Israel: Kardinal Pizzaballa warnt vor Krieg
Das sagte er am Samstag dem italienischen katholischen Pressedienst Sir. Die Lage sei „plötzlich und ohne große Vorwarnung sehr ernst geworden“, so der Kardinal, der lange Franziskaner-Kustos der Heiligen Stätten war. „Es handelt sich um eine Militärkampagne auf beiden Seiten, die in ihren Formen, ihrer Dynamik und ihrem Ausmaß sehr beunruhigend ist.“
Die Entführung israelischer Geiseln sei „in keiner Weise zu rechtfertigen“, fuhr Pizzaballa fort. Sie werde „die Aggression auf beiden Seiten, vor allem auf israelischer Seite, nur noch verstärken“. Der Patriarch rief die Katholiken im Gazastreifen dazu auf, sich jetzt nicht von der Angst überwältigen zu lassen. „Sie sollen wissen, dass sie nicht allein gelassen werden und dass dies eine Zeit ist, in der wir mehr denn je vereint sein müssen.“ Im Gazastreifen gibt es etwa tausend Christen; ungefähr hundert von ihnen sind katholisch.
„Den Ereignissen im Nahen Osten wieder mehr Aufmerksamkeit schenken“
Kardinal Pizzaballa appellierte auch an die internationale Gemeinschaft: „Sie muss den Ereignissen im Nahen Osten wieder mehr Aufmerksamkeit schenken! Diplomatische oder wirtschaftliche Vereinbarungen ändern nichts an der Tatsache, dass es eine israelisch-palästinensische Frage gibt, die gelöst werden muss“.
Auch in einer schriftlichen Erklärung, die am Samstagabend veröffentlicht wurde, warnt das Lateinische Patriarchat vor einer Spirale aus Hass und Extremismus. Durch den Angriff der Hamas und die Reaktion der israelischen Armee „sind wir in die schlimmsten Zeiten unserer jüngeren Geschichte zurückversetzt worden“. Das Patriarchat appelliert an die internationale Gemeinschaft und an religiöse Führer in aller Welt, alles für eine Beruhigung der Lage im Heiligen Land zu tun. Feiern zur Kardinalserhebung von Pizzaballa, die die katholische Kirche im Heiligen Land eigentlich geplant hatte, wurden angesichts der kriegerischen Vorkommnisse abgesagt. Unterdessen hat Israel offiziell den Kriegszustand erklärt.
Vatikan: Aufruf zum Gebet
Aus dem Vatikan äußerte sich auch Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin am Rand einer Veranstaltung: Dabei zeigte er sich resigniert über das offensichtliche Versagen aller diplomatischer Bemühungen und rief zum gemeinsamen Gebet auf. „Unsere Gedanken sind in diesem Moment bei den Geschehnissen im Nahen Osten, in Israel, Palästina und dem Gazastreifen“, sagte er.
Der Aufruf des Papstes zum Frieden beim Angelus sei „von fast allen Regierungen der Welt wiederholt“ worden, „um die Gewalt zu beenden“: „Diese Ereignisse gefährden noch mehr die zerbrechlichen Hoffnungen auf Frieden, die schon mit dem Abkommen mit Saudi-Arabien am Horizont zu sein schienen... Über die diplomatischen Bemühungen hinaus, die keine großen Ergebnisse zu haben scheinen - und ich sage das auch mit Bezug auf den Krieg in der Ukraine - müssen wir uns alle in einem choralen Gebet für den Frieden vereinen“.
Unter den zahlreichen Stimmen, die sich angesichts der Eskalation besorgt äußern, ist auch der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill. Er bete für ein baldiges Ende der Feindseligkeiten und rufe die Konfliktparteien zur Zurückhaltung auf, hieß es in einer Internet-Stellungnahme Kyrills.
Die deutschen Bischöfe verurteilten den Angriff der Hamas auf Israel als feige. „Einmal mehr wurde die hässliche Schraube der Gewalt weitergedreht und eine neue gefährliche Eskalation in Gang gesetzt“, schrieb der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, am Samstag auf X. Der Nahe Osten brauche endlich einen echten Friedensprozess, der die Interessen von Israelis und Palästinensern berücksichtige, so der Bischof von Limburg. „Dabei gibt es für uns keinerlei Zweifel am Existenzrecht Israels und eines palästinensischen Staates.“
Betroffenheit auch in Österreich
Auch Spitzenvertreter der Kirchen in Österreich haben zum Gebet für Frieden im Heiligen Land aufgerufen. Unter anderen Kardinal Christoph Schönborn und der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka äußerten sich betroffen über den Angriff der Hamas auf Israel und die Eskalation der Gewalt im Heiligen Land und riefen zum Gebet für Frieden auf.
In Rom meldete sich am Samstagabend auch die Botschaft Israels beim Heiligen Stuhl zu Wort. Israel sei im Krieg, so eine Stellungnahme, die davor warnt, durch „sprachliche Zweideutigkeiten“ eine „falsche Symmetrie“ zwischen dem Angreifer Hamas und dem angegriffenen Israel herzustellen. „Was heute geschehen ist, kann nicht zu einem Krieg führen – es ist bereits ein Krieg.“ Israels Reaktion könne unter diesen Umständen „nur als Selbstverteidigung bezeichnet werden“ und nicht als Aggression. „Parallelen zu ziehen, wo es keine gibt, ist kein diplomatischer Pragmatismus, sondern schlichtweg falsch.“
(vatican news/kap/divers – sk)
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