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Syrien: „Kein Wiederaufbau ohne die Christen“

Der maronitische Patriarch Bechara Rai hat vom Libanon aus dazu aufgerufen, Syrien nicht ohne die Christen wiederaufzubauen.

„Christen sind ein integraler und wesentlicher Teil der syrischen Gesellschaft“, sagte das Oberhaupt der größten katholischen Gemeinschaft im Nahen Osten am Sonntag bei einem Gottesdienst im libanesischen Bkerke. Das Christentum sei seit seinen Anfängen tief verwurzelt in Syrien.

Ein Treffen der Bischöfe und Priester von Aleppo und Damaskus mit den neuen Machthabern in Syrien sei in dieser Woche „beruhigend“ verlaufen, berichtete der Kardinal. Die Kirchenvertreter hätten ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit und Beteiligung an der Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten zum Wohle aller Syrer und insbesondere der Christen bekundet.

Kardinal Rai
Kardinal Rai

Für einen Wiederaufbau auf den Grundlagen von Staatsbürgerschaft und Gleichheit

„Syrien ist die Wiege des Christentums, das seit seinen Anfängen tief verwurzelt ist“, fügte Rai hinzu. Die Christen hätten dort dazu beigetragen, „das Zusammenleben, die Gerechtigkeit, den Frieden, die Freiheit und die Menschenrechte zu schützen“. Heute sei es notwendig, alle syrischen Parteien zur Zusammenarbeit beim Wiederaufbau des Landes zu bewegen, und „Syrien auf den Grundlagen von Staatsbürgerschaft und Gleichheit ohne religiöse, konfessionelle oder ethnische und kulturelle Unterschiede aufzubauen“. Daran müssten sich auch die Christen beteiligen.

Gleichzeitig appellierte Rai an seine Landsleute, die Gunst des Waffenstillstands zwischen der Hisbollah und Israel zu nutzen und am 9. Januar endlich einen neuen Staatspräsidenten zu wählen. Das Amt des Staatsoberhaupts im Libanon, das laut Verfassung zu den maronitischen Christen gehören muss, ist seit Herbst 2022 vakant. Die aktuelle Regierung unter Ministerpräsident Najib Mikati ist daher nur geschäftsführend im Amt und kann die Amtsgeschäfte nur provisorisch wahrnehmen.

Der Mond über einem Vorort von Damaskus, am Sonntag
Der Mond über einem Vorort von Damaskus, am Sonntag

50 Jahre in Angst gelebt

Derweil erklärte der maronitische Erzbischof von Damaskus, Samir Nassar, die Christen in Syrien seien unter der Assad-Regierung einem starken Druck und wachsender Gewalt ausgesetzt gewesen und hätten in ständiger Angst gelebt. „Wir konnten nichts sagen, wurden 24 Stunden am Tag von verschiedenen Geheimdiensten überwacht und ausspioniert, und wir waren nicht mutig genug, die Wahrheit zu sagen“, betonte Nassar in einem Interview mit der libanesischen Zeitung „L‘Orient le jour“.

„Wir wurden 50 Jahre lang in Angst vor dem Islam erzogen, daher braucht es Zeit, die Menschen zu beruhigen und für ein neues positives Zusammenleben zu erziehen“, fügte der Erzbischof hinzu. Er sei erleichtert, dass die Mauer der Angst endlich gefallen sei. Allerdings sei es jetzt bereits zu spät, denn das Land sei zerstört und Millionen junger Menschen vor dem Militärdienst geflohen. Daher hoffe er, „dass alle Syrer aus allen Gemeinschaften in das Land zurückkehren“.

(kna – sk)

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16. Dezember 2024, 09:35