Bischof Veres: Kirche auch in Ungarn in radikalem Wandel
Bischof Veres sieht die Gesellschaft in Ungarn inmitten von Prozessen der Säkularisierung und einer Neuformierung des Religiösen, wie es sie auch in anderen Ländern gibt, wie der Diözesanbischof von Györ im Interview mit Kathpress sagte.
„Auch die katholische Kirche in Ungarn befindet sich in einem radikalen Wandel, der sowohl negative als auch positive Züge aufweist. Die Kirche ist eine lebendige Gemeinschaft und verändert sich im Sinne des bekannten Wortes ,ecclesia semper reformanda‘ ständig“, fügte Veres hinzu.
In kommunistischer Zeit seien zwei Generationen praktisch ohne religiöse Erziehung herangewachsen, die auch ihre Kinder nicht religiös erzogen haben, so Veres. Die 30 Jahre seit der politischen Wende hätten „nicht ausgereicht, um uns in der Weitergabe des Glaubens zu stärken“. Zudem habe ein relativer gesellschaftlicher Wohlstand, wenn auch in gemäßigterer Form als im Westen, „viele Menschen von Gott und der Kirche entfernt“, sagte der ungarische Bischofskonferenz-Vorsitzende. „Dieser doppelte Effekt hat zu einer starken Säkularisierung geführt.“
Kontext der Säkularisierung
Gleichzeitig sieht Veres in der aktuellen Situation aber auch Positives: „Wir freuen uns, dass die spirituellen Bewegungen und Pfarrgruppen durch eine bewusste missionarische Tätigkeit Ergebnisse erzielen können.“ Auch die heute wieder deutlich mehr jungen Menschen, die an kirchlichen Schulen ihre Ausbildung machen, seien „Zeugen dieser guten Hoffnung“.
Der Bischof von Györ hob die heute eindeutige Freiheit der Kirche in Ungarn hervor. „Heute können wir ohne Probleme unseren Glauben zum Ausdruck bringen. Wir können in der Kirche und auch außerhalb, etwa für Schüler, unsere religiösen Programme organisieren. Das war früher nicht so.“
Auch die Kirche in Ungarn habe Probleme, den Glauben weiterzugeben. „Aber wir versuchen es. Wir suchen die Möglichkeiten und Situationen, wo wir über die christlichen Werte reden können“, betonte der Bischofskonferenz-Vorsitzende. „Ich denke, dass es nicht nur Gläubigen wichtig ist, dass christliche Werte in den Gesetzen und auch im öffentlichen Leben spürbar sind. Es ist ganz wesentlich, dass die christlichen Werte bleiben und wir diesen Werten folgen. Und Gott sei Dank können wir, vielleicht anders als in anderen Ländern, frei reden.“
Papstbesuch „eine große Ehre“
Der dreitägige Pastoralbesuch des Papstes in Ungarn findet von 28. bis 30. April statt. Nach einem nur wenige Stunden dauernden Aufenthalt in Budapest zur Feier der Schlussmesse des Eucharistischen Weltkongresse im September 2021 reist Franziskus damit zum zweiten Mal in seinem zehnjährigen Pontifikat in die ungarische Hauptstadt.
Auch er könne nur vermuten, was hinter der Entscheidung des Papstes stecke, die Einladung nach Ungarn anzunehmen, so Bischof Veres. Trotz der Corona-Beschränkungen, die internationale Reisen deutlich einschränkten, hatten an der Papstmesse 2021 in Budapest rund 100.000 Menschen teilgenommen. „Es ist sicher, dass der Heilige Vater von der Anwesenheit einer so großen Zahl von ungarischen Gläubigen berührt war. Und deshalb sagte er bei seinem Abschied, dass er gerne zu einem weiteren Pastoralbesuch nach Ungarn kommen würde. Ihm ist die Gelegenheit, die Gläubigen zu treffen, sehr wichtig.“
Der Besuch des Papstes sei für die Ungarn „eine große Ehre“, so Veres. Nicht nur Katholiken, auch viele Menschen anderen Konfessionen und sogar Nichtreligiöse freuten sich auf die Ankunft von Franziskus, sagte der Bischofskonferenz-Vorsitzende. „Meine größte Hoffnung ist, dass es ihm gelingen wird, uns Ungarn Antworten und Leitlinien zu geben, die uns helfen, unseren Glauben zu stärken. Ich hoffe auch, dass er in dieser äußerst verwirrten und verletzten Situation in Europa den Gläubigen und Nichtgläubigen gleichermaßen Orientierung und Anleitung geben wird.“
Auch Frieden wird Thema sein
An Höhepunkten nannte Veres u.a. die für Gläubige ohne Anmeldung frei zugängliche Sonntagsmesse auf dem Kossuth-Platz und das Treffen des Papstes mit Jugendlichen aus ganz Ungarn in der László-Papp-Arena, der größten Sport- und Veranstaltungshalle des Landes. Er gehe davon aus, so der Bischofskonferenz-Vorsitzende, dass sich Franziskus in seinen Ansprachen vor allem an junge Menschen wenden will, aber etwa auch Gedanken zu katholischen Schulen und Universitäten äußern wird. Wiederkehrendes Thema werde sich auch der Frieden sein, so Veres. „In der St.-Elisabeth-Kirche auf dem Rosenplatz, wo der Heilige Vater auch armen Menschen und Flüchtlingen begegnen wird, wird dieses Thema sicher präsent sein, da er dort auch Flüchtlingen aus der Ukraine treffen wird.“
(kap – pr)
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