Zuppi in Warschau: Zivile Kriegsopfer nicht als Kollateralschaden betrachten
Paweł Rytel-Andrianik - Vatikanstadt
Bei der Veranstaltung würdigte Kardinal Zuppi die Solidarität und Aufnahmebereitschaft Polens und anderer europäischer Länder, die Flüchtlinge aus der Ukraine Zuflucht böten. „Wenn die Frucht der Feindschaft der Hass ist, ist die Frucht der Solidarität der Frieden“, so Zuppi. Es brauche nur ein „kleines Licht“ in der Dunkelheit, um eine Änderung einzuleiten, zeigte er sich überzeugt. In diesem Zusammenhang kam er auch auf die zahlreichen humanitären Initiativen der Caritas und anderer Organisationen zu sprechen und berichtete von seinen Erfahrungen auf seiner Friedensmission in Kyiv.
Die Konferenz mit dem Titel „Massenflucht aus der Ukraine wegen der russischen Aggression. Das polnische Aufnahmemodell“ fand an diesem Montag in der Warschauer Uni statt, die dem ehemaligen Primas von Polen gewidmet ist. Unter der Schirmherrschaft von Erzbischof Stanisław Gądecki, dem Vorsitzenden der Polnischen Bischofskonferenz, wurde die Situation der Flüchtlinge aus der Ukraine im Zusammenhang mit dem seit Februar 2022 andauernden Konflikt erörtert und analysiert. Zu den Referenten gehörten Experten aus verschiedenen Bereichen, darunter Vertreter aus der Wissenschaft, polnischen und litauischen humanitären Organisationen und der Politik. Ehrengast war Kardinal Zuppi, der im vergangenen Jahr als Sondergesandter von Papst Franziskus für eine Friedensmission in der Ukraine in Kyiv, Moskau, Washington und Peking war.
Zahlen helfen uns, das Drama der Menschen zu verstehen
In seiner Rede zählte Zuppi „Zahlen“ auf, die, wie er sagte, „uns helfen, das Drama zu verstehen, das die Männer seit Beginn des Krieges in der Ukraine erlebt haben“: „Eine von drei Familien musste ihre Heimat verlassen. Sechs Millionen Menschen befinden sich in verschiedenen europäischen Ländern, eine Million hier in Polen, fünf Millionen sind Binnenflüchtlinge. Wir können uns das Leid und die Schwierigkeiten derjenigen vorstellen, die alles verloren haben und die ihr Leben neu aufbauen müssen. In der Ukraine hat sich die Zahl der Armen innerhalb von zwei Jahren verdoppelt. Die Vereinten Nationen sagen, dass sieben Millionen Ukrainer von einer Nahrungsmittelnotlage betroffen sind.“
Der Kardinal warnte auch vor der Versuchung, sich an den seit zwei Jahren andauernden Krieg zu gewöhnen oder daran zu ermüden, denn dies bringe nur immer mehr Leid. Er betonte insbesondere die Verantwortung der Christen für die Rettung von Menschenleben: „Wir können nicht akzeptieren, dass die zivilen Opfer, die in jedem Krieg die Mehrheit bilden, als Kollateralschaden betrachtet werden.“
Kirchliche Initiativen in Italien
Der Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz sprach bei dieser Gelegenheit auch über neue Initiativen der Kirche in Italien: „Wir möchten Hunderte, Tausende von Kindern und Jugendlichen, die Waisen sind oder einfach vor dem Krieg geflohen sind, einladen, im nächsten Sommer eine Zeit lang bei ihren Familien zu verbringen.“ Diese Initiative, so der Kardinal, werde zu einem größeren Verständnis für die Situation der Ukrainer beitragen, ebenso wie viele Polen dank der Aufnahme von Ukrainern deren Leid und Bedürfnis nach Schutz besser nachvollziehen konnten.
Die Sorge des Papstes
In Bezug auf die Friedensinitiativen des Heiligen Stuhls betonte Zuppi, dass es keinen wirklichen Plan oder eine Vermittlung gebe, sondern dass es „das Anliegen des Papstes ist, alle Möglichkeiten zu schaffen, alles zu sehen, zu hören und zu fördern, was zu einer Lösung des Konflikts führen kann“. Der Kardinal sprach von einem Dialog, der viele Früchte getragen habe, auch wenn die Ergebnisse, wie er betonte, immer zu gering sein werden, da es um Menschenleben gehe: „Zu wenige Minderjährige sind zu ihren Familien zurückgekehrt“, so die Klage des Kardinals.
Überwältigende Solidarität
Stanisław Gądecki, Vorsitzender der polnischen Bischofskonferenz, sprach seinerseits über die Aktivitäten der Kirche in Polen zugunsten des Friedens. Er fasste die Hilfe für die Flüchtlinge aus der Ukraine und die Zusammenarbeit mit der Regierung in diesem Bereich zusammen: „Millionen von Polen haben ihre Häuser und ihre Herzen für die Flüchtlinge aus der Ukraine geöffnet. Die Kirche in Polen hat viele Plätze für Flüchtlinge in Caritas-Zentren und Erholungs- und Pilgerheimen, in Männer- und Frauenklöstern, in Seminaren, in Zentren von Bewegungen und Gemeinschaften und durch Pfarreien organisiert“, sagte er.
Gądecki fügte hinzu, dass die Flüchtlinge vor allem in den Privathäusern vieler Gläubiger und auch Bischöfe Unterschlupf fanden: „Es gab keine Pfarrei in Polen, die den Flüchtlingen nicht geholfen hat. Phänomenal war jedoch die groß angelegte Aufnahme von Flüchtlingen durch polnische Familien in Privathäusern“. Nach Angaben des Erzbischofs fanden allein in den zwölf größten Städten Polens 525.000 Flüchtlinge aus der Ukraine Aufnahme in Familien.
(vatican news - cs)
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