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EU-Wahl: weniger grün und mehr rechter Rand EU-Wahl: weniger grün und mehr rechter Rand   (AFP or licensors)

EU-Wahl: Bischofskommission COMECE ordnet die Ergebnisse ein

Aus der EU-Wahl vom 6. bis 9. Juni geht ein stärker rechtsgerichtetes Europäisches Parlament hervor. Die politische Mitte konnte eine Mehrheit halten, Liberale und Grüne büßten viele Stimmen ein. Welche Lehren zieht daraus die Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Union? Vatican News sprach mit COMECE-Vizepräsident Antoine Hérouard.

Xavier Sartre und Anne Preckel - Vatikanstadt

Die Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Union (COMECE) hatte sich vor der Europawahl klar für pro-europäische Parteien ausgesprochen und die Bürger dazu aufgerufen, mit ihrer Wahl Demokratie, Frieden und Zusammenhalt in Europa zu stärken.

Wahlbeteiligung zeige Desinteresse 

In ihrer Analyse der Europawahl hob die COMECE am Montag in Brüssel die geringe Wahlbeteiligung von etwas über 50 Prozent hervor. Sie deute auf anhaltendes Desinteresse der Bürger hin und sei „immer noch nicht ausreichend“. Zwar sei die Mehrheit der Wähler weiterhin pro-europäisch und wolle „mehr Europa“, in Verbindung mit dem Erstarken nationalistischer und euroskeptischer Parteien insbesondere in den EU-Gründungsländern zeuge die aktuelle Entwicklung aber von einer „starken Unzufriedenheit mit der Leistung der EU“, urteilt die COMECE.

Politik muss Bürgern Antworten geben

Die Ergebnisse seien ein Appell an alle, insbesondere aber an die neu gewählten Abgeordneten und die künftigen Kommissare, die gefühlte Kluft zwischen EU und Bürgern zu verringern und zureichende Antworten auf die Sorgen der Menschen zu geben, so die Bischöfe.

Mit Blick auf die Wahlergebnisse wollte Vatican News vom COMECE-Vizepräsidenten Antoine Hérouard zunächst wissen, was es mit dem Zuwachs der rechtsextremen Parteien in mehreren europäischen Ländern auf sich hat.

Eine Angst-Wahl?

Vatican News: In vier Ländern - Frankreich, Italien, Belgien und Österreich - sind rechte Parteien sogar an die Spitze gelangt. Wie lässt sich das erklären?

COMECE-Vizepräsident Hérouard und Erzbischof von Dijon: Dies spiegelt ein gewisses Gefühl der Angst wider, das die öffentliche Meinung in Europa teilt: Angst vor der Frage des Krieges angesichts der Situation in der Ukraine, Angst vor wirtschaftlichen Unsicherheiten, Angst vor einer Deklassierung, da Europa ein wenig an Geschwindigkeit zu verlieren scheint. Es gibt auch die Suche nach einer Identität.

Vielleicht ist es auch eine Kritik an der derzeitigen Funktionsweise Europas, das bei bestimmten Themen als zu technokratisch, zu weit entfernt und zu pingelig erscheint. Es gibt auch Elemente der nationalen Politik in den verschiedenen Ländern, die eine Rolle spielen. Man kann übrigens feststellen, dass dieser Aufschwung der extremen Rechten nicht unbedingt überall zutrifft. In einigen nordischen Ländern beispielsweise gibt es im Gegenteil einen Aufschwung der Grünen und der Linken, weil die Rechtsextremen dort bereits in Koalitionen an der Macht sind.

Letztendlich ist es in vielen Ländern auch eine Stimme der Unzufriedenheit mit den amtierenden Regierungen.

Signale der Unzufriedenheit

Vatican News: Die bisherige Koalition, die die von der Leyen-Kommission unterstützte, behält ihre Mehrheit. Muss sie jedoch die Rechtsentwicklung im Parlament berücksichtigen?

Hérouard: Man muss den Appell der Wähler berücksichtigen, denn sie wollten ein Zeichen setzen, indem sie eine Reihe kritischer Stimmen abgegeben haben. Das bedeutet jedoch nicht unbedingt, dass man sich der Logik einer Reihe von Parteien anschließen muss, die als rechtsextrem oder populistisch eingestuft werden.

Es bedeutet auch, dass die Unzufriedenheit, die durch die Wahl zum Ausdruck kam, bei der Ausübung der Mehrheit, die durch die Wahl der Hauptverantwortlichen zum Ausdruck kommt, berücksichtigt werden muss.

Skepsis gegenüber ökologischem Wandel

Vatican News: Eine der wichtigsten Tatsachen dieser Wahlen ist der Rückgang der Umweltparteien. Ist dies ein Signal dafür, dass wir einen neuen Ansatz zur Bewältigung von Umweltproblemen brauchen?

Hérouard: Es ist der Ausdruck einer Reihe von Befürchtungen. Man sieht, dass der ökologische Wandel und die damit verbundenen Veränderungen für viele Menschen bedeuten, dass sie Dinge nicht mehr tun können, die teuer oder schwieriger werden. Es gibt eine Art Reaktion gegen eine Ökologie, die zu restriktiv oder strafend erscheint, wie manche sagen. Dies zeigte sich auch in diesem Winter bei der Bewegung der Landwirte, die sich durch ganz Europa zog und sich mit Umweltstandards befasste, die die Situation der Landwirte zu gefährden schienen und vor allem den Wettbewerb auf internationaler Ebene verzerrten.

Die ökologische Dringlichkeit bleibt jedoch bestehen. Es geht nicht darum, zu sagen „wir hören auf“, denn der Klimawandel und seine Folgen sind sehr präsent und manchmal sehr katastrophal in der Welt, aber auch in Europa.

Folgen der „Entchristlichung“

Vatican News: Glauben Sie, dass das neue Parlament die Werte, die die katholische Kirche vertritt, respektieren wird?

Hérouard: Die europäischen Werte, die von der Kirche gefördert werden, beziehen sich auf ein bestimmtes Verständnis der menschlichen Person und des Lebens in der Gesellschaft. Es geht auch um die Frage der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Es handelt sich also um Werte, die sehr vielfältig und breit gefächert sind. Und Papst Franziskus hat sich in seinen zahlreichen Reden rund um den Aufbau Europas oft darauf bezogen.

Man sieht auch, dass Europa ein Kontinent ist, der von einer ziemlich starken Entchristlichung geprägt ist, was nicht neu ist, sich aber schon im scheidenden Parlament in der Suche nach dem, was manche als neue Menschenrechte bezeichnen, gezeigt hat. Diese ist eher als Multiplizierung individueller Rechte zu verstehen, ohne Berücksichtigung der notwendigen Elemente der Solidarität innerhalb der Gesellschaft.

Die Kirche muss also immer daran erinnern, dass die individuellen Freiheiten nicht grenzenlos sind und dass wir auch Pflichten füreinander haben, um eine Gesellschaft und ein Europa aufzubauen, das solidarisch ist und in denen es einen echten Platz für die Kleinsten, die Schwächsten und diejenigen gibt, die sich in Schwierigkeiten jeglicher Art befinden. Dies betrifft sowohl Fragen des Lebensanfangs bis zum Lebensende, es betrifft Fragen der Arbeitsbedingungen, der Prekarität als auch der internationalen Hilfe und der Entwicklung der ärmsten Länder.

Dies berührt sowohl Fragen des Lebens vom Anfang bis zum Ende, Fragen der Arbeitsbedingungen, Fragen der Armut als auch Fragen der internationalen Hilfe und der Entwicklung der ärmsten Länder.

 

Das Interview mit Bischof Hérouard führte Xavier Sartre, Vatican News.

(vatican news – pr)

 

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11. Juni 2024, 10:51