Frankreich: Bischöfe gegen Sterbehilfe-Pläne
Der französische Präsident Emmanuel Macron hat vor einer Woche angekündigt, Sterbehilfe unter strengen Auflagen erlauben zu wollen. In Interviews sprach er von einem „Gesetz der Brüderlichkeit“ – angelehnt an die Devise „Freiheit Gleichheit Brüderlichkeit“ der französischen Republik. Dem widersprechen nun die Bischöfe in aller Offenheit: „Ne dévoyons pas la fraternité“, ist ihre Erklärung überschrieben, „Lasst uns die Brüderlichkeit nicht missbrauchen“.
Bischof Pierre-Antoine Bozo, Sprecher der Bischofskonferenz, sagte gegenüber dem katholischen französischen Radio RCF: „Ich halte es für einen missbräuchlichen Gebrauch des Begriffs Brüderlichkeit, wenn man so tut, als wäre es eine Pflege und ein Dienst, Menschen an ihrem Lebensende eine tödliche Dosis zu verabreichen. Das ist eine Devise der Republik, aber auch ein Begriff, der den Christensehr am Herzen liegt, weil wir untereinander Brüder sind, und so gibt es hier etwas sehr Schönes und Symbolisches, das wir pflegen müssen. Nicht, indem wir diejenigen töten, die sich leidend dem Tod nähern, sondern indem wir sie begleiten und die Schmerzen so weit lindern, wie es die Medizin vermag. Die physischen Schmerzen und auch die moralischen Schmerzen. Hier geht es um sehr viel für die Gesellschaft!“
Den Worten Taten folgen lassen
In ihrer Erklärung schreiben die Bischöfe: „Es ist ein Gebot der Menschlichkeit und Brüderlichkeit, Leiden zu lindern und jedem Menschen ein bestmöglich begleitetes Lebensende zu bieten, anstatt es durch eine tödliche Maßnahme zu beenden. Unser demokratisches Ideal, das so zerbrechlich ist, beruht auf dem grundlegenden Verbot, anderen den Tod zu geben.“ Zugleich ermuntern sie alle Katholiken dazu, „sich stärker für Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen und Menschen am Lebensende einzusetzen“. Und sie
Bischof Bozo: „Wir müssen kohärent sein. Man kann nicht Nein zu diesem Gesetzentwurf, zu Sterbehilfe und Euthanasie sagen, ohne sich selbst auf der anderen Seite stärker zu engagieren. Ich sehe das in meinem Bistum (Limoges): Da tun wir schon sehr viel in den Krankenhäusern, es gibt auch Besuchsdienste für einsame oder kranke Menschen. Also, da wird schon viel getan, aber wir müssen noch mehr tun – und kohärent sein mit dem, was wir sagen. Wir wollen keine Hilfe zum Sterben, sondern Hilfe zum Leben; das verpflichtet uns selbst.“
Was das konkret heißt, davon kann Hervé Giraud ein Liedchen singen, der in diesen Tagen bei den Beratungen der Bischöfe in Lourdes mit dabei ist. Giraud wurde vor kurzem zum Erzbischof von Viviers in der Ardèche ernannt.
„Ich kümmere mich derzeit eine Woche im Monat, abwechselnd mit meinen zwei Brüdern und meiner Schwester, um meine Mutter; sie ist 94. Ich finde es wichtig, den Worten Taten folgen zu lassen. Die Erklärung, die wir veröffentlicht haben, rührt mich auch persönlich an; ich will zeigen, dass man sich auch als Bischof, also auch wenn man eine wichtige Aufgabe hat, doch für seine Angehörigen Zeit nehmen kann. Ich verstehe natürlich, dass es Familien gibt, die sich das nicht erlauben können und die deswegen jemanden ins Altersheim bringen, aber ich freue mich, dass wir das als Geschwister hinkriegen. Und es freut mich, dass der französische Episkopat sehr aufmerksam auf diese Situation schaut.“
Anderen keine Lektionen erteilen
Er wolle ein „demütiges Zeugnis“ geben. Aber vielleicht bringe das, was er sage und tue, ja doch einige seiner Mitbürger zum Nachdenken. „Wir haben anderen keine Lektionen zu erteilen, aber ich hoffe, unser Text wird als Einladung zum Nachdenken gelesen. Wie gehen wir mit älteren, auch mit behinderten oder kranken Menschen um? Wie kann man sie bis zu ihrem Ende aufmerksam begleiten?“
Bischof Bozo, der Sprecher der Bischofskonferenz, hofft, dass die Stimme der katholischen Kirche in der Debatte noch einiges Gewicht in der Waagschale zustande bekommt. „Über dieses Gesetz werden die Parlamentarier abstimmen; darum lade ich die Katholiken dazu ein, ihren Abgeordneten und Senatoren zu schreiben und ihnen ihre Meinung zu sagen. So etwas beeinflusst die Abgeordneten. Aber man darf natürlich nur Mittel anwenden, die im im Einklang mit dem Evangelium stehen, d. h. ohne Gewalt, Ungerechtigkeit, Stigmatisierung oder Verurteilung.“
(rcf – sk)
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