Großbritannien: Hilfswerk ruft zur Wahlbeteiligung auf
Linda Bordoni und Mario Galgano - Vatikanstadt
Die britischen Wähler sind an diesem Donnerstag aufgerufen, an den ersten Parlamentswahlen seit 2019 teilzunehmen. Analysten prognostizieren, dass diese Wahl eine der folgenreichsten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs sein wird. CAFOD, das katholische Hilfswerk der Bischofskonferenz von England und Wales, hat daher eine Kampagne gestartet, die katholische Wähler zur aktiven Teilnahme am politischen Prozess auffordert.
Aufruf zum Gemeinwohl
Neil Thorns, Leiter der Advocacy-Abteilung von CAFOD, betonte gegenüber Radio Vatikan, dass die Bürger ihre Stimme im Sinne des Gemeinwohls abgeben sollten. Die Katholiken wurden ermutigt, im Einklang mit der katholischen Lehre zu wählen. Um sie dabei zu unterstützen, stellte CAFOD auf ihrer Website und in den sozialen Medien Informationen zu den Wahlen bereit und verwies auf den Appell von Papst Franziskus zu einer „besseren Art von Politik“.
Fokus auf nationalen und internationalen Themen
Die CAFOD-Kampagne setzt sich sowohl mit der Armut im Vereinigten Königreich als auch mit globalen Herausforderungen auseinander. Thorns erwähnte die Zusammenarbeit zwischen CAFOD und der "St. Vincent de Paul Society", um die Armut im eigenen Land zu thematisieren, und betonte die Bedeutung des globalen Gemeinwohls, insbesondere angesichts von Krisen wie Klimawandel und Migration.
Klimakrise und politische Prioritäten
Ein Hauptanliegen der CAFOD-Unterstützer ist die Klimakrise. Thorns stellte fest, dass dieses Thema in den politischen Diskussionen oft vernachlässigt wird, obwohl es tiefgreifende Auswirkungen auf die ärmsten Gemeinschaften hat. Papst Franziskus hat die Klimakrise als eine der größten Herausforderungen unserer Zeit bezeichnet und fordert die Politiker auf, über kurzfristige Eigeninteressen hinauszugehen und dieses globale Problem zum Wohle aller zu lösen.
Migration und Menschenwürde
Ein weiteres kritisches Thema, das die neue Regierung angehen müsse, sei die Migration. Thorns kritisierte die Tendenz, Migration als politisches Problem zu behandeln, und rief zu sicheren und legalen Migrationsrouten auf. Er betonte die Notwendigkeit, schutzbedürftige Migranten aufzunehmen und zu unterstützen, wie es auch Papst Franziskus und die Bischöfe von England und Wales immer wieder forderten.
Populismus und Nationalismus entgegentreten
In Zeiten des zunehmenden Populismus und Nationalismus erinnerte Thorns an die Warnungen von Papst Franziskus vor derartigen Ideologien und plädierte für einen nach außen gerichteten Ansatz, der die Armen in den Mittelpunkt stellt. Er zitierte den Papst, der während der Pandemie über den Barmherzigen Samariter sprach und fragte: „Werden wir uns um die Menschen kümmern, die am Straßenrand liegen, oder werden wir einfach vorbeigehen?“ Diese Worte seien ein Aufruf zur Solidarität und Fürsorge für die Bedürftigen, sowohl national als auch international.
Katholiken mobilisieren
Die Kampagne von CAFOD ziele darauf ab, die katholische Gemeinschaft in England und Wales zu mobilisieren, ihre Anliegen zu kritischen Themen zu äußern und sicherzustellen, dass die Bedürfnisse der Ärmsten und Schwächsten im Vordergrund der politischen Diskussion stehen, schloss Thorns.
Die bevorstehenden Parlamentswahlen in Großbritannien könnten für die regierenden Tories nach 14 Jahren an der Macht ein Desaster bedeuten, während die sozialdemokratische Labour Party trotz eines wenig überzeugenden Wahlkampfs voraussichtlich gewinnen wird. Labour-Chef Keir Starmer, oft als „Mr. Langweilig“ bezeichnet, zeigte sich im Wahlkampf uncharismatisch. Sein möglicher Erfolg basiert eher auf der Schwäche der Tories als auf der eigenen Stärke.
Die Rolle der Kirchen
In dieser angespannten politischen Lage haben sich die Kirchen in Großbritannien mit eigenen Kampagnen an die Wählerschaft gewandt. Kardinal Vincent Nichols, Vorsitzender der katholischen Bischofskonferenz von England und Wales, rief dazu auf, sich bei der Wahl auf den Aufbau einer Gesellschaft zu konzentrieren, in der Familien gedeihen können. Jede Stimme sei wichtig, um den Kurs der zukünftigen Regierung zu beeinflussen.
Die anglikanische Church of England hat eine 21-tägige Gebetsoffensive mit dem Motto „Pray Your Part“ gestartet, um einen höflichen und freundlichen Umgang während der hitzigen Debatten zu fördern. Erzbischof Justin Welby betonte, dass das Königreich und die Welt vor großen Herausforderungen wie Krieg, Frieden, Armut und Gerechtigkeit stehen.
Trotz eines leicht verbesserten Wirtschaftswachstums ist die Stimmung unter den Briten angespannt. Die schwierigen Jahre nach Brexit und Corona, sowie die hohen Energiepreise infolge des Ukraine-Kriegs, haben ihre Spuren hinterlassen. Die Enttäuschung über das Chaos und die Skandale unter den Vorgängern von Premierminister Rishi Sunak, Boris Johnson und Liz Truss, sitzt tief. Hinzu kommt ein heftiger Streit über die Migrationspolitik, der die Gesellschaft spaltet.
Die katholischen Bischöfe haben einen Wahl-Leitfaden erstellt, der konkrete Empfehlungen zu wichtigen Themen gibt, darunter der Schutz von Migranten und Flüchtlingen sowie die Unterstützung von Familien durch Steuererleichterungen und Wohnkostenzuschüsse. Dies steht im Gegensatz zu Sunaks Plan, irregulär eingereiste Migranten nach Ruanda abzuschieben.
Die anglikanische Kirche hingegen verzichtet auf detaillierte politische Stellungnahmen und konzentriert sich auf das Gebet. Angesichts der aktuellen politischen Lage bleibt den Tories am Wahltag wohl nur noch die Hoffnung auf wohlüberlegte Stimmenabgaben.
(vatican news)
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