Schwester Mary Lembo Schwester Mary Lembo  (Lembo)

Missbrauchsprävention für Ordensfrauen: Lern-Tool „gut gemacht und proaktiv"

Als „hilfreich, gut gemacht und proaktiv“ bezeichnet die Psychologin Mary Lembo, Ordensschwester aus Togo, das neue Ausbildungs-Tool des Anthropologie-Instituts IADC zur Missbrauchsprävention, das für und mit Hilfe von Ordensfrauen entwickelt wurde.

Anne Preckel - Vatikanstadt

Das neue Programm der römischen Gregoriana-Universität richtet sich an Ordensobere, Schwestern und Gemeinschaften, die darin geschult werden, sexualisierte Gewalt gegen Ordensfrauen zu erkennen, zu melden und vorzubeugen. Entwickelt wurde es vom Institut für Anthropologie (IADC) in Zusammenarbeit mit der Conrad N. Hilton Foundation und der Internationalen Union der Generaloberinnen (UISG).

„Verschiedene Ordensoberinnen sind bereits bereit, das Programm zu nutzen.“

Beispiele aus dem Ordensalltag 

Besonders schätzt die Psychologin, dass das Tool ein Bewusstsein für das Thema schafft und praktische Kenntnisse im Alltag des Glaubens, der Mission, der Gelübde und der Gemeinschaft vermittelt. „Die Realität ist, dass es Fälle gibt und wir helfen müssen - wir müssen uns kümmern“, unterstreicht sie und lobt: „Dieses Programm ist mehr als nur präventiv. Es ist proaktiv, eine Hilfe für alle Schwestern und Leitende, um Prävention und eine Kultur des gelebten Schutzes zu etablieren.“

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„Wir müssen uns kümmern!“

Eingeflossen in die Lerneinheit, die teils online und teils in Präsenz angeboten wird, sind die Erfahrungen von Ordensfrauen; das Programm wurde mit ihnen und für sie entwickelt, wozu ein interdisziplinäres und internationales Team beitrug. Dabei sei Missbrauch in den Blick genommen worden, „den Ordensfrauen erleiden, und Missbrauch, den Ordensfrauen auch untereinander unter Umständen verüben“, erläuterte der deutsche Jesuit Hans Zollner, Leiter des IADC-Instituts in Rom. Vielerorts seien Ordensfrauen „früher und bis heute wie Dienstmägde behandelt“ worden, nach wie vor seien sie in vielen Teilen der Welt besonders gefährdet – „im Bereich von Arbeit, Sexualität und geistlicher Machtausübung“, so Zollner im Interview mit dem Domradio.

Papst sprach das Thema 2019 an

Der Papst hatte im Februar 2019 vor Journalisten erstmals eingeräumt, dass es Missbrauch an Ordensfrauen in der Kirche gebe. Im Mai 2019 sagte Franziskus vor Ordensoberinnen aus aller Welt im Vatikan, der Missbrauch von Ordensfrauen in der katholischen Kirche sei ein schweres Problem, auch in Form von Macht- und Gewissensmissbrauch. 

Die Internationale Union der Generaloberinnen (UISG) konzentriert sich seit 2016 darauf, in Ordensgemeinschaften weltweit eine Kultur der Fürsorge zu schaffen, sagte UISG-Generalsekretärin Schwester Patricia Murray bei Vorstellung des E-Learning-Programm für Ordensfrauen in Rom. Zum UISG-Verbands gehören über 1.900 Generaloberinnen, die über 630.000 Schwestern weltweit vertreten. Dabei gehe es auch darum, „Versäumnisse der Vergangenheit anzuerkennen“, räumte Murray ein, sowie „die Menschenwürde und die Fürsorge zu den zentralen Pfeilern unseres Lebens und unserer Arbeit zu machen“.

Machtbeziehungen verstehen

Prävention bedeute auch, ein Verständnis für Machtbeziehungen zu entwickeln, erläuterte die irische Ordensfrau im Videointerview mit Rome Reports weiter: „Wir müssen verstehen, dass bestimmte Rollen und Verantwortlichkeiten uns Macht über andere geben. Stattdessen gilt es, eine Gegenseitigkeit zu schaffen und uns gegenseitig zu bereichern. Denn jeder von uns kann den anderen bereichern.“

Die Internationale Union der Generaloberinnen (UISG) biete zwar seit Jahren Online- und Präsenzschulungen an. Das neue E-Learning-Tool zur Missbrauchsprävention für Ordensfrauen biete allerdings „neue Möglichkeiten, den Umfang und die Reichweite der dringend benötigten Schulungen zu erweitern“, so die Generalsekretärin. Das Programm soll weltweit zum Einsatz kommen und berührt damit unterschiedliche kulturelle Kontexte. Unter anderem soll Ordensfrauen etwa geholfen werden, die gezielte Anbahnung von Missbrauch zu erkennen, eine Täterstrategie, die unter dem Begriff „Grooming“ gefasst wird.

„Alle Beteiligten, die an solchen Programmen teilnehmen, werden auch unterstützt und unter Umständen auch begleitet, wenn sie auf persönlich schwierige Dinge stoßen sollten, oder wenn sie den Eindruck haben, dass sie mit jemandem reden wollen“, informierte Pater Zollner weiter. Beim Erkennen und Bekämpfen von Missbrauch gegen Ordensfrauen gebe es nach wie vor viel Arbeit. Es gehe nicht nur darum, Aufmerksamkeit und Selbstbewusstsein zu schaffen, Missbrauch anzuzeigen, sondern auch, den Opfern eine Sicherheit zu gewähren, die es möglich macht, solche Verbrechen anzuzeigen, betonte der Jesuit. „Wir hoffen, dass das Programm auch dazu beiträgt, dass Frauen und alle verwundbaren, schutzbefohlenen Personen in allen Gegenden der Welt und in allen Institutionen sicher und respektiert leben können.“

Bildung trägt zu Prävention bei

UISG-Generalsekretärin Murray zeigte sich zuversichtlich, dass über Bildung viel zu erreichen sei: „Ich glaube, dass die Früchte dieser E-Learning-Plattform viele gut ausgebildete Ordensfrauen sein werden, die durch Vernetzung und den Austausch bewährter Praktiken Räume für Heilung, Ermächtigung und Ganzheitlichkeit schaffen werden“, so Murray, die Verantwortliche in Ordensgemeinschaften dazu aufrief, von der neuen Lernmöglichkeit Gebrauch zu machen.

(vatican news – pr)

 

 

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25. Juni 2024, 10:47