Südsudan: Ostern der Befreiung
Die Befreiung von den eigenen Ängste sei der Weg, den die Gläubigen in der Fastenzeit unternommen hätten, um ein Ostern der Befreiung und des Lebens zu erleben, fährt Christian Carlassare fort. Jesus sei da, „um uns zu begleiten“. Er verstehe es, „den Kreuzweg in einen anstrengenden Weg zu verwandeln, auf dem wir einander begegnen, gemeinsam unterwegs sind und uns als Gemeinschaft der Herausforderung stellen“, schreibt der Bischof von Rumbek in seinem Brief in der Karwoche. „Wir drängen anderen das Kreuz nicht auf, aber wir tragen es gemeinsam“, führt er weiter aus. Jesus habe das Kreuz vor uns getragen und trage es auch heute noch mit uns.
In diesem Zusammenhang zitierte er Einsteins „Weisheit“: Es gebe eine treibende Kraft, die stärker sei als Dampf, stärker als Elektrizität, stärker als Atomenergie. „Die heißt Wille.“ Auch im Südsudan gebe es das Sprichwort: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. „Und ich würde hinzufügen, guter Wille.“
Große Teilnahme an den Feierlichkeiten
Am Palmsonntag hatte der Bischof, der vor seinem Amtsantritt auch einen gewalttätigen Angriff auf seine Person erlebt hat, mit einer spontanen Geste für Furore gesorgt: Umringt von der jubelnden Bevölkerung hatte er bei der Palmsonntagsprozession ein Kind auf seine Schultern gehoben und es in die Kathedrale von Rumbek getragen. In Afrika sei es beliebt, Ereignisse darzustellen und so zu erleben, erzählt der Bischof im Gespräch mit Radio Vatikan. So werde am Palmsonntag gerne ein Esel benutzt, auf dem der Priester reite: „In Rumbek haben wir jedoch keine Esel, und so hatten wir letztes Jahr eine einfache Prozession, wie wir sie in Italien gewohnt sind. Aber noch nie wie in diesem Moment habe ich mich wie ein Esel gefühlt, der zum Dienst berufen ist, um Lasten zu tragen, wie Jesus die unseren, um auf meinem Rücken diese Diözese und all die Menschen zu tragen, die verwundet, ausrangiert oder verspottet werden. Als die für die Sakristei zuständige Ordensfrau mir mitteilte, dass der Esel fehle, sagte ich zu ihr: ,Keine Sorge, ich mache das schon, den Esel'. Und so hob ich einen Esel auf und trug ihn den ganzen Weg zur Kathedrale."
Der Bischof spielt den Esel
Niemand habe sich über diese Geste gewundert, sei dies doch lokaler Brauch, wenn eine wichtige Person das Dorf besuche. „Und so hatte es für die Menschen einen sehr schönen symbolischen Wert: ein kleiner Junge, der auf den Schultern getragen wurde, symbolisierte die Hoffnung auf eine erneuerte Gemeinschaft."
Papst Franziskus hatte das von Gewalt und Armut zerrissene afrikanische Land im Februar letzten Jahres besucht und dabei zu Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität aufgerufen, ein Besuch, der noch heute zahlreiche Früchte trage. Wie der Bischof von Rumbek erklärt, „ist die Beteiligung am Kreuzweg, der den ganzen Vormittag dauert, sehr groß"; dieser werde auch nicht nur von Christen besucht.
„Und in der Tat nehmen alle Menschen, auch Nichtchristen, mit großer Ergriffenheit an diesem Stück teil, so sehr, dass wir auch Menschen sehen, die sich an die Brust schlagen und weinen und klagen über diese Geschichte von Jesus, die sich im Leben dieser Menschen wiederholt. Ein Gebet also, das auch eine große befreiende Kraft hat, weil man sich mit ihm identifiziert und spürt, wie sehr das Leiden eines Gerechten vielen anderen Hoffnung geben kann."
Die Kirche stehe dabei an der Seite der leidenden Menschen und gebe ihnen Mut und Hoffnung, fährt Carlassare fort: „Keine eitle Hoffnung, sondern die Gewissheit, dass der Herr gegenwärtig ist und sie begleitet. Und er, der zermalmt und gekreuzigt wurde, ist auferstanden und ist der Anfang unserer Auferstehung. Der Glaube ist also kein Beiwerk, sondern ein so wichtiges Geschenk für die Menschen und für jeden Heilsweg."
Der wichtige Beitrag der Kirche
Dabei leiste die Kirche neben der Verkündigung auch den wichtigen Dienst der Bildung und sozialen Solidarität, mit Projekten, die die Menschen erwerbsfähig machen und die Jugend in die Lage versetze, Herr ihrer eigenen Zukunft zu werden. Denn trotz des reichen Ölvorkommens in dem Land leide die Bevölkerung an bitterer Armut, gibt der italienische Bischof zu bedenken: „Es ist nicht garantiert, dass dort, wo es Ressourcen gibt, auch Reichtum ist. Leider leiden die Menschen meist am meisten unter der Armut, weil der Reichtum falsch verteilt ist. Der Südsudan ist nicht arm, weil es ihm an Reichtum mangelt, sondern weil es ihm an Frieden mangelt."
Dabei spiele auch der Krieg im Sudan eine Rolle, seien dadurch doch die Erträge aus der Ölausbeutung empfindlich zurückgegangen: „Jetzt ist die Ölpipeline, die durch den Sudan führt, teilweise beschädigt, und die sudanesische Regierung ist nicht in der Lage, die Zahlungen an den Südsudan zu garantieren, die in der Vergangenheit gewährt wurden. Die Landeswährung verliert also jeden Tag an Wert gegenüber dem Dollar, die Lebenshaltungskosten sind sehr hoch, und es gibt keine Angleichung der Löhne in einem Land, in dem es ohnehin an Arbeit mangelt." Doch auch, wenn man Arbei finde, scheine es teils „sinnlos", dieser nachzugehen, weil man trotzdem nicht das verdiene, was man zum Leben braucht:
„Und so leben die Menschen von Tag zu Tag, auch von der Erfahrung, und nutzen die Ressourcen, die sich finden lassen. Um den Frieden zu festigen - es scheint paradox - brauchen wir den Frieden; den Kampf gegen Kriminalität und Korruption - die eine Form der Kriminalität ist - und die Unterstützung des Unternehmertums und des Aufbaus einer Wirtschaft, die nachhaltig ist, beginnend auch mit kleinen wirtschaftlichen Aktivitäten: von der Landwirtschaft, der Viehzucht, der Fischerei ... Nicht nur die Ausbeutung von Ressourcen, die genutzt und verbraucht werden, sondern auch Arbeit, die andere Arten von Ressourcen durch das Unternehmen selbst erzeugt."
Für Ostern wünsche er sich, dass es eine „Begegnung mit dem auferstandenen Christus": „Möge es uns von jeglichem Pessimismus und jeglicher Angst befreien, möge es uns den Mut geben, Entscheidungen für Frieden und Brüderlichkeit zu treffen. Frohe Ostern!"
Hintergrund
Bisherige Organisationen für die Durchführung von Wahlen fielen im Südsudan erst zwei Bürgerkriegen zum Opfer, dann nicht enden wollenden Verzögerungen in der Umsetzung des 2018 geschlossenen Friedensabkommens. Im August 2022 einigten sich die Vertragsparteien, die fünfjährige Übergangsphase unter einer ernannten Regierung der nationalen Einheit um zwei weitere Jahre zu verlängern, um das Abkommen vollständig umzusetzen. Der Papst war im Vorjahr persönlich zu einer Friedensmission im Südsudan gereist.
(vatican news – mg)
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