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Ein Mann vergleicht verschiedene Reiskörner auf einem Großmarkt in Navi Mumbai Ein Mann vergleicht verschiedene Reiskörner auf einem Großmarkt in Navi Mumbai 

Kann Afrika sich selbst mit Reis versorgen?

Nach monatelangen Verhandlungen starteten Südkorea und acht afrikanische Länder wie Senegal, Gambia, Guinea, Ghana, Kamerun, Kenia, Uganda und Guinea-Bissau am 10. Juli die Initiative „Korean Rice Belt“, um Afrika in die Lage zu versetzen, sich selbst zu versorgen. Wo liegen die Grenzen eines solchen Projekts? Ein Experte klärt uns auf.

Marine Henriot und Mario Galgano – Vatikanstadt

Reis ist nach Mais das am zweithäufigsten konsumierte Produkt auf dem afrikanischen Kontinent und steht im Mittelpunkt zahlreicher wirtschaftlicher und politischer Verhandlungen. Die Hälfte dieses Getreides wird nach Afrika importiert, und einige Länder, insbesondere in Westafrika, wo Reis zu den Grundnahrungsmitteln gehört, wie Senegal oder Elfenbeinküste, sind in Bezug auf ihre Ernährungssicherheit stark von asiatischen Ländern abhängig.

Zum Nachhören - die Zukunft Afrikas

Vor diesem Hintergrund kündigte Südkorea im vergangenen Juli das Projekt „Reisgürtel“ an, eine Partnerschaft zwischen Seoul und acht afrikanischen Ländern mit dem Ziel, dabei zu helfen, die Reisproduktion anzukurbeln und die Abhängigkeit von Importen zu verringern, während es auf dem Kontinent weiterhin Bedenken hinsichtlich der Ernährungssicherheit gibt.

„Der Kontinent produziert zwischen 50 und 60 Prozent seines Verbrauchs.“

Die Analyse

Doch ist die Selbstversorgung mit Reis hinter den Versprechungen ein erreichbares Ziel für Afrika? Dazu habern wir Patricio Méndez del Villar gefragt. Er ist stellvertretender Referent für die Reisbranche am CIRAD und beschäftigt sich seit etwa 30 Jahren mit der Reisproduktion in Afrika. CIRAD ist die französische Organisation für landwirtschaftliche Forschung und Zusammenarbeit, die sich für die nachhaltige Entwicklung der tropischen und mediterranen Regionen einsetzt. Méndez del Villar sagt:

„Derzeit reicht die Reisproduktion in Afrika nicht aus, um den gesamten Bedarf des Konsums zu decken. Der Kontinent produziert zwischen 50 und 60 Prozent seines Verbrauchs. Aber das ist weltweit so, das heißt, es gibt Länder, die eine etwas stärkere Abhängigkeit haben, wie der Senegal oder Elfenbeinküste. Und was importiert wird, kommt hauptsächlich aus Asien. Seit einigen Jahren ist es vor allem Indien, als weltweit größte Exporteur von Reis, das derzeit 40 Prozent des Welthandels mit Reis ausmacht, und daher kündigen die afrikanischen Regierungen immer wieder, wenn es Spannungen oder Krisen gibt, eine Politik zur Unterstützung des lokalen Reisanbaus an, um die Produktion zu steigern und die Importe deutlich senken zu können.“

Reissäcke in Freetown
Reissäcke in Freetown

Die Rolle der Kleinbauern

Der Reisanbau in der gesamten afrikanischen Region wird hauptsächlich von Kleinbauern betrieben. Etwa ein Zehntel der Gesamtproduktion von Großunternehmen und Handelsunternehmen kann teilweise für die Bevölkerung genutzt werden, um die Versorgung des Marktes mit Reis zu erleichtern. Doch die Unternehmen setzen lieber auf die ertragsreichen Exporte in reichere Länder. Der französische Experte ist deshalb skeptisch:

„Leider ist dieses Ziel der Selbstversorgung nicht erreichbar, weder mittelfristig noch langfristig, würde ich sagen. In Afrika werden ungefähr 40 Millionen Tonnen konsumiert. Die Produktion liegt in der Größenordnung von 20 bis 22 Millionen Tonnen. Die Größenordnung ist also die Hälfte des Verbrauchs bei einer Bevölkerung von etwa 1 Milliarde Menschen. Wenn man diese Selbstversorgung heute erreichen will, müsste man also die Produktion verdoppeln. In den nächsten 25 Jahren wird jedoch eine Verdoppelung der afrikanischen Bevölkerung prognostiziert. Das bedeutet, dass die Produktion in den nächsten 30 Jahren vervierfacht werden müsste.“

Die Rechnung geht also nicht auf. Hinzu kommt, dass Veränderungen in den Vorlieben westafrikanischer Verbraucher ein großes und wachsendes Ungleichgewicht zwischen regionalem Reisangebot und -nachfrage geschaffen und den Markt für Reis in der Region beschleunigt haben.

Reis als Grundnahrungsmittel
Reis als Grundnahrungsmittel

Trinkwasser und Methanemissionen

Der Reisanbau beansprucht 30 bis 40 Prozent des globalen Trinkwassers und produziert allein 10 Prozent der weltweiten Methanemissionen und ist somit ein Treiber des Klimawandels. Landwirtschaft kann aber auch eine Lösung beim Klimaschutz und bei der Anpassung an den Klimawandel sein, so Patricio Méndez del Villar:

„Im aktuellen Kontext des Klimawandels, des Problems des Zugangs zu Wasser und auch des Problems der Arbeitskräfte, ist die Lage für die Reisproduktion ziemlich angespannt. Ich würde sagen, vor allem weil in den ländlichen Gebieten ein Mangel an Arbeitskräften zu verzeichnen ist, zumindest für bestimmte Tätigkeiten. Wir befinden uns somit in einem viel ungünstigeren Kontext, als anderswo auf der Welt. Der Reisanbau in Afrika wird auf traditionelle Weise bewässert, wie es in den 80er Jahren der Fall war. Das müsste sich ändern. Die andere Sache ist, dass die Landstruktur und die Reiserzeugungssysteme veraltet sind und dringend einer Änderung bedürfen, denn es geht hier nicht nur um Reis, es geht um kleine Erzeuger von einem Viertel bis einem halben Hektar.“

„Im aktuellen Kontext des Klimawandels, des Problems des Zugangs zu Wasser und auch des Problems der Arbeitskräfte, ist die Lage für die Reisproduktion ziemlich angespannt.“

Altes und Neues

Neben zukunftsorientieren Lösungen, bringe aber auch Altbewährtes große Wirkungen. Die meist genutzte Technologie bleibe das Radio, über 90 Prozent der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in Ländern wie Burkina Faso besitzen es, in Nigeria und Tansania sind die Zahlen ähnlich hoch. So können tausende Menschen mit Radiosendungen zu guten landwirtschaftlichen Praktiken erreicht und damit Erträge teilweise verdoppelt werden. Das wäre eine positive und hoffnungsvolle Entwicklung, meint Patricio Méndez del Villar:

„Eine Lösung wäre zu sagen: okay, wir werden große Verarbeitungsanlagen bauen, aber daneben werden wir die klassische Landwirtschaft finanziell unterstützen. Das heißt, wir werden nicht einfach Reis nur in kleinen Mengen produzieren oder von Kleinbauern kaufen, die einen halben Hektar haben und zwischen einer und zwei Tonnen zu verkaufen haben, sondern wir werden uns vor allem darauf ausrichten, auf Hunderten von Hektar zu produzieren und dort einen Überschuss zu haben, den wir dann unter guten Bedingungen verarbeiten und vermarkten können.“

Mit dieser Mischung aus traditionellen und neuen technologischen Lösungen könnte damit der Reisanbau in Subsahara-Afrika zukunftsfähig gemacht werden.

(vatican news)

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11. August 2023, 13:17