Südkorea: Kirche kritisiert Kriegsrecht - Aufruf zur Verantwortung
Die Ereignisse der Nacht vom 3. auf den 4. Dezember haben in Südkorea zu breiten Diskussionen über Demokratie und Rechtsstaatlichkeit geführt. Präsident Yoon Suk Yeol verkündete am späten Abend live im Fernsehen die Verhängung des Kriegsrechts. Seine Begründung: „pro-nordkoreanische Kräfte auszurotten und die demokratische Verfassungsordnung zu schützen“. Doch nur sechs Stunden später hob das Parlament in einer Abstimmung mit 190 von 300 Stimmen die Maßnahme wieder auf.
Trotz militärischer Blockaden hatten sich die Abgeordneten ins Parlament begeben, um eine Rückkehr zur Normalität durchzusetzen. Die katholische Kirche reagierte prompt: In einer Erklärung der koreanischen Bischofskonferenz hieß es, dass das Vorgehen der Regierung bei vielen Bürgern „einen Weckruf“ ausgelöst habe. „Wenn keine dringende Notwendigkeit besteht, müssen staatliche Prozesse normal und transparent ablaufen“, betonte Bischof Yong-Hoon Lee, Sprecher der Konferenz und Oberhaupt der Diözese Suwon.
Kirchliche Kritik und historische Mahnung
Die Bischöfe erinnerten an die blutigen Ereignisse von 1980, als das Kriegsrecht zum Massaker von Gwangju führte. „Unsere Demokratie ist unter großen Opfern aufgebaut worden“, erklärten die Kirchenvertreter. Die willkürliche Verhängung des Kriegsrechts ohne klare Bedrohung sei nicht nur verfassungsrechtlich fragwürdig, sondern stelle auch einen gefährlichen Rückschritt dar.
Die katholische Kirche appelliert eindringlich an Präsident Yoon, „persönlich vor das Volk zu treten, sich zu entschuldigen und die Verantwortung für den Prozess der Verhängung und Aufhebung des Kriegsrechts zu übernehmen“. Dieser Schritt sei entscheidend, um das Vertrauen der Bürger in die Regierung und die demokratischen Institutionen wiederherzustellen.
Friedensappell an den Papst
Nur eine Woche zuvor hatte eine Delegation koreanischer Kirchenvertreter Papst Franziskus in Rom getroffen. Sie baten ihn, für Frieden auf der koreanischen Halbinsel zu beten und sich als Vermittler zwischen Nord- und Südkorea einzusetzen. „Wir beten, dass die aktuellen Spannungen nicht in einen Dritten Weltkrieg münden und Frieden auf der koreanischen Halbinsel hergestellt wird“, hieß es in der Botschaft an den Papst.
Die Kirche sieht sich nicht nur als Hüterin des Glaubens, sondern auch als Anwältin der Demokratie. „Die katholische Kirche in Korea unterstützt das Volk aktiv, um die Demokratie zu schützen“, bekräftigten die Bischöfe.
Ruf nach Dialog und Verantwortung
Abschließend forderten die Kirchenvertreter die Regierung auf, den Willen des Volkes ernst zu nehmen und demokratische Werte zu respektieren. „Wir bitten Präsident Yoon und die Regierung eindringlich, auf die Forderungen der Kirche und der Bürger einzugehen.“
(fides - mg)
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