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Restaurierung eines Mosaiks in der Geburtskirche in Betlehem (Archivbild) Restaurierung eines Mosaiks in der Geburtskirche in Betlehem (Archivbild) 

Heiliges Land: Religiöser Tourismus weiter in der Krise

Das Heilige Jahr 2025 war ursprünglich auch für die Christen im Heiligen Land ein Hoffnungszeichen. Doch der Krieg wirft weiter seine Schatten auf den religiösen Tourismus: das betrifft Weihnachten und auch das kommende Jahr.

Das Jahr 2000 war das erste Heilige Jahr im Heiligen Land. Es sollte ein Jahr des Friedens sein - und endete in einem neuen Ausbruch der Gewalt, der die Pilger verschreckte. 2025 feiert die katholische Welt erneut ein Heiliges Jahr, also ein besonderes kirchliches Jubiläumsjahr mit liturgischen und theologischen Besonderheiten. Auch die Christen im Heiligen Land hofften dabei auf zahlreiche Pilger - doch erneut ist der Ausblick angesichts von Krieg und Gewalt düster. Auch für das bevorstehende Weihnachtsfest in Bethlehem wagt trotz jüngstem Waffenstillstand mit dem Libanon kaum jemand eine positive Prognose.

„Weihnachten sieht sehr düster aus“, sagte der israelische Diplomat und Berater des israelischen Tourismusministers für auswärtige Angelegenheiten, Peleg Lewi, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Viele Hürden stünden zwischen reisewilligen Pilgern und den Heiligen Stätten: Das Angebot an Flügen nach Israel sei knapp, die Preise der Flüge hoch. Reisewarnungen verschiedener Länder erschwerten die Lage zusätzlich.

Drei Viertel weniger Besucher

Seit Jahresbeginn fiel die Zahl der ausländischen Besucher nach Lewis Angaben um rund drei Viertel auf 900.000. Die israelische Bodenoffensive im Libanon und Angriffe aus dem Iran minimierten die Zahlen im Herbst auf rund 2.500 ankommende Besucher pro Tag. Vor Kriegsbeginn hoffte man für 2023 auf 3,9 Millionen. Rekordjahr war 2019 mit insgesamt 4,5 Millionen Touristinnen und Touristen.

Den Rückgang bestätigt das Christian-Information-Center auch für katholische Gruppen. Das Zentrum in Jerusalem ist für die Reservierungen für Gottesdienste an den katholischen heiligen Stätten im Heiligen Land zuständig. Weniger als 2.000 Gruppen, rund 56.000 Pilger, buchten 2024 einen Gottesdienstort, sagte die verantwortliche Franziskanerschwester Naomi Zimmermann der KNA. Der Rekord aus dem Jahr 2019 liegt bei rund 16.000 Gruppen (613.300 Pilger) und wäre 2023 „ohne den Krieg“ gebrochen worden: Allein in den ersten zehn Monaten 2023 kamen demnach 13.000 Gruppen, insgesamt knapp 600.000 Pilger.

Sorge um die Angestellten

Kirchliche Gästehäuser und Christen, die vom Pilgertourismus leben, beklagen seit Monaten die finanziell katastrophale Lage. Vor allem Häuser in europäischer Trägerschaft wie das Österreichische Pilger-Hospiz, die Dormitio-Abtei oder die Gästehäuser des „Deutschen Vereins vom Heiligen Lande“ (DVHL) in Jerusalem und Tabgha bemühen sich, ihre einheimischen Angestellten zu halten, die zu einem guten Teil kein Arbeitslosengeld erhielten.

Im Norden hatte sich die Lage seit dem Herbst verschärft. Kamen zu Beginn des Jahres und im Sommer neben einigen wenigen Solidaritätsreisegruppen auch noch Israelis, um am See Genezareth Entspannung zu finden, wurde das DVHL-Gästehaus in Tabgha im September vorübergehend geschlossen, berichtet Leiter Georg Röwekamp der KNA. Ausschlaggebend seien die Sicherheitslage und die Verantwortung für die Gäste gewesen.

Tourismus vom Krieg als erstes betroffen

Die Aussichten für das kommende Jahr bleiben schlecht, sagen Röwekamp und Lewi. „Der Tourismus ist das erste, das vom Krieg getroffen wird, und das letzte, das sich erholt“, formuliert es Lewi. Die Entwicklung der Sicherheitslage lasse sich schwer voraussagen, und es dauere „nach einer Beruhigung erfahrungsgemäß bis zu einem Jahr, bis die Pilger und Pilgerinnen in nennenswerter Zahl wiederkommen“, so Röwekamp. Der in der vergangenen Woche in Kraft getretene Waffenstillstand mit dem Libanon sei aber ein Hoffnungszeichen. Halte er, könnten bald zumindest einheimische Gäste zurückkehren, wenn auch saisonbedingt wenige.

Ursprünglich hatte man hohe Erwartungen an das Jahr 2025, auch wegen des Heiligen Jahres. Selbst wenn dessen Zentrum in Rom liegen wird: Auch beim Besuch der Verkündigungskirche in Nazareth, der Geburtskirche in Bethlehem oder der Grabeskirche in Jerusalem können Pilger einen Jubiläumsablass von Sündenstrafen erhalten, wie es die päpstlichen Ausführungen zum Jubeljahr festlegen. Viele Gruppen hätten sich jedoch bereits für alternative Ziele entschieden, etwa „Istanbul und Nizäa aus Anlass des 1.700-Jahr-Jubiläums des Konzils von Nizäa“, so Röwekamp.

Zeit für Bauarbeiten nutzen

Eine Werbekampagne um ausländische Besucher wäre zum gegenwärtigen Zeitpunkt „lächerlich“, glaubt Lewi. Der Fokus liege derzeit darauf, den Kontakt mit allen Partnern im religiösen Tourismus aufrecht zu erhalten, um nach einer Beruhigung schnell wieder einsteigen zu können. Die Zeit bis dahin werde genutzt, um die Infrastruktur an den heiligen Stätten zu verbessern.

Im katholischen Lateinischen Patriarchat hält man an Plänen für das Heilige Jahr fest. Unter anderem Familienangebote, Aktivitäten für Jugendliche und Veranstaltungen zum Thema ökumenische Versöhnung sind angedacht, so der Patriarchalvikar für Israel, Bischof Rafic Nahra, im KNA-Gespräch. Das genaue Programm soll im Dezember festgelegt werden.

Zweite Kriegsweihnacht steht bevor

Zu Weihnachten 2000 forderten die Kirchenführer im Heiligen Land Frieden. Mit den anhaltenden Kämpfen im Gazastreifen droht die Heilige Nacht 2024 erneut im Schatten des Krieges zu stehen, im zweiten Jahr in Folge. Anders als 2023 riefen die Oberhäupter der Kirchen in Jerusalem dieses Mal ihre Gläubigen dazu auf, „öffentliche Zeichen christlicher Hoffnung“ zu setzen und die Ankunft der Geburt Christi vollumfänglich zu feiern, „auf eine Weise, die den schweren Leiden Rechnung trägt, die Millionen Menschen in unserer Region weiterhin ertragen müssen“.

Man hofft weiter auf baldige Rückkehr der Pilger, die nicht nur in finanzieller Hinsicht eine wichtige Bedeutung für die christliche Minderheit am Ursprung der Christenheit haben. Den Christen im Heiligen Land fehlten die auswärtigen Besucher auch „menschlich und geistlich“, verriet der Prior des Benediktinerklosters Tabgha, Josef San Torcuato OSB, im Oktober der KNA. „Kommen Sie, wenn Sie können; das Pilgern ist sicher“, lautete auch der wiederholte Aufruf des Lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa. Ein Besuch sei eine „sehr praktische Form“ der Solidarität.

Korrespondentenbericht von Andrea Krogmann, Katholische Nachrichten-Agentur

(kna – pr)

 

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02. Dezember 2024, 10:12