Kardinal Víctor Manuel Fernández Kardinal Víctor Manuel Fernández   (VATICAN MEDIA Divisione Foto)

Weitere Reaktionen auf „Fiducia supplicans“

Die katholischen Bischöfe in Ungarn lehnen die vom Vatikan neu eröffnete Möglichkeit zur Segnung unverheirateter und homosexueller Paare ab. Auch in Kenia und Uruguay wollen Kirchenvertreter nicht von ihrer bisherigen Linie abweichen. Glaubenspräfekt Víctor Manuel Fernandéz verwies derweil in einem Interview auf die Möglichkeit regionaler Vielfalt.

Ungarns katholische Bischöfe lehnen die durch das Vatikan-Papier eröffnete Möglichkeit zur Segnung unverheirateter und homosexueller Paare „angesichts der pastoralen Situation" in ihrem Land ab, wie sie in einer Mitteilung von Mittwoch hervorheben. So könnten alle Menschen „individuell, unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität und sexuellen Orientierung“ von Seelsorgern gesegnet werden. Gemeinsame Segen für Paare in nichtehelicher Partnerschaft sollten allerdings stets vermieden werden. Das Gleiche gelte für kirchlich ungültige Ehen und homosexuelle Verbindungen.

Die Bischöfe betonen, dass die am 18. Dezember von der vatikanischen Glaubensbehörde veröffentlichte Erklärung „Fiducia supplicans“ nichts an der kirchlichen Lehre zu Ehe und Sexualmoral ändere. „Schwestern und Brüdern in besonderen Lebenssituationen“ wolle man weiter mit Liebe und Respekt begleiten und ihnen helfen, ein tieferes Verständnis von Gottes Willen zu erlangen.

Verbot in Nairobi, Skepsis aus Uruguay

Auch in Kenia und Uruguay wollen Kirchenvertreter nicht von ihrer bisherigen Linie abweichen. Der kenianische Erzbischof Philip Anyolo schloß die Segnung homosexueller Paare aus: Das Verbot gelte für alle Geistlichen, die in der Hauptstadt-Erzdiözese Nairobi wirkten, berichteten örtliche Medien. Mit dem Verbot solle sichergestellt werden, dass die „immerwährende Lehre der Kirche hinsichtlich Heirat" bewahrt bleibe. In dem ostafrikanischen Land war die Erlaubnis des Vatikans, dass homosexuelle Paare von Priestern gesegnet werden dürfen, auf Protest unter Katholiken gestoßen.

Kardinal Daniel Sturla sprach sich in Uruguay ebenfalls gegen die Segnung von homosexuellen Paaren aus. Der Erzbischof von Montevideo sagte der uruguayischen Zeitung „El Pais“, es sei klar, dass ein Priester alle Menschen segne. „Wenn Leute kommen und mich um meinen Segen bitten, gebe ich ihn immer.“ Bei Besuchen im Gefängnis etwa habe er jeden gesegnet. „Ich erinnere mich, als das Transsexuellen-Gesetz diskutiert wurde, waren wir in einer Prozession in der Pfarre San Ignacio, und einige Trans-Personen kamen und baten um meinen Segen, und ich gab ihnen meinen Segen. Aber es ist etwas anderes, ein homosexuelles Paar zu segnen“, so der lateinamerikanische Erzbischof. Die gesamte Tradition der Kirche besage, dass dies nicht möglich sei. 

Insgesamt geteiltes Echo

Innerkirchlich löste das Dokument ein geteiltes Echo aus. In den Ortskirchen Westeuropas fand die Erlaubnis des Heiligen Stuhles zur Segnung homosexueller und anderer „irregulärer“ Paare überwiegend Lob. Verhaltene bis ablehnende Stellungnahmen kamen indes aus Teilen der katholischen Weltkirche, wo Homosexualität kulturell nicht akzeptiert und strafbar ist. Vor allem in Afrika und Osteuropa, aber auch in Teilen Lateinamerikas stieß die Erlaubnis auf massive Ablehnung.

Der Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre im Vatikan, Kardinal Víctor Fernandez, versuchte zuletzt in mehreren Interviews, Hintergrund und Zielrichtung der Grundsatzerklärung weiter zu erläutern. Dabei signalisierte er mit Blick auf unterschiedliche kulturelle Gegebenheiten in der Weltkirche Verständnis für die teils ablehnenden Reaktionen.

„Es ist Sache jedes einzelnen Ortsbischofs, diese Entscheidung zu treffen“, bekräftigt Fernández etwa in einem Interview der spanischen Zeitung ABC die Wahlfreiheit der Bischöfe. Der Glaubens-Präfekt versicherte, dass „Fiducia supplicans“ die katholische Lehre nicht in Frage stelle: „Wenn man den Text mit einer ausgeglichenen Einstellung liest, kann man sehen, dass er mit großer Klarheit und Einfachheit die immerwährende katholische Lehre über Ehe und Sexualität unterstützt“, so Fernández.

Glaubenspräfekt: eine Geste der pastoralen Nähe

„Wir werden uns daran gewöhnen müssen, zu verstehen, dass ein Priester, der diese Art von einfachem Segen erteilt, kein Häretiker ist, nichts ratifiziert und auch nicht die katholische Lehre über die Ehe leugnet. - Kardinal Víctor Fernandez, im Interview von ABC“

Seinem Verständnis nach hätten Einwände von Kirchenvertretern gegen das Dokument mit „der Unangemessenheit der Erteilung von Segnungen in ihren regionalen Kontexten zu tun, die leicht mit einer Legitimierung einer irregulären Verbindung verwechselt werden könnten“, so der Leiter der Glaubensbehörde weiter. Vor allem in Afrika, wo es Gesetze gibt, die für ein Bekenntnis zur Homosexualität Gefängnis vorsehen, könne man sich vorstellen, „was eine Segnung bewirken würde“, so Fernández. 

Er bekräftigte weiter, dass der mit „Fiducia Supplicans“ erlaubte informelle oder „pastorale“ Segen im Falle homosexueller Personen nicht bedeute, „eine Ehe zu akzeptieren – noch ist es eine Ratifizierung des von ihnen geführten Lebens, noch ist es eine Absolution“. Es handle sich dagegen um „eine einfache Geste der pastoralen Nähe, die nicht die gleichen Anforderungen wie ein Sakrament hat“.

Das neue Vatikan-Papier gestattet erstmals die Segnung von homosexuellen, unverheirateten und wiederverheirateten Paaren. Zugleich hält das Schreiben fest, dass Geistliche diese „Paare in irregulären Situationen" nicht bei einem Gottesdienst segnen dürfen. Auch muss eine Verwechslung mit einer kirchlichen Trauung ausgeschlossen werden.

(kna/agenturen – pr)

 

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28. Dezember 2023, 11:04