Prof. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz Prof. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz 

Unser Sonntag: Es gibt kein gerechtes Geld...

Das Evangelium gibt ein Rätsel auf: Viel Mächtiges zwingt zum Dienst, darunter der ungerechte Reichtum. Ihm darf man aber nicht dienen – und doch soll man, ein paar Zeilen vorher, „zuverlässig“ wie ein Verwalter damit umgehen. Die Philosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz fragt in ihrem Kommentar zum Evangelium: Was soll dieser feine Unterschied?

Prof. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz

Lk 16, 1–13


Carlo Goldoni hat die hinreißende Komödie vom „Diener zweier Herrn“ geschrieben. Dort zappelt der Diener zwischen zwei Signori hin und her, verwirrt alles und bringt am Ende doch die Richtigen, nämlich die beiden Herren, von denen einer eine Dame ist, zusammen.

Unser Sonntag - zum Nachhören:

Das ist großes Theater, aber nicht das Leben. Im Leben ist Schluss mit lustig. Viel Mächtiges zwingt zum Dienst, darunter der ungerechte Reichtum. Ihm darf man aber nicht dienen – und doch soll man, ein paar Zeilen vorher, „zuverlässig“ wie ein Verwalter damit umgehen. Was soll dieser feine Unterschied?

...am Geld klebt mindestens Habgier...

Zwischen Gott und dem ungerechten Mammon gibt es keine Verbindung, niemals. Mammon heißt der phönizische Geld-Gott. Und wohlgemerkt: Nach den Worten Jesu gibt es kein gerechtes Geld. Hier wie anderswo gilt nur Entweder – Oder. Warum? Weil am Geld unsichtbar etwas klebt: nennen wir es zunächst Übervorteilung, Neid, mindestens Habgier.
Dagegen gibt es einen richtigen und wichtigen Einwand: Geld ist durch Arbeit verdient, oder einfacher: Geld ist Arbeit. Und wir kennen die Unrechts-Systeme, die Arbeit einfordern, aber nicht entsprechend bezahlen - die Sozialismen aller Art, die den Menschen ihren Lohn vorenthalten und eine gleichverteilte, freudlose Armut herstellen, sogar Leistung bestrafen. Utopien einer solchen gleichverteilten Armut haben lange Zeit die „zweite Welt“ verdunkelt, von Osteuropa und Russland bis China, aber diese sozialistischen Utopien haben nichts mit dem Evangelium zu tun. (Zur abschreckenden Erinnerung: Eine bekannte Autorin pries in den 1980er Jahren das damals schon hungernde Nordkorea als Land, an dem der hl. Franziskus seine Freude hätte… nein, danke!)
Auf der anderen Seite wird auf den ausbeuterischen Kapitalismus verwiesen, der ähnlich die Arbeit unterbezahlt. Das darf aber den Blick dafür nicht verdunkeln, daß gerecht bezahlte Leistung der Motor eines funktionierenden Staates ist, der zugleich die Schwachen mitzutragen hat. Geld zu verteufeln ist ein sicheres Mittel, die soziale Marktwirtschaft - das bisher beste Modell von sozialer Gerechtigkeit - zu untergraben. Geld ist nicht von sich aus schon „böse“, und wer ohne Geld auszukommen versucht, denken wir an die mittelalterlichen Bettelorden, hängt zumindest am Tropf anderer Geber.

...aber Jesu Worte befreien

Dennoch bleiben die Worte Jesu gültig. Sie sind letztlich, wie immer, befreiend. Wovon befreien sie?
Nehmen wir an, Geld sei auf anständige Weise erworben, eben durch Arbeit, aber auch durch ein Erbe der Vor-fahren, die ebenso anständig und fleißig gearbeitet haben. Und wir selbst wollen den Kindern ein kleines Vermö-gen hinterlassen, eben damit sie ihr Vermögen (im Sinn von Können) nicht durch unangemessene äußere Hemmnisse blockieren müssen - damit sei studieren können, heiraten können, eine Familie ernähren können…

„Wieviel Reichtum verdanken die europäischen Länder ihren früheren Kolonien?“

Wo liegt aber dann der Sinn der Worte Jesu? Er liegt darin, daß auch in dem anständig und gerecht Erworbenen etwas hängen kann, das wir nicht mehr sehen: Durch viele Hände ist Geld schon gegangen - war nirgends ein Betrug dabei, ein Übertölpeln? Wurde es schon einmal „gewaschen“, um die Herkunft aus dunklen Kanälen zu verschleiern? Wieviel Reichtum verdanken die europäischen Länder ihren früheren Kolonien? Profitieren wir heute von Unterbezahlung in der Dritten Welt? Sklaverei oder Leibeigenschaft ist offiziell abgeschafft, aber wie lange ist sie in christlichen Ländern betrieben worden und wird heute noch - in islamischen und in sozialistischen Län-dern - verdeckt betrieben? So leben wir ungewollt auf Kosten anderer. Solche Fragen werden hoffentlich nicht ideologisch mißverstanden, als wohlfeile Schelte auf links oder rechts. Wir alle wissen, daß es keine einfachen Lösungen gibt, und die Abschaffung des Geldes ist gar keine Lösung.
Aber festzuhalten ist trotzdem: Geld ist nicht einfach sauber, auch wenn seine unmittelbare Herkunft in Ordnung ist. Aber seine vielen Quellen kennen wir nicht und dürfen voraussetzen, daß es dort auch trübe Quellen gibt. Also ist hier der Imperativ Jesu: beizeiten Abstand einüben, das Geld anständig weiterleiten, sich Freunde damit machen, aber selbst nicht daran kleben bleiben. Im übrigen: weglassen – alles, was mir nicht zusteht, was mich aufzehrt, mich „besetzt“.

Geiz gehört zu den Wurzelsünden

Geiz gehört zu den Wurzelsünden, vor allem des Alters - Molière hat den lächerlichen Geizigen porträtiert: Weder sich gönnt er das Leben noch anderen. Ja, auch sich nicht.
Hinter Jesu Forderung nach zuverlässigem Umgang mit Geld steht noch etwas, was unser Leben lebendig macht, sogar aufrichtet. Umgang mit Kleinem und Großem, Umgang mit Fremdem und Eigenem sind spiegelbildlich. Auch „bei den kleinsten Dingen“. Wir betonen gerne, daß es ja nur kleine Ausrutscher sind, wenn wir versagen. Aus Feigheit lügen, andere ausschmieren, ein wenig Steuern hinterziehen, ein bißchen Porno gucken... Aber das Unrecht, ob groß oder klein, mischt sich als fader Geschmack in alles. Ab und zu als leiser Gestank... Ein solcher Mensch ist nicht wirklich schlimm, aber auch nicht anziehend. Umgekehrt: Es ist sicher kein großer Sieg, wenn man sich eine schlechte Angewohnheit abtrainiert. Aber auch hier zählt nicht groß oder klein, es zählt das Richtige, es legt sich dann wie ein Duft um die Dinge, die wir alltäglich tun. Es gibt Menschen, in deren Nähe das Darin „stimmt“. Viel oder wenig, sie tun es richtig. Ach, wie wünschen wir uns jemand, der im Kleinen wie im Großen Stil hat. Was immer dann getan wird, ist offen, überzeugend, gelungen.

„So ist der ungerechte Mammon nur ein Übungsfeld, sich auf das wahre Gut einzustimmen“

Nichts kann Gottes Umwidmung widerstehen

Nichts gibt es, das seiner Umwidmung widerstehen könnte. So dienen die Dämonen im Bauwerk mittelalterlicher Dome als Träger. In der Krypta des Freisinger Doms steht mittig eine Dämonensäule - auf ihr ruht der der eigentliche Bau. Welche Kühnheit, so zu denken, nein: das zu wissen. Etiam peccata - selbst die Sünden, sagt Augustinus, müssen ihm dienen.
Das heutige Evangelium redet nicht der Furcht das Wort, nicht der skrupulösen Gewissenserforschung; es dient der Demut: Keiner von uns ist unschuldig. Wir werden in einen alten Schuldzusammenhang hineingeboren und geben ihn durch unser Fehlverhalten neu weiter. Aber das Evangelium dient gleichzeitig der Zuversicht - der Herr wird das Falsche richten, nämlich ins Rechte bringen und das Unrecht, das daran klebt, abwaschen. Immer gibt es den neuen Anfang: Ihm zu dienen. Und wie jeder neue Anfang in Seinem Licht ist dieser Anfang von Freiheit umgeben.

(vatican news - claudia kaminski)

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21. September 2019, 11:00