Ukraine: Ein Priester an der Front
Gleich auf der gegenüberliegenden Seite des Dnjepr stehen die russischen Panzer; die Stadt selbst in der Region Cherson war eine Zeitlang besetzt. Die Bewohner leben unter ständigem Beschuss, es mangelt an Medikamenten und Lebensmitteln, manchmal gibt es kein Trinkwasser. Der griechisch-katholische Priester tut im humanitären Bereich, was er kann, dazu gehört z.B. die Ausgabe von warmen Mahlzeiten in der Kirche. Manchmal streift er durch die Dörfer direkt an der Front und versucht den Menschen zu helfen – auch wenn er bei diesen Ausflügen Angst hat.
Ständige Angst
„Das macht mir Angst, ja... Aber noch mehr Angst bekomme ich, wenn ich den Menschen dort in den Dörfern in die Augen schaue. Die hoffen, dass wir ihnen irgendetwas bringen können, und wir können einfach nichts liefern – das ist es, was mich sehr bedrückt. Also, die Angst ist immer präsent, aber man kann sie betäuben, denn in solchen Momenten denkt man nicht mehr an sich selbst, sondern immer an jemand anderen. Ich fürchte nicht so sehr um mich selbst als um unsere engagierten Laien, die jeden Tag dort sind.“
Dörfer unter Dauer-Beschuss
Er verlasse Beryslav ja nur hin und wieder; die Menschen, die eine ganze Reihe von sozialen und karitativen Aktivitäten der Pfarrei durch ihre ehrenamtliche Arbeit voranbrächten, seien hingegen „die ganze Zeit“ dort, berichtet der Pfarrer. „Ich habe mehr Angst um sie und mache mir Sorgen, dass ihnen nichts zustößt - diesen Menschen, die ständig unter Beschuss sind. Letzten Monat haben unsere engagierten Laien die Stadt zum ersten Mal seit Beginn des Krieges verlassen können, nach anderthalb Jahren...“
Oleksandr Bilskyj erzählt auch von einem dreitägigen Kurs, den Caritas Ukraine gerade angeboten habe, zum Thema Sicherheit und medizinische Grundversorgung. Er habe zusammen mit einer ganzen Reihe engagierter Leute aus seiner Pfarrei daran teilgenommen. „Wir wollten sie ein wenig weiterbilden, damit sie sich ein wenig erholen und Kraft schöpfen können, denn die ganze Zeit dort zu sein, ist sehr deprimierend. Es ist psychologisch und moralisch sehr schwierig, wenn man ständig unter Beschuss steht und mit ansehen muss, wie Angehörige oder Nachbarn ums Leben kommen. Das hinterlässt tiefe Furchen…“
Doch gerade in ihrer verzweifelten Lage spürten viele die Gegenwart Gottes und fänden die Kraft zum Überleben, so der Priester. Er bittet freundlich darum, für die Ukraine zu beten.
„Ich möchte allen danken, die für unsere Ukraine gebetet haben, beten und weiter beten werden. Zweitens möchte ich Ihnen sagen, wie sehr wir leiden: Wir haben tiefe Wunden, Wunden der Seele, Wunden des Körpers. Und dieser Schmerz, in den das ganze ukrainische Volk, groß oder klein, verwickelt ist, wird, so hoffe ich, in der ganzen Welt gehört. Der Krieg gegen uns ist noch nicht zu Ende, wir leiden weiterhin. Bitte sprechen sie von unseren Wunden, von unseren Schmerzen, damit die ganze Weltgemeinschaft nicht aufhört, alles zu tun, um diesen Aggressor zu stoppen, der unser Land überfallen hat und unsere ukrainische Nation zerstören will, der uns unser Land, unsere Heimat nehmen will.“
Pater Oleksandr Bilskyj bittet speziell alle Katholiken, nicht gleichgültig zu sein. Sie sollten daran denken, dass die Christen ein Leib, ein einziger Organismus seien. „Wenn also eine Stelle schmerzt, dann sollte der ganze Körper schmerzen! Kein Teil des Körpers sollte abgetrennt werden, um den Schmerz zu stoppen... Wenn wir also leiden - und jetzt haben wir solches Leid in der Ukraine! -, dann sollte die ganze kirchliche Gemeinschaft und die Welt im Allgemeinen den Schmerz spüren. Lehnt unseren gemeinsamen Schmerz nicht ab, sondern lasst uns im Gegenteil versuchen, unsere Wunden durch das Gebet zu heilen – und indem wir alles tun, um den Aggressor zu stoppen, der gekommen ist, um uns zu zerstören.“
(vatican news – sk mit material von p. tomasz matyka sj)
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