Friedensmarsch in Kibati, am 2. August Friedensmarsch in Kibati, am 2. August  (ANSA)

Kongo: Ein bisschen Frieden

Seit dem 4. August herrscht Waffenstillstand im Osten des Kongo – und zwar zwischen der Regierung in Kinshasa und der Regierung im Nachbarland Ruanda. Sie soll hinter den Umtrieben der bewaffneten M23-Rebellen stehen.

Myriam Sandouno und Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Die gute Nachricht lautet nun: Bisher wird der Waffenstillstand, den die Regierung von Angola vermittelt hat, „weitgehend eingehalten“. Das macht dem Bischof von Goma Hoffnung. Willy Ngumbi hofft nun, dass „diese Waffenruhe zu einem Friedensabkommen führen wird“. Der Bischof spricht im Interview mit uns von einem „vergessenen Krieg“.

„Manchmal fragen wir uns, ob die ganze Welt noch weiß, dass in Goma Krieg herrscht. Wenn wir uns das Fernsehen und die Medien anschauen, wird viel darüber gesprochen, was in Gaza passiert, was in der Ukraine, im Libanon und im Iran derzeit passiert, aber wir stellen fest, dass der Kongo vergessen wird.“

Krieg in Endlosschleife

Dabei wird der Osten der Demokratischen Republik Kongo seit über 30 Jahren von einem endlosen Krieg geschunden, der sich nach Ansicht einiger Beobachter in einer Endlosschleife dreht. Etwa zehn Millionen Menschen haben ihr Leben verloren, und 500.000 Frauen wurden vergewaltigt, insbesondere in diesem Krieg zwischen der kongolesischen Armee und der von Ruanda unterstützten M23-Rebellion. Nach Angaben der Vereinten Nationen könnte sich die Zahl der Binnenvertriebenen im Kongo auf 6,9 Millionen belaufen.

Angesichts dieses „vergessenen Konflikts“ wurden bereits ein halbes Dutzend Waffenstillstände und Feuerpausen verkündet, die jedoch nie eingehalten wurden. Bis jetzt. Denn die am 4. August verkündete Waffenruhe hält – mehr oder weniger.

„Ich kann sagen, dass wir zumindest vor Ort die Auswirkungen sehen. Der Waffenstillstand wird wirklich vor Ort eingehalten. Aber wie üblich beschuldigen sich alle gegenseitig. Die Armee des Kongo beschuldigt die M23, den Waffenstillstand zu brechen, und die M23 beschuldigt die Armee, das Feuer zu brechen. Aber wir wissen, dass an der Kriegsfront, an der militärischen Front, die Waffen seit Anfang dieses Monats schweigen. Wir merken das, und ich möchte die Gelegenheit nutzen, um der Regierung Angolas und dem Präsidenten für diese Vermittlung zu danken, die schließlich beginnt, Früchte zu tragen. Wir würden uns wünschen, dass dieser Waffenstillstand wirklich endgültig ist und zu einem Friedensabkommen führt, denn wir müssen diesen Krieg beenden können. Er wird allmählich zu lang; die Menschen fragen sich, wann dieser Krieg enden wird.“

Goma ist umzingelt

Die Regierung in Kinshasa hat immer jegliche Verhandlungen mit den M23-Rebellen abgelehnt. Doch seit Ende Juli der Waffenstillstand unterzeichnet wurde, säuselt sie, man hoffe doch, dass das Abkommen „die richtigen Bedingungen schafft, um inhaltliche Fragen anzugehen“. Am ersten Tag des Waffenstillstands eroberte die Rebellengruppe Ishasha an der Grenze zu Uganda, doch das war der bisher letzte Streich.

Die Provinzhauptstadt Goma ist von der M23 umzingelt und steckt voller Flüchtlinge. Viele dieser Menschen sind nicht ganz einverstanden mit dem Waffenstillstand: Sie sind vor der M23 geflohen und fordern, dass die Rebellen endgültig aus der Region geworfen werden. Andere Kongolesen wiederum sind der Meinung, dass man der Vermittlung eine Chance geben sollte.

„Dieser Krieg ist, zumindest für uns, sehr komplex. Es gibt eine Vielzahl von Akteuren, die in den Krieg involviert sind. Aber von unserer Seite, von der Bevölkerung aus gesehen, haben wir den Eindruck, dass die Regierung nicht genug tut. Wir haben den Eindruck, dass es viele Menschen gibt, die von dieser Kriegssituation profitieren. Gleichzeitig haben wir den Eindruck, dass es in diesem Krieg auch Akteure von außen gibt, von der internationalen Gemeinschaft, natürlich aufgrund des Bergbaus in der Region. All diese Leute, die von diesem Krieg profitieren, wollen nicht, dass er beendet werden kann.“

Viele Interessen mischen mit in diesem Krieg

In einem Statement vom 7. August fordern die katholischen Bischöfe des Kongo die beiden Unterzeichnerparteien zur Einhaltung dieses Abkommens auf und drängen die internationalen Partner, die effektive Umsetzung dieses Fahrplans zu unterstützen. Der Bischof von Goma traut der Regierung von Kinshasa nicht so ganz.

„Wir erkennen derzeit an, dass es mit dem Waffenstillstand immerhin diplomatische Bemühungen gibt, aber wir fragen uns, ob dieser Krieg wirklich eine Priorität für die Regierung ist. Wir haben eher den Eindruck, dass derzeit die Einrichtung der staatlichen Institutionen, die Teilung der Macht, Priorität hat. Also kann man nur hoffen, dass man sich jetzt, da die letzte verbliebene Institution, der Senat, installiert wurde, vielleicht auf den Krieg im Osten konzentrieren wird.“

Aber Bischof Willy Ngumbi aus dem eingekesselten Goma beschränkt sich nicht aufs Schwarzmalen. Die Solidarität unter den Christen im Kongo ist groß, berichtet er auch in unserem Interview.

Wachsendes internationales Interesse

„Trotz der materiellen Schwierigkeiten, der finanziellen Not, der Unsicherheit, all der Not in unseren Familien und der Armut, sind die Christen immer noch die ersten Wohltäter der Vertriebenen dieses Krieges. Manchmal fragt man sich, wie sie das schaffen. Sie haben Angst und teilen in ihrer Armut, was sie haben. Diese Solidarität ist eine große Lektion. Man sieht, dass es ein Volk ist, das wirklich die Hoffnung lebt, das wirklich treu und fest im Glauben bleiben will. Und das weiterhin Nächstenliebe bezeugen will gegenüber anderen, den Ärmsten, und insbesondere derzeit gegenüber den Vertriebenen dieses Krieges.“

Seit Papst Franziskus vor einem Jahr den Kongo besucht hat, stellt der Bischof von Goma auch größeres internationales Interesse fest, und das freut ihn. Der Präsident der Schweiz und Kenias seien gekommen, deutsche Bischöfe, EU-Vertreter. Der Bischof hofft, dass der „vergessene Krieg“ im Osten des Kongo bald von der Landkarte der Krisen verschwinden wird.

(vatican news)
 

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20. August 2024, 10:01