Bangladesch verbietet Chhatra League nach jahrelanger Gewalt
Bangladesch hat einen historischen Schritt unternommen: Die Bangladesh Chhatra League (BCL), einst gefeierte parteiliche Jugendorganisation, wurde verboten. Das Innenministerium des Landes erließ diese Woche eine offizielle Mitteilung, die die sofortige Umsetzung des Verbots anordnet. Die Entscheidung fiel unter dem Druck von Protesten, die nach dem Rücktritt der ehemaligen Premierministerin Sheikh Hasina eskaliert waren. Diese Proteste wurden von einer breiten Studentenbewegung getragen, die den Einfluss der BCL, einer Jugendorganisation der Awami League, auf das öffentliche Leben in Frage stellte.
Die Regierung begründete das Verbot mit der Beteiligung der Chhatra-Liga an kriminellen Aktivitäten, die die öffentliche Sicherheit gefährdeten. Zu den Vorwürfen gehörten Morde, Erpressung, Manipulation von Ausschreibungen und sexuelle Übergriffe, die sich über die letzten 15 Jahre der Awami-Liga-Regierung häuften. Besonders schwerwiegend waren die jüngsten Vorfälle während der Massenproteste, die am 15. Juli begannen. Laut Innenministerium verübten Mitglieder der BCL während der Proteste bewaffnete Angriffe, bei denen zahlreiche Studenten und Zivilisten ums Leben kamen. Auch nach dem Rücktritt der Exekutive setzte die Organisation angeblich ihre „verschwörerischen und terroristischen Aktivitäten“ gegen den Staat fort.
Druck durch die Protestbewegung
Der unmittelbare Auslöser für das Verbot war eine Pressekonferenz von Hasnat Abdullah, dem Koordinator der protestierenden Studentenbewegung, der die Regierung aufforderte, binnen 24 Stunden auf die Forderungen des Nationalen Bürgerkomitees einzugehen. „Wir fordern, dass die Übergangsregierung die Chhatra-Liga sofort als Terrororganisation verbietet. Wir haben vor einer Woche eine Frist gesetzt, und jetzt bleibt nur noch ein Tag“, erklärte Abdullah.
Die Übergangsregierung unter der Führung von Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus sah sich nach dieser deutlichen Aufforderung gezwungen, einzuschreiten. Yunus, der als international angesehener Wirtschafts- und Sozialreformer gilt, versucht derzeit, das Land durch eine instabile politische Übergangsphase zu navigieren. Die Verbotsentscheidung könnte daher auch als Versuch der Regierung gesehen werden, die Spannungen zu entschärfen und die Gewalt einzudämmen.
Eine Geschichte von Ruhm und Skandalen
Die Bangladesh Chhatra League wurde 1948 gegründet, ein Jahr vor der Mutterpartei Awami League, und spielte eine Schlüsselrolle im Unabhängigkeitskrieg Bangladeschs. In den vergangenen Jahrzehnten jedoch häuften sich die Vorwürfe gegen die Organisation, die von Korruption über gewaltsame Unterdrückung bis hin zu schwersten Straftaten wie Mord und sexuellen Übergriffen reichten. Im Jahr 2019 wurden sowohl der damalige Präsident als auch der Generalsekretär der BCL wegen Korruption abgesetzt. Trotzdem setzte sich das negative Image fort, und die Organisation wurde zunehmend als verlängerter Arm der Awami League wahrgenommen, der an den Universitäten für die Durchsetzung der Parteiinteressen sorgte.
Analysten sehen die BCL daher eher als Werkzeug der Machtpolitik Hasinas als eine unabhängige Studentenvertretung. Dies zeigt sich auch in der Struktur der Organisation: Die Führungswahlen fanden nicht regelmäßig statt, und die Spitzenposten wurden direkt durch die Parteiführung vergeben. Dies trug dazu bei, dass die Chhatra-Liga ihre Autonomie verlor und sich immer mehr von ihren ursprünglichen Zielen entfernte.
Kontroverse um das Verbot
Während viele den Schritt der Regierung begrüßen, bleiben einige Stimmen skeptisch. Saddam Hossain, der Präsident der BCL, und Generalsekretär Sheikh Wali Asif Inan wiesen die Anschuldigungen in einer gemeinsamen Pressemitteilung als „falsch und fabriziert“ zurück. Sie verteidigten das Erbe der Organisation und erklärten, dass „jeder Winkel der 56.000 Quadratkilometer Bangladeschs mit dem heiligen Blut der Führer und Aktivisten getränkt ist“, die für die Freiheit des Landes gekämpft hätten.
Obaidul Quader, ein ehemaliger BCL-Führer und derzeitiger Generalsekretär der Awami League, drückte sein Bedauern über den Niedergang der Organisation aus: „Wir wollen nicht, dass eine Chhatra-Liga in solche Aktionen verwickelt wird.“ Gleichzeitig erkennen viele an, dass das Verbot eine längst überfällige Maßnahme zur Wiederherstellung von Recht und Ordnung sei.
Die nächsten Schritte für Bangladesch
Die Verbotsentscheidung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die politische Lage in Bangladesch stark angespannt ist. Die Übergangsregierung steht unter immensem Druck, die demokratische Ordnung wiederherzustellen und die Kontrolle über die Universitäten zurückzugewinnen. Die Rolle von Studentenorganisationen wie der BCL wird neu definiert werden müssen, um sicherzustellen, dass sie nicht mehr als Instrumente der politischen Gewalt missbraucht werden.
Für viele ist das Verbot der Chhatra-Liga ein Symbol für den Beginn einer neuen Ära, in der die Macht nicht länger durch Einschüchterung und Gewalt aufrechterhalten wird. Ob die Regierung jedoch in der Lage sein wird, die tief verwurzelten Probleme des Landes zu lösen, bleibt abzuwarten. Die nächsten Wochen und Monate werden entscheidend sein, um zu sehen, ob die Maßnahme zur Befriedung des Landes beiträgt oder ob neue Spannungen und Unruhen die fragile politische Lage weiter erschüttern werden.
(asianews - mg)
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