Drittes Rekordjahr in Folge auf dem Jakobsweg
Der Jakobsweg führt Pilgerinnen und Pilger seit dem Mittelalter zum angeblichen Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela. Die Pilgerpfade durchziehen ganz Europa und vereinigen sich dann auf den letzten Etappen in Portugal, Frankreich und Spanien. Das Grab entwickelte sich neben Rom und Jerusalem zu einem der drei Hauptziele christlicher Pilgerfahrt. In den vergangenen Jahrzehnten erlebte der Weg eine Renaissance. Im deutschsprachigen Raum sorgte der Erlebnisbericht des Entertainers Hape Kerkeling „Ich bin dann mal weg“ (2006) für einen Pilgerboom.
Meiste Pilger im Mai und im August
Die meisten Pilger erreichten Santiago, das im äußersten Nordwesten von Galicien liegt, im vergangenen Jahr im Mai mit 72.645 Ankünften und im August mit 71.639, im Schnitt waren das rund 2.300 Ankünfte pro Tag. Damit schöpften viele Unterkünfte ihre Kapazitäten aus - und bei Anwohnern war die Grenze der Geduld überschritten. Während des Rekordjahrs mehrten sich die Beschwerden über Lärmbelästigung und verstopfte Gassen. Schließlich trafen auch mehrere Millionen zusätzliche Besucher ein, darunter Busse voll mit Wallfahrern, Kulturreisenden und Landausflüglern von Kreuzfahrtschiffen. Enttäuscht waren viele Ankömmlinge davon, dass der berühmte Weihrauchwerfer in der Kathedrale einige Zeit lang nicht in Betrieb war.
Routen aus Portugal im Aufwind
Zu Fuß und mit dem Rad
Wer die begehrte Urkunde erhalten wollte, muss traditionsgemäß per Stempel im Pilgerausweis nachweisen, mindestens die letzten 100 Kilometer zu Fuß oder die finalen 200 Kilometer per Rad absolviert zu haben. Der Blick in die Statistik zeigt, dass die meisten Pilgerinnen und Pilger, nämlich 236.378, auf der Hauptstrecke, dem „Französischen Weg“, über Sarria unterwegs waren. Fahrt aufgenommen haben die Routen aus Portugal. An zweiter Stelle rangierte der „Portugiesische Weg“ (95.453) vor dem „Portugiesischen Küstenweg“ (74.758).
Trotz allem Hype findet man immer wieder stille Winkel und menschenleere Streckenabschnitte. Kritisiert wird, dass manche Pilger am Eisenkreuz, dem höchsten Punkt des „Französischen Wegs“, und am Kap Finisterra, der Verlängerung des Weges ab Santiago bis zum „Ende der Welt“, ausrangierte Schuhe und Shirts und durchlöcherte Socken hinterlassen.
Spanien vor den USA und Italien
Unter den Ankömmlingen hatten, mit einem Anteil von 42 Prozent, die Spanier die Nase vorn (208.378), gefolgt von 38.052 US-Amerikanern, 28.599 Italienern und 23.462 Deutschen. Aus Österreich wurden 2.459 Pilgerinnen und Pilger registriert. Ganz am Ende der Statistik fanden sich exotische Länder wie Gambia, Surinam, Laos und die Salomonen mit jeweils einem Pilger.
Etwa ein Drittel religiös motiviert
Bei den Motiven zur Pilgerschaft sieht Jorge Martínez-Cava, der Vorsitzende des europäischen Jakobsfreunde-Verbands „Camino Europa Compostela“, dem mehr als 40.000 Mitglieder in 20 Ländern angehören, eine Drittelung: „Bei etwa 30 bis 35 Prozent gibt der katholische Glaube den Ausschlag. Ähnlich viele sind spirituell motiviert. Die übrigen haben sonstige Gründe. Denn der Jakobsweg ist auch ein Weg der Kunst, der Natur, der Freundschaft, der Gastronomie, des Sports.“ Gleichermaßen ist Pilgern auf dem Jakobsweg als Lifestyle-Event in Mode. Die Diskussionen darüber, ob selbst jene, die einen organisierten Gepäcktransport in Anspruch nehmen oder mit E-Bikes unterwegs sind, „wahre Pilger“ sind, hält Martínez-Cava für überflüssig. „Das ist ganz normal. Für uns sind alle Pilger gleich“, sagt er.
Papst Franziskus hatte jüngst ein einer Ansprache an italienische Jakobspilger seine Skepsis darüber geäußert, dass der Jakobsweg in den letzten Jahren verstärkt „in Mode“ gekommen sei.
Sichere Pilgerwege
Die Jakobswege durch Spanien hält der Vorsitzende des Jakobsfreunde-Verbandes Martínez-Cava nach wie vor für „sicher“, empfiehlt jedoch jenen, die Bedenken haben, die vom spanischen Innenministerium erstellte App „Alertcops“: Mit SOS-Knopf-Funktion und der Möglichkeit, sich von der Polizei orten zu lassen. Bislang gibt es die App nur auf Spanisch. Gebrauchsanweisungen in anderen Sprachen seien jedoch in Arbeit.
Für die Zukunft wünscht sich Martínez-Cava eine stärkere Entzerrung bei den zulaufstärksten Monaten, damit es „nicht zu punktueller Überlastung“ kommt. Auch das frühe Frühjahr und der Spätherbst eigneten sich gut für die Pilgerschaft.
(Website Pilgerbüro Santiago de Compostela: https://oficinadelperegrino.com)
(kap - cs)
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