Der Internationale Strafgerichtshof leitet Ermittlungen im Sudan ein. Der Internationale Strafgerichtshof leitet Ermittlungen im Sudan ein.  (AFP or licensors)

Sudan: Internationaler Strafgerichtshof schaltet sich ein

Ein Verfahren wegen möglicher Kriegsverbrechen in Darfur hat der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag eingeleitet. Die im Westen des Sudan gelegene Region ist seit mehreren Jahrzehnten von gewalttätigen Konflikten zwischen arabischen und nicht-arabischen Stämmen geprägt. Der dortige lang dauernde Bürgerkrieg forderte bereits 300.000 Tote.

Michael Hermann, Vatikanstadt

Die Geschichte dürfe sich nicht wiederholen, teilte der Internationale Strafgerichtshof mit. Die internationale Behörde war bereits im Jahr 2005, nach den damaligen gewalttätigen Auseinandersetzungen, tätig geworden.

Vermittlungsversuche scheiterten

Zunächst stand Sudans Hauptstadt Khartum im Mittelpunkt der internationalen Beobachtung. Die Stadt, in der 1,4 Millionen Menschen leben, wurde täglich bombardiert. Es sei zu befürchten, dass im Westen des Sudan zahlreiche Menschen ermordet werden könnten, sagt Sudan-Expertin Raphaëlle Chevrillon-Guibert im Gespräch mit Radio Vatikan: „Man kann von Kriegsverbrechen sprechen, einige NGOs sprechen sogar von Völkermordverbrechen gegen bestimmte ethnische Gruppen, insbesondere die Masalit - eine nicht-arabische Minderheitengruppe -, die in West-Darfur vollständig massakriert wurde.“

„Das Problem ist, dass das Land abgeschottet ist. Es gibt fast keine humanitäre Hilfe, die von außen kommt.“

Unterdessen schwinden die Hoffnungen, den derzeitigen Konflikt lösen zu können. Mehrere Anläufe unter intentionaler Vermittlung, einen Waffenstillstand zu vereinbaren, scheiterten. Seit mehr als drei Monaten liefern sich Kämpfer um General Mohamed Hamdan Daglo und die sudanesische Armee von General Abdel Fattah Al-Bourhane einen regelrechten Zermürbungskrieg. Die Situation insgesamt ist mehr als unübersichtlich, sagt Chevrillon-Guibert: „Das Problem ist, dass das Land abgeschottet ist. Es gibt fast keine humanitäre Hilfe, die von außen kommt. Wir haben es hier mit einem abgeschotteten Land unter einer Glocke zu tun, über das wir nur sehr wenig wissen. Die wenigen Berichte von Menschen vor Ort, die wir bekommen, sind absolut dramatisch.“

 

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Gewalt könnte auf Nachbarländer übergreifen

„Es besteht die Gefahr eines Flächenbrandes.“

Die aktuelle Eskalation im Sudan forderte bereits mehr als 3.000 Tote, berichten die Vereinten Nationen. Drei Millionen Menschen wurden vertrieben, 700.000 Menschen sind auf der Flucht. Raphaëlle Chevrillon-Guibert sagt, dass die Nachbarstaaten des Sudan zwar helfen, aber ebenfalls Gefahr laufen, in die Konflikte hineingezogen zu werden: „Länder wie der Südsudan oder der Tschad nehmen seit Beginn des Konflikts Tausende sudanesische Flüchtlinge auf, die vor dem Krieg fliehen, obwohl sie selbst stark destabilisiert sind und kaum über Ressourcen verfügen. Hinzu kommt die Problematik des Konflikts zwischen Arabern und Nicht-Arabern, der in Darfur im Gange ist. Diese Problematik besteht auch in den Nachbarländern. Ein Wiederaufflammen der Gewalt in Darfur könnte die Spannungen im Tschad oder in Libyen verschärfen. Es besteht die Gefahr eines Flächenbrandes.“

Die Bemühungen für einen Waffenstillstand gehen unterdessen weiter. Nach Angaben sudanesischer Regierungsvertreter sei vor einigen Tagen eine Delegation des sudanesischen Militärs nach Jeddah in Saudi-Arabien gereist, um die Gespräche wiederaufzunehmen. Nachbarländer des Sudan forderten im ägyptischen Kairo internationale finanzielle Hilfe und mehr Engagement, um den Konflikt beilegen zu können.

(rv – mch)

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20. Juli 2023, 14:12