Singapur: „Eine gemeinsame Sicht der Harmonie“
Anne Preckel - Singapur
Am Catholic Junior College (CJC) wird schon intensiv für die Begegnung mit dem Papst geprobt. Eine Vertreterin des Ministeriums für Kultur, eine ganz in weiß gekleidete Muslima, erklärt mit klarer Stimme die nächsten Schritte auf der Bühne, während Studenten mit Headsets für einen reibungslosen Ablauf in der Aula sorgen. Sie erklären mir höflich, aber bestimmt, ich müsse noch einen Augenblick warten.
Bekenntnis zu Einheit und Hoffnung
Eine Katholikin im Seidenkleid spricht über Chancen und Gefahren Künstlicher Intelligenz und richtet Fragen an einen noch abwesenden Papst. Franziskus‘ Part übernimmt ein im Rollstuhl sitzender Student, „Papst“ steht auf seiner Brust. Andere Vortragende gehören den ethnischen Gruppen der Hindus und Sikh an. Ein Chor junger Religionsvertreter spricht gemeinsam ein Bekenntnis zu Einheit und Hoffnung.
„Das ist eine einmalige Gelegenheit, wir können uns hier mit dem Papst zusammensetzen und mit ihm eine ernsthafte Diskussion über interreligiösen Dialog führen“, sagt mir etwas später ein junger Christ im Publikumsraum, „darauf hat Singapur gewartet“. „Ich fühle mich wirklich privilegiert, bei diesem historischen Ereignis dabei sein zu können und zu hören, welche guten Dinge uns der Papst zu sagen hat“, pflichtet ihm seine Kommilitonin bei. Sie selbst sei nicht gläubig, ergänzt sie noch. In Singapur Freunde und Nachbarn anderer Religionen zu haben, sei normal, berichtet sie, man sei daran gewöhnt. „Wir teilen eine gemeinsame Sicht der Harmonie.“
Ähnlich drückt das auch die hinduistische Lehrerin aus, die den Proben zuschaut. Sie hat einen roten Punkt auf der Stirn und ein paar Hefte unter den Arm geklemmt, es sei ja gerade Prüfungszeit. „Wir Hindus glauben, dass Gott eins ist. Die Religionen haben jeweils nur andere Mittel und einen anderen Ausdruck dafür“, so die Hinduistin, die am Catholic Junior College Wirtschaft lehrt. „Mich berührt es wirklich, dass der Papst an dieses College kommt. Religiöse Harmonie ist für Singapur sehr wichtig, und mit seinem Kommen zeigt er seine Akzeptanz der verschiedenen Religionen, seine Offenheit. Er ist bereit, zuzuhören, was andere Religionen ihm zu sagen haben“. Damit gebe er ein gutes Beispiel. Das sei sehr wichtig, denn Religionsvertreter „bewerten nicht, sie hören zu“.
Religionsvertreter „bewerten nicht, sie hören zu“
Das Catholic Junior College ist Sinnbild dieser Akzeptanz, die in Singapur eine große Rolle spielt. Die Schule schult selbst für dieses friedliche Miteinander, sie vermittelt Fachwissen auf hohem Niveau und wertebasiert. Gegründet 1975 von der Erzdiözese Singapur und unterstützt von der Regierung, wurde die Schule unter anderem mit Hilfe der deutschen Bischöfe aufgebaut.
Lehrer wie Studierende gehörten am Catholic Junior College verschiedenen Religionsrichtungen an, erklärt mir die Lehrerin, aber alle teilten eine gemeinsame Basis. Beim Religionsunterricht für Katholiken seien auch andere Religionen willkommen und Werte spielten überall eine Rolle und schafften eine gemeinsame Basis: „Auch für Studenten, die nicht katholisch sind, haben wir die gleichen Werte, aber wir reflektieren mit ihnen darüber vielleicht in einem universelleren Sinn. Das ist sehr holistisch, sehr wertebasiert. Das spricht an und es spielt keine Rolle, ob du katholisch bist oder einer anderen Religion angehörst.“ Es werde auch zusammen Gottesdienst gefeiert, da werde eben Seite an Seite gebetet.
Auf der Bühne werden derweil alle Teile der Darbietung für den Papst nochmal eingeübt. Musik spielt auf. Junge Tänzer, darunter Kinder mit Behinderung, ziehen sanft Tücher durch die Luft und drehen sich in fließenden Bewegungen. Hinter ihnen hängt ein großes Schild: „Together in Unity and Hope“.
(vatican news – pr)
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