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Abt Jeremias Schroeder OSB, Abt Jeremias Schroeder OSB,  (Sankt Ottilien)

Neuer Abtprimas: Versöhnungsauftrag zur Orthodoxie wahrnehmen

Der deutsche Missionsbenediktiner Jeremias Schröder, der an diesem Samstag zum Abtprimas des weltweiten Benediktinerordens gewählt wurde, möchte den historischen Versöhnungsauftrag der Benediktiner in Richtung Orthodoxie neu beleben. Im Interview mit Vatican News sprach Schröder auch über die Strahlkraft des klösterlichen Glaubenslebens in einer Zeit der Glaubenskrise in Europa und über Ökologie als bleibenden benediktinischen Auftrag.

Was bedeutet diese Wahl zum Abtprimas der Benediktinischen Konföderation für Sie?

P. Jeremias Schröder: Ich wohne seit drei Jahren in Tirol und bin der Administrator eines kleinen Klosters. Ab heute habe ich praktisch meinen Dienstsitz hier in Rom und werde umziehen müssen. Ich muss mich in einige Arbeitsbereiche neu einarbeiten, bin aber schon mit einigen vertraut, da ich der Stellvertreter des letzten Primas war. Deswegen kenne ich bereits einige der Herausforderungen, die auf mich zukommen. Aber mein Leben wird sich nun komplett umkrempeln, das kann ich schon sagen.

„Wir werden nun daran arbeiten, enger mit den Frauen zusammenzuarbeiten“

Nun sind Sie seit 40 Jahren Mönch, und zwar Missionsbenediktiner von St. Ottilien. In welcher Weise wollen Sie die benediktinische Konföderation mit ihren 7.000 Mönchen weltweit in die Zukunft begleiten?

P. Jeremias Schröder: Der Primas hat die Aufgabe, diese weltweite und sehr locker gegliederte Konföderation zusammenzuhalten, Brücken zu bauen und sicherzustellen, dass wir gemeinsam unterwegs sind. Ganz wichtig ist dieser Ort hier: St. Anselmo, Hochschule, Studentenkolleg. Es war die Idee von Papst Leo XIII., diesen Ort zu schaffen, damit die Jugend des Ordens zusammenkommt, sich vernetzen und eine stärkere Einheit entwickeln kann. Das bleibt die ständige Aufgabe des Primas. Ein aktuelles Thema ist auch, dass der Männer- und Frauenzweig des Ordens sich recht separat entwickelt hat. Wir werden nun daran arbeiten, enger mit den Frauen zusammenzuarbeiten und gemeinsame Strukturen zu finden.

Hier zum Hören:

Die Benediktinerinnen sind ja bedeutend mehr als die Benediktiner in der Welt.

P. Jeremias Schröder: Ja, etwa doppelt so viele, und sie sind viel vielfältiger strukturiert. Wir Männer sind relativ einheitlich organisiert mit 19 Kongregationen, während es bei den Frauen alle möglichen Formen gibt: Einzelklöster, die völlig selbstständig sind, zentralisierte Kongregationen, kleinere regionale Gruppen und Föderationen von Nonnenklöstern. Das ist sehr unübersichtlich und wird allmählich vom Heiligen Stuhl stärker geordnet. Wir müssen sicherstellen, dass diese Entwicklungen so verlaufen, dass Männer und Frauen gemeinsam in die Zukunft gehen können.

„Wir sind in diesen Tagen daran erinnert worden, dass die Benediktiner seit langer Zeit eine Art Versöhnungsauftrag in Richtung Orthodoxie haben“


Die Benediktiner sind der monastische Orden schlechthin, und diese Tradition trägt in die Zukunft. Was können Sie als Mönche der katholischen Weltkirche geben?

P. Jeremias Schröder: Das ist die Frage, die uns hier beim Kongress beschäftigt. Unsere Botschaft kann ja nicht einfach sein, dass wir einen neuen Primas haben. Wir sind uns bewusst, dass die Welt in Flammen steht. Wir haben Kriege in der Ukraine und im Heiligen Land zum Beispiel, wo wir Klöster haben, die direkt betroffen sind. Wir sind in diesen Tagen daran erinnert worden, dass die Benediktiner seit langer Zeit eine Art Versöhnungsauftrag in Richtung Orthodoxie haben, der uns von Papst Pius XI. gegeben wurde. Wir wollen uns fragen, was das heißt in einer Zeit, in der Ost und West in Europa auseinanderdriften. Müssen wir als Benediktiner vielleicht wirklich die Brückenbauer sein, auch im kirchlichen Bereich, und Kontakte ermöglichen, wo sie vieles auseinandergefallen ist in letzter Zeit? Ökologie ist ein weiteres großes Thema, viele Benediktinerklöster sind Landbesitzer. Wie bewirtschaften wir dieses Land nachhaltig, dass es ökologisch stimmig ist und wir etwas für die Bewahrung der Schöpfung tun können? Außerdem spüren wir bei uns in Europa die Kirchenkrise als wichtiges Thema. Wir spüren, dass viele Menschen Vertrauen in die Klöster haben, mehr als in andere kirchliche Erscheinungsformen. Und das ist ein Pfund, mit dem wir wuchern müssen, dass wir sagen: Da kann man Christentum zum Mitleben und Anfassen mitbekommen. Wie können unsere Klöster glaubwürdige Orte des gelebten Glaubens sein, damit da auch für Europa wieder etwas lebendig wird?

„Christentum zum Mitleben“


Kommen wir nochmals auf St. Ottilien zu sprechen. Sie waren unter anderem Sekretär von Notker Wolf, der vor Ihnen und vor Gregory Polan Abtprimas gewesen ist, und in der Vergangenheit gab es schon einmal einen Abt von St. Ottilien, der Abtprimas der Konföderation wurde. Ist St. Ottilien ein Nest für benediktinische Führungskräfte?

P. Jeremias Schröder: In gewisser Weise schon. Die Kongregation von St. Ottilien mit ihrer Internationalität – wir sind in 20 Ländern auf vier Kontinenten verbreitet – bereitet die Leiter gut darauf vor, eine internationale Einheit zu führen. St. Anselmo ist auf größerer Ebene ähnlich. Wer diese Erfahrungen gesammelt hat, ist nicht schlecht vorbereitet. Alle drei Abtprimaten aus St. Ottilien haben auch hier studiert, was ebenfalls geholfen hat, da es eine starke Verbindung zu diesem Ort schafft, der eine der Hauptaufgaben des Primas ist: die Hochschule und das Studentenkolleg lebendig zu halten.

Ihr Motto ist „Schau auf den Stern.“ Was bedeutet das für Sie und Ihre neue Aufgabe als Abtprimas?

P. Jeremias Schröder: „Schau auf den Stern“ stammt aus einer Predigt von Bernhard von Clairvaux. Für mich bedeutet es: Lass dich nicht durch die Mauern und Grenzen deines Alltags einschränken. Schau auf das große Ganze. Ich glaube, das ist gerade unser Auftrag. Manchmal sind wir versucht, uns nur auf das Lokale zu konzentrieren, aber wir müssen uns daran erinnern, dass wir einen weltweiten Auftrag von Christus haben. Vom heiligen Benedikt wird erzählt, dass er kurz vor seinem Tod die ganze Welt als Globus sah, weil sein Herz so weit war. „Schau auf den Stern“ bedeutet also, sich ein weites Herz zu bewahren und das große Ganze im Blick zu behalten.

Das Gespräch führte Gudrun Sailer. 

(vatican news - gs)

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14. September 2024, 14:31