Flucht aus Berg-Karabach: „Gott sei Dank lief es friedlich ab“
Caritas International als Hilfswerk der deutschen Caritas-Verbände arbeitet immer mit einem Partner zusammen. In dem Fall ist es die Caritas Armenien, wie Thalhammer präzisiert. „Die Caritas Armenien berichtet uns, dass die Lage sehr herausfordernd ist. Mittlerweile haben über 100.000 Personen Berg-Karabach verlassen“, so der Kaukasus-Referent. „Gott sei Dank lief dies größtenteils friedlich ab.“
Insgesamt könne man sagen, dass der Exodus und der Flüchtlinge aus Berg-Karabach das relativ kleine und arme Land Armenien vor gewaltige Herausforderungen stelle. Allerdings sei die Solidarität mit den Geflüchteten im ganzen Land sehr groß „und sie erfahren da viel Unterstützung, unter anderem auch von der Caritas Armenien“.
100.000 Menschen auf der Flucht
Vor dem Konflikt sei man davon ausgegangen, dass in Berg-Karabach rund 120.000 Menschen leben würden. Mittlerweile hätten über 100.000 Personen die Region verlassen. Die UN-Beobachtermission, die mittlerweile eingetroffen ist, gehe von 50 bis etwa 1.000 Personen aus, die noch in Bergkarabach verblieben seien, so Thalhammer: „Aber unsere Partner erwarten, dass kein Armenier in Berg-Karabach bleiben wird.“
Und was denn diese grundsätzliche Auflösung der christlichen Enklave Berg-Karabach im Kaukasus bedeute, hat der Caritas-Vertreter eine klare Meinung:
„Als humanitäres Hilfswerk sind wir natürlich der Neutralität verpflichtet. Insofern kann ich jetzt hier keine politische oder religiöse Einschätzung geben. Allerdings würde und kann ich nur so viel sagen, dass die Flucht natürlich für jede einzelne Familie eine Tragödie darstellt. Sie verlassen ihre Heimat und gehen einer ungewissen Zukunft entgegen. Sie lassen alles zurück, was sie sich aufgebaut haben und konnten oft nichts oder nur einen kleinen Koffer mitnehmen.“
Großoffensive im September
Thalhammer erinnert auch daran, dass der Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien um die Region Berg-Karabach sich schon länger und eine Weile zieht. Die Großoffensive im September durch Aserbaidschan habe schließlich zur Eskalation geführt.
Da spiele die dramatische kollektive Erinnerung an den Völkermord an den Armeniern 1915 im Osmanischen Reich eine Rolle, aber dann auch die Nationalitätenpolitik und durchaus willkürlichen Grenzziehungen während der Sowjetunion. „Die jetzige Eskalation hat sich bereits während den letzten zehn Monaten in der Zeit der Blockade des Karabachs durch Aserbaidschan angekündigt“, erinnert Thalhammer. „Auch hier ist es schwierig, eine politische Analyse zu geben“, fügt er an.
Allerdings könne er sagen: „Ich finde es unglaublich traurig und oftmals auch frustrierend, dass Geopolitik und Identitätspolitik ebenso zu so viel Leid unter den Menschen führt und dass hier auch keine friedliche Lösung zwischen Nachbarn gefunden worden ist.“
(radio horeb – mg)
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