Patriarch Pizzaballa: „Sich Dialog und Versöhnung öffnen“
Das Geschrei der Waffen könne nicht davon ablenken, dass „auch hier im Heiligen Land Weihnachten ist, wo es Menschen gibt, die Ja zu Gott, Ja zu ihrem Bruder und ihrer Schwester sagen“, unterstrich Pizzaballa in der Weihnachtsbotschaft. „Ja zu Gott sagen bedeutet, den anderen, den Bruder und die Schwester, anzuerkennen. Und sie sind bereit, sich dem Dialog zu öffnen, ,Ja‘ zu sagen zur Versöhnung, ,Ja‘ zur Vergebung, ,Ja‘ zur Freundschaft“, so das Oberhaupt der Katholiken im Heiligen Land.
„Es scheint, dass die ganze Welt einen Moment großer Schwierigkeiten erlebt, in dem Gewalt, Hass, Spaltung und Rachegefühle vorherrschen“, so Pizzaballa weiter, der sich auch über die Lage „in Nordeuropa“ beunruhigt zeigte. Im Nahen Osten zeige sich heute eine verschärfte Lage: „Seit dem 7. Oktober sind wir in ein Meer von Hass, Groll, Rache und Tod getaucht“. Ein Hass, der, wie er betont, „die israelische Gesellschaft getroffen hat und nun die palästinensische Gesellschaft trifft“. Er denke vor allem an die Geschehnisse im Gazastreifen, aber auch an „unsere kleine christliche Gemeinde in Bethlehem“, so Pizzaballa.
„Wir müssen unseren Blick erheben, um über den gegenwärtigen Schmerz hinauszugehen und Gottes Werk zu sehen. Weil Jesus wirklich dieses Kind ist, ist er wirklich der Herr der Geschichte, der persönlichen Geschichte eines jeden von uns und der Geschichte der Welt“. Trotz allem gelte es den christlichen Glauben zu verkünden: „Heute ist Weihnachten“, so der Kardinal in der Videobotschaft.
Kurienkardinal Konrad Krajewski in Bethlehem
In seiner Predigt am Heiligen Abend in der Katharinenkirche in Bethlehem appellierte Pizzaballa an die Mächtigen der Welt, gerechte und endgültige Lösungen für die Völker des Nahen Ostens zu finden. In der „Tragödie dieses Augenblicks“ bleibe keine Zeit, sich auf Taktiken oder Zukunftsspekulationen zu beschränken, sagte er in der Geburtsstadt Jesu im Westjordanland. Die Politiker müssten den Konflikt an der Wurzel packen, die Ursachen beseitigen und „neue Horizonte der Gelassenheit und Gerechtigkeit“ für die gesamte Region schaffen. Anders als in früheren Jahren nahm Palästinenserpräsident Mahmud Abbas diesmal nicht an der Zeremonie teil.
Pizzaballa war Sonntagmittag in Bethlehem eingetroffen und hatte bei regnerischem Wetter den Weg durch die Stadt zur 1.500 Jahre alten Geburtskirche zu Fuß zurückgelegt. Begleitet wurde er vom polnischen Kurienkardinal Konrad Krajewski, den der Papst als Friedensgesandten über Weihnachten ins Heilige Land geschickt hatte. Angeführt wurden sie von Pfadfindern, die anstelle von Musikinstrumenten und Trommeln diesmal Spruchbänder mit Friedensappellen mit sich trugen.
Kriegssituation überschattet Weihnachten in Jesu Geburtsstadt
Wegen der Abriegelung der Westbank und der weltweiten Reisewarnung waren kaum Besucher in die Stadt gekommen. Aufgrund der Kriegssituation verzichtete Bethlehem auf eine prunkvolle Weihnachtsbeleuchtung, laute Musik und einen Weihnachtsbaum. Allerdings war am Rand des Hauptplatzes eine Krippenszene mit dunklen Figuren aufgebaut, die eine Flucht- und Kriegsszene aus Gaza mit einem weiß eingewickelten Kind zeigte. Die liturgische Feier wollte die Kirche am Geburtsort Jesu jedoch trotz gegenteiliger Aufforderungen nicht absagen.
Er denke an Palästinenser und Israelis und alle, die von diesem Krieg betroffen sind, so Pizzaballa in seiner Weihnachtspredigt in Bethlehem. „Meine Gedanken gelten insbesondere Gaza und seinen zwei Millionen Einwohnern“, sagte der vor drei Monaten zum Kardinal erhobene Lateinische Patriarch vor den rund 1.000 Gläubigen, überwiegend örtliche Christen. Wie die Heilige Familie lebe auch das palästinensische Volk bereits allzu lange ohne Unterkunft. Obwohl es im eigenen Land lebe, höre es ständig, „es gibt keinen Platz“. Seit Jahrzehnten warte es darauf, dass die internationale Gemeinschaft Lösungen findet, um die Besatzung und deren Folgen zu beenden.
Gesten des Friedens vervielfachen
Um Weihnachten auch in Kriegszeiten zu feiern, „müssen wir alle Gesten der Brüderlichkeit, des Friedens, des Willkommens, der Vergebung und der Versöhnung vervielfachen“, fuhr Pizzaballa fort. Notwendig sei ein „Ja zum Guten, Ja zum Frieden, Ja zum Dialog, Ja zu den anderen“. Das dürfe keine Rhetorik bleiben. „Wir laufen Gefahr, diesen von Christus eröffneten Weg zwischen den zerstörten Straßen, zwischen den Trümmern des Krieges, zwischen den verlassenen Häusern zu verlieren“, so Pizzaballa. Christen aber glaubten daran: „Gott kann auch in härtesten Herzen Raum schaffen.“
(vatican news/kap – pr)
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