COP16 in Kolumbien: Politik und Wirtschaft müssen sich für Natur einsetzen
Alessandro Guarasci und Michele Raviart – Vatikanstadt
Der umfassende Schutz der Natur bis 2030: dieses von COP15 im Jahr 2022 mit der Annahme einer Ad-hoc-Roadmap formulierte Ziel wird nun von der COP16-Konferenz zur biologischen Vielfalt aufgegriffen und verteidigt, die seit dem 21. Oktober in der kolumbianischen Stadt Calì unter dem Motto „Frieden mit der Natur“ stattfindet.
Bis zum 1. November werden 196 Mitgliedstaaten, mit Ausnahme der Vereinigten Staaten, im Rahmen von Sensibilisierungstagen, Demonstrationen, Kampagnen in Schulen oder internationalen Gipfeltreffen über Themen diskutieren, die in den Mittelpunkt der globalen Debatte gerückt sind. Nach wie vor fehlt es jedoch an Maßnahmen zugunsten der biologischen Vielfalt, also der Gesamtheit der Tier- und Pflanzenarten, die die Erde bevölkern, durch die Schaffung von geeigneten Ökosystemen. „Die Zerstörung der Natur führt zu Konflikten, Hunger, Krankheiten und Armut“, erinnerte der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, der bei der Eröffnung der Konferenz auf die Notwendigkeit umfangreicher Investitionen für die Umwelt hinwies.
Das Engagement von Regierungen und Unternehmen
„Das Engagement der Regierungen für den Naturschutz, die Aufwertung des Naturkapitals und die Wiederherstellung der Ökosysteme muss verstärkt werden. Auch die Unternehmen müssen sich stärker engagieren“, beschreibt Giuseppe Dodano, technischer Direktor des Nature Positive Network, gegenüber den vatikanischen Medien eine komplexe Herausforderung: die Kontinuität der Road Map, die jedes Land dazu auffordert, 30 Prozent der Land- und Meeresflächen seines Territoriums zu schützen und 30 Prozent der geschädigten Ökosysteme wiederherzustellen, aber auch, bis 2050 den voranschreitenden Verlust der Biodiversität aufzuhalten beziehungsweise umzukehren.
Notwendig sei jedoch eine größere Stabilität, die laut Dodano gerade dank der kleinen Unternehmen erreicht werden könne: „Diejenigen, die dieses Abkommen vorgeschlagen haben, und die Staaten, die es verteidigt haben, machen es auch zu einer wirtschaftlichen Frage, denn der Schutz der Ökosysteme bedeutet, den Fortbestand und die Widerstandsfähigkeit der Weltwirtschaft zu sichern.“ Das Bewusstsein dafür wachse auch bei Akteuren der privaten Wirtschaft: „Es gibt mehrere Zusammenschlüsse von Unternehmen, die Initiativen zur Sensibilisierung, aber auch zur Schaffung praktischer Instrumente für ihre Mitglieder ins Leben gerufen haben, um beispielsweise das Risiko zu berücksichtigen, das der Zusammenbruch von Ökosystemen für die Stabilität bestimmter Wirtschaftsprozesse darstellt.“
Der technische Direktor des Netzwerks Nature positive weist auch darauf hin, dass der daraus resultierende Verlust von Rohstoffen „nicht nur ein wirtschaftliches Problem“ sei und dass eine mögliche Lösung darin bestehen könnte, in alternative Energien zu investieren, „wie es China und Indien bereits tun, aber Europa nicht genug tut“.
„Europa hat mit der Verordnung zur Wiederherstellung von Ökosystemen einen großen Schritt nach vorne gemacht. Jetzt werden wir sehen, wie die Verordnung in den nächsten Jahren angewendet wird, aber es ist sicherlich ein sehr klares Signal: Lasst uns wieder bei der Natur anfangen.“
Zwar hätten auch die Vereinten Nationen im Rahmen des Jahrzehntes der Wiederherstellung von Ökosystemen viele Schritte in diese Richtung unternommen und zahlreiche Vereinbarungen sowohl mit öffentlichen als auch mit privaten Akteuren getroffen. Doch die Wirksamkeit ihrer Maßnahmen in den einzelnen Gebieten und in der gesamten Welt müsse seiner Ansicht nach „auf jeden Fall verbessert“ werden, so Dodano.
Das Beispiel Kolumbien
Ein wichtiger Aspekt von COP16 betrifft auch das Gastgeberland Kolumbien, das „vor allem die Umweltfrage in all ihren Facetten auf der Tagesordnung dieser Regierung hat“, betont Gianni La Bella, Professor für Zeitgeschichte an der Universität Modena und Lateinamerika-Experte der Gemeinschaft Sant'Egidio. „Das Programm ist so ehrgeizig, dass die Regierung als Zeichen dieser Aufmerksamkeit sogar eine neue Behörde eingeweiht hat, eine Polizei für den Schutz der Umwelt Es wird sich um einige Tausend Agenten handeln, die genau dafür ausgebildet wurden, um, sagen wir mal, diese Arbeit der Versöhnung zu verwirklichen und das zu schützen, was die Kolumbianer als das wichtigste Gut ihres Landes betrachten.“
Kolumbien reihe sich zweifellos ein in die Liste der Länder mit der reichsten Artenvielfalt, ein Schatz, den es zu bewahren gilt und für den das Bewusstsein geschärft werden muss – eindeutig auf der Linie des aktuellen internationalen Treffens in Calí.
Auf einer Linie mit den Zielen der Regierung
„Und das Thema des Friedens mit der Natur entspricht meiner Meinung nach voll und ganz den Zielen, die sich der kolumbianische Präsident Petro gesetzt hat, nämlich eine große Versöhnung zwischen dem Land und dem ,indigenen Kolumbien' herbeizuführen“, erklärt La Bella. Die Frage der Integration der indigenen Völker sei in der Tat ein wichtiger Bestandteil der Regierungsagenda, für die bereits mehrere Initiativen ergriffen wurden, betont der Experte: „Die Überwindung der Trennung, die Kolumbien lange Zeit in ein weißes Kolumbien und ein indigenes Kolumbien geteilt hat, halte ich heute für einen der wichtigsten Aspekte, sicherlich für einen der Aspekte, die diese Regierung unbedingt will.“
Die in Calì versammelten Führungspersönlichkeiten und andere Personen, so La Bella abschließend, „werden daran arbeiten, dieses Werk der Versöhnung zu verwirklichen“. COP16 sei in jeder Hinsicht ein wichtiges Ereignis für den Schutz des Erbes der biologischen Vielfalt.
„Denn der Slogan von Petro ist: Kolumbien als Weltmacht des Lebens, und mit dieser Aussage ist, glaube ich, das Gefühl dieser Regierung gut zusammengefasst.
(vatican news - cs)
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