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Kardinal Goh und Papst Franziskus bei der Messe in Singapur Kardinal Goh und Papst Franziskus bei der Messe in Singapur  (VATICAN MEDIA Divisione Foto)

Kardinal Goh: Papst war „Botschafter der Liebe Christi" in Singapur

Kardinal William Goh zeigt sich im Nachgang des Papstbesuchs in seinem Land dankbar für die Nähe und Fürsorge, die Papst Franziskus den Menschen in Singapur entgegengebracht hat. Die Weltkirche lädt er ein, von den Glaubenserfahrungen der asiatischen Katholiken zu lernen.

Claudia Torres und Christine Seuss - Singapur/Vatikanstadt

Der Besuch des Papstes sei nicht nur für die Menschen des Landes inspirierend gewesen, so der Erzbischof von Singapur, den Papst Franziskus 2022 zum Kardinal gemacht hatte, im Gespräch mit den vatikanischen Medien. Drei Tage hatte sich der Papst in dem modernen Stadtstaat aufgehalten. Vor allem habe er eine wichtige Kernbotschaft hinterlassen, zieht Kardinal Goh nach der Abreise des Kirchenoberhauptes Resümee:

„Nämlich die Notwendigkeit, die ganze Menschheit zu erreichen. Ich glaube, dass Papst Franziskus das, worüber seine Vorgänger gesprochen haben, in konkrete pastorale Maßnahmen umsetzt. Johannes Paul II. hat von der Neuevangelisierung gesprochen, und Papst Benedikt hat viel geschrieben.“

Doch nun sei es Papst Franziskus, der wirklich versuche, die Frohe Botschaft der ganzen Menschheit zu bringen, so Kardinal Goh: „Seine Schlüsselbotschaften zielen immer darauf ab, Harmonie in der Welt zu schaffen, inklusiv zu sein und die Kirche wirklich zu einem Sakrament der Barmherzigkeit und des Mitgefühls Jesu für andere zu machen.“

Diese Art von Botschaften, in denen er die Benachteiligten und Vergessenen ins Zentrum rücke, fänden seiner Überzeugung nach überall auf der Welt Gehör, nicht nur in Singapur, betont der Kardinal.

Papst Franziskus beim interreligiösen Treffen mit Jugendlichen in Singapur
Papst Franziskus beim interreligiösen Treffen mit Jugendlichen in Singapur

Ein Besuch bei einer kleinen Herde

Überhaupt seien alle Singapurer, ob Katholiken oder nicht, begeistert vom Papstbesuch gewesen, und er habe wohl auch den Glauben der Menschen kräftig „verjüngt“, meint Kardinal Goh, der seit 2013 an der Spitze seiner Erzdiözese steht.

„Obwohl wir nur ein kleines Land sind, eine winzige Nation, hat sich der Papst nicht nur für große Nationen oder Nationen, die Schwierigkeiten haben, oder wenn Katholiken in solchen großen Ländern in der Minderheit sind, eingesetzt, sondern er kümmert sich sogar um Singapur. Wir wissen es sehr zu schätzen, dass er sich wirklich zum Hirten für alle gemacht hat, unabhängig von der Größe der Länder und der Menschen.“

Freiwillige Helfer halten bei der Messe Schilder mit dem Motto der Reise
Freiwillige Helfer halten bei der Messe Schilder mit dem Motto der Reise

Dies habe auch seine Auswirkungen unter den Gläubigen gehabt, deren Zusammenhalt durch den Papstbesuch deutlich gestärkt worden sei. Allein 5.000 Freiwillige waren im Einsatz, um den reibungslosen Ablauf der Veranstaltungen zu gewährleisten – mit Blick auf insgesamt 176.000 Katholiken eine beachtliche Anzahl - was auch langfristig Früchte bringen werde, hofft der Kardinal.

„Ich glaube, dass dieser Besuch die Katholiken in einem guten Sinne stolz gemacht hat, stolz darauf, ein Mitglied der katholischen Kirche zu sein, stolz darauf, jemanden wie den Heiligen Vater zu haben, der die gesamte Kirche, die Weltkirche, vereint. Es ist also wirklich ein großer Moment für uns, und ich glaube, dass sich die langfristigen Auswirkungen in einem dynamischeren und lebendigeren Wunsch zeigen werden, zusammenzuarbeiten und andere zu Gott zu führen.“

Für ganz Asien relevant

Die positive und respektvolle Art des Papstes könnte jedenfalls auch auf die Beziehungen der katholischen Kirche zu anderen Ländern in der Region abstrahlen, meint der Kardinal, ohne dabei konkrete Länder zu nennen:

„Was er uns sagt und lehrt, ist etwas, wodurch die Menschen, wenn sie wirklich offen sind, und insbesondere die Regierungen, die der katholischen Kirche gegenüber misstrauisch sind, meiner Meinung nach weniger misstrauisch und offener für Religion und Glauben werden. Nämlich wenn sie seine Botschaften hören und erkennen, dass die Kirche wirklich eine Botschafterin der Barmherzigkeit und Liebe Christi ist und wir hier sind, um den Menschen zu helfen, zu wachsen, und dass es um das Gemeinwohl geht.“

Der Papst zu Besuch in einem kirchlichen Altenheim in Singapur
Der Papst zu Besuch in einem kirchlichen Altenheim in Singapur

Partner der Regierung

So werde die Kirche beispielsweise in Singapur durch die Regierung nicht als Bedrohung empfunden, sondern als Partner, der sich für das Wohlergehen des gesamten Volkes einsetze: „Das ist eine Frage des Dialogs, des gegenseitigen Respekts und des Versuchs, einander zuzuhören, denn letztendlich wird eine gute Regierung die gleichen Werte teilen, weil wir alle das Gemeinwohl der Gesellschaft fördern wollen.“

Ein Beitrag für die Weltkirche

Seiner „bescheidenen Einschätzung nach“ sollte der Westen vielleicht versuchen, mehr von Asien und auch von Afrika zu lernen, so der Kardinal weiter mit Blick auf die vielen verschiedenen Kulturen und die damit verbundene Werte, aber auch die verschiedenen Regierungsformen, die auf beiden Kontinenten anzutreffen sind.

„Vor allem für uns Asiaten ist die Begegnung mit Gott nicht etwas, das sich auf eine feierliche Erfahrung reduzieren lässt. Gott zu begegnen bedeutet, Gott mit dem Herzen zu begegnen. Deshalb sind Asiaten tendenziell religiöse Menschen, alle Asiaten. Religiosität gibt es bei allen Menschen verschiedener Glaubensrichtungen. Und für uns ist Gott real, weil wir ihm begegnen.“

Dies habe auch auf den Papstbesuch ausgestrahlt, denn die Menschen hätten in der Tat in Franziskus einen Mann Gottes gesehen und „die Gegenwart Christi in ihm“ gespürt, auch wenn sie vielleicht seine theologischen Ausführungen, ebenso wie seine Schriften, nicht verfolgt oder verstanden hätten: „So bedeutet es selbst für diese Menschen, wenn sie den Papst sehen, wirklich Jesus zu sehen. Er ist wirklich ein Sakrament von Jesus.“

Die Messe im Stadion
Die Messe im Stadion

Nicht nur Wissenschaft, sondern auch Liebe

Dies sei auch ein Beitrag, den Asien für die Weltkirche leisten könne, nämlich ein „Gleichgewicht zwischen feierlichem Wissen über Gott, einer Menge Studium, theologischem Wissen und Argumentation“ zu finden. Denn letztlendlich verliebe man sich ja in Jesus:

„Ich denke, Asien könnte einen Beitrag zur Weltkirche leisten, indem es die Bedeutung der Volksreligionen hervorhebt“, meint Kardinal Goh. Er selbst glaube, dass die „Theologie und das Wissen über Christus allzu sehr betont“ würden, selbst wenn diese wichtig und schön seien. Aber schließlich verändere das „bloße Wissen“ einen nicht, „solange man es nicht in seinem Herzen spürt“.

Insbesondere Volksreligionen seien in Asien sehr wichtig und letztlich das Mittel, mit dem die Menschen „Jesus begegnet“ seien, gerade auch die, die nicht so viel mit Schriften und Lehre anfangen könnten, hebt er hervor: „Selbst die jüngere Generation von heute sieht gerne Bilder: Die Menschen wollen sehen, wollen fühlen, wollen anfassen. Deshalb konnte ich auch die Tränen und die Freude sehen, wenn die Menschen den Heiligen Vater berührten oder der Heilige Vater sie berührte. Es war, als ob Jesus sie berührte. Und das ist wahr.“

Begeistertes Warten auf Papst Franziskus in Singapur
Begeistertes Warten auf Papst Franziskus in Singapur

Zurück zur Andacht

Unbenommen bleibe dabei, dass sich die Volksfrömmigkeit an der Kirche zu orientieren habe, doch dürfe sie auch nicht abgetan werde, meint der Kardinal:

„Meiner bescheidenen Einschätzung nach - vielleicht irre ich mich ja - hat Europa diese Dimension der Frömmigkeit verloren. In der frühen Kirche, im Mittelalter, gab es eine Menge Andachten. Aber ich denke, dass diese Andachten irgendwie verloren gegangen sind, und ich denke, dass wir alle diese Andachten zurückgewinnen müssen, um den Menschen zu helfen, Gott tiefer zu begegnen.“

Mehr Freiheit für die Ortskirchen

In diesem Zusammenhang appelliert er dazu, dass die Ortskirchen mehr Freiheit erhalten sollten, um „die Art und Weise, wie wir die Liturgie feiern, flexibler gestalten zu können, damit unsere Liturgie wirklich lebensspendend ist“:

„Wir wollen nicht einfach nur dasitzen und zuhören“

„In Asien wollen wir teilnehmen. Wir wollen mitmachen, wir wollen singen, wir wollen tanzen, wir wollen unsere Hände heben, wir wollen uns ausdrücken. Wir wollen nicht einfach nur dasitzen und zuhören. Das ist nicht asiatisch. Ich denke, wir wollen uns mit unserem ganzen Verstand, unserem Herzen und unserem Körper einbringen, um den Herrn Gottes mit ganzem Verstand, mit ganzem Herzen und mit all unserer Kraft zu lieben. Ich denke, dass die Kirche vielleicht wirklich großzügiger und inklusiver sein und der asiatischen Kirche helfen sollte, diese liturgische Lebendigkeit zu bewahren.“

„Sein Name ist wirklich Heiliger Vater“

Auf die schönsten Momente des Papstbesuchs angesprochen, hat der Kardinal keinen Zweifel: Die väterliche Art, die Franziskus während all seiner Begegnungen nie abgelegt hat: „Er war wirklich wie ein Vater. Nicht wie ein Vater, sondern wie ein heiliger Vater. Sein Name ist wirklich Heiliger Vater.“

Diese väterliche Liebe habe er allen gezeigt, vor allem den Kranken und Kindern, die er sich immer wieder zum Auto oder in seine Nähe bringen ließ, um sie zu segnen: „Ich konnte die Tränen sehen, die überwältigende Freude dieser Menschen, die das große Privileg hatten, von ihm gesegnet zu werden und von ihm gebetet zu werden“, zeigt sich Singapurs Kardinal berührt. Dies habe er überall gespürt, besonders bei der Messe im Stadion:

„Ich sah ein paar Frauen, die ihm ihre Kinder brachten, und sie waren so überglücklich und weinten. Ich weinte auch mit ihnen und hielt meine Tränen zurück, weil ich wirklich sehen konnte, wie sehr sich diese Menschen freuten und wie dankbar sie waren, dass Gott ihnen den Heiligen Vater geschickt hat. Und im Heiligen Vater, wie ich schon sagte, sehen wir wirklich Jesus.“

(vatican news)

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13. September 2024, 14:59