Umfrage: Theologiestudenten wollen Priestermodell wählen können
Biesinger steht hinter der bislang unveröffentlichten Untersuchung, zusammen mit dem Bonner Moraltheologen Jochen Sautermeister. 2015 hatten sie in Bonn, Frankfurt-Sankt Georgen, Freiburg, Mainz, München, Regensburg und Tübingen insgesamt 479 Studierende - 298 Frauen und 181 Männer - in verschiedenen Studiengängen etwa zu Studieninteressen und zu Einstellungen gegenüber Lebensformen wie Zölibat und Ehe schriftlich befragt. Zwar sind die Ergebnisse der Fragebogenstudie statistisch nicht repräsentativ, die Wissenschaftler sehen sie aber „aufgrund der hohen Datenmenge als bemerkenswerte Tendenzaussagen“.
Nach der Studie hat sich mehr als die Hälfte der männlichen Studierenden mit der Frage befasst, ob der Priesterberuf eine Lebensoption für sie ist. Knapp 30 Prozent der Männer gaben an, wegen des Zölibats einen anderen Beruf als das Priesteramt anzustreben. Für mehr als 60 Prozent ist der Zölibat demnach „kein zentrales Element ihres Verständnisses von einem katholischen Priester“, und zwar „weder aus traditionell-religiösen noch aus praktischen Überlegungen“. Unter Frauen ist diese Ansicht verbreiteter als unter Männern.
Vereinbar mit Ehe und Familie
Mehr als zwei Drittel aller Befragten halten das Priesteramt für vereinbar mit Ehe und Familie. Bei den Studentinnen sind es sogar 88 Prozent. 70 Prozent sehen ein Miteinander von zölibatär und nicht zölibatär lebenden Priestern als ein kirchliches Zukunftsmodell. 30 Prozent der männlichen Studenten, die nicht Priester werden wollen, sehen im „Priester im Zivilberuf“ eine Option für das eigene Leben. Dieses Modell gibt es bislang in der katholischen Kirche nur für Diakone.
Die Befunde legen aus Sicht der Wissenschaftler nahe, dass die „gängigen Begründungen der berufungs- und sakramententheologischen Frage nach dem Verhältnis von Berufung zum priesterlichen Dienst, Lebensform und hauptamtlichen Priesterberuf unter den Studierenden katholischer Theologie offener diskutiert werden sollen“. Die Möglichkeit einer doppelten Berufung - also sowohl zum Priestertum als auch zur Ehe - könne sich nach der Studie „auf eine gewisse Akzeptanzbasis berufen“.
Vor dem Hintergrund der Debatten bei der letztwöchigen Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz halten Sautermeister und Biesinger eine breit angelegte repräsentative Studie zu diesen Fragen unter allen Theologiestudierenden für sinnvoll. Bei der Frühjahrstagung der Bischöfe war es unter anderem auch darum gegangen, welche Konsequenzen der Missbrauchsskandal haben sollte. Dabei kam auch die Lebensform von Priestern zur Sprache.
(kna - mg)
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