnen, kann sich die humanitäre Lage nur verschlechtern“, fürchtet Ferraresi.
Die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen kontrollieren die Hauptstadt San'aa, die Zentralregierung wird von einer internationalen Koalition unter der Führung Saudi-Arabiens unterstützt. Die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“, die sich seit jeher durch ihre Neutralität, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit auszeichnet, pflegt Beziehungen zu beiden Seiten, um ihre Arbeit durchführen zu können.
Man hofft, dass die internationale Gemeinschaft helfen wird, „eine Lösung zu finden und mehr zur humanitären Hilfe beizutragen“.
(sir – skr)
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