Haiti: Papst telefoniert mit Schwester Paësie
Jean-Charles Putzolu und Gudrun Sailer – Vatikanstadt
„Es war eine große Überraschung für mich“, so die Schwester, die vor einigen Jahren die Gemeinschaft „Familie Kizito" für bedürftige Kinder in Haiti gegründet hatte. Der Papst habe sie ermutigt, ihr gedankt und sein Gebet zugesichert. „Dieser Aufruf galt nicht nur mir, sondern war wirklich eine Geste für die Kinder und die ärmsten Menschen in Haiti“, sagte Schwester Paësie.
In den vollständig verarmten Vierteln am Rand von Port-au-Prince kommt es seit Jahren zu Zusammenstößen zwischen bewaffneten Gruppen. Inzwischen seien diese Banden aber in allen Gebieten der Hauptstadt und sogar in Provinzstädten präsent, erklärte die Ordensfrau. „Deshalb leben die Menschen in der Angst, jeden Moment überfallen zu werden. Wenn eine Bande in ein Viertel eindringt, müssen alle fliehen. Man sieht Menschen mit ihren Kindern rennen. Häuser werden in Brand gesteckt, und das bringt die Aktivitäten des Landes völlig zum Erliegen.“
Dazu komme das Problem der Entführungen, die in Port-au-Prince alle Teile der Gesellschaft betreffen. Nicht nur Wohlhabende seien betroffen. „Manchmal werden auch einfach Passanten gekidnappt, Fahrgäste in öffentlichen Verkehrsmitteln“, so die Ordensfrau. Sie wisse nicht, warum jüngst sechs Ordensschwestern entführt und kurz danach wieder freigelassen worden seien, habe aber nicht den Eindruck, „dass die Kirche besonders im Visier steht“. Es gehe einfach um Lösegeld.
Die allgegenwärtige Gewalt auf Haiti hat nach UN-Angaben inzwischen mehr als 300.000 Menschen vertrieben. Wohin diese Familien gehen und wovon sie leben, ist eine offene und sehr problematische Frage, erklärt Schwester Paësie. „Es gibt in der Tat keine Orte, nichts wirklich Organisiertes, um sie aufzunehmen. Und fast jede Woche werden neue Stadtviertel eingenommen, so dass jedes Mal Tausende von Menschen fliehen müssen und oft nicht mehr nach Hause zurückkehren können.“ Viele seien beim Versuch, in ihre Häuser zurückzukehren, ermordet worden. Andere lebten bei Verwandten, das gehe aber oft nicht lange gut: „Die Familien wohnen in kleinen Unterkünften, oft mit nur einem Zimmer und leicht einem Dutzend Personen. Wenn eine neue Familie ankommt, ist es wirklich sehr schwierig. Wir sehen jetzt Menschen, die mit ihren Kindern auf der Straße schlafen, was es früher in Port-au-Prince nicht gab.“
Schwester Paësie hilft Straßenkindern, die ohne ihren Einsatz sich selbst überlassen wären. „Was würde aus ihnen werden? Das weiß nur der Herr“, erzählt die Ordensfrau. „Aber vor ein paar Tagen sagten einige Mütter zu mir: ,Schwester, wenn du nicht wärst, wären wir alle tot.´ Vielleicht haben sie ein wenig übertrieben, aber so fühlen sie.“ Sie frage sich mitunter, wie Menschen es schafften, mehrere Tage lang ohne Essen und „mit wirklich nichts“ zu überleben. „Der Herr ist gegenwärtig“, sagt sie. „Ich glaube, das ist wirklich die Antwort. Er ist für sie da. Er mag durch mich oder auf andere Weise anwesend sein. Aber er lässt seine Kinder nie im Stich.“
(vatican news – gs)
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