Bedford-Strohm: „Wir wollen als Religionen Kräfte des Friedens werden"

Beim internationalen Friedenstreffen der Kirchen und Religionen in Rom war ein breit geteilter Wille spürbar, als Religionen Kräfte des Friedens zu werden. Mit diesen Worten resümiert der evangelische Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm das ökumenisch und interreligiös angelegte Friedenstreffen vom Dienstag in Rom. Zur Mahlgemeinschaft, die der deutsche evangelische Bischof als persönliche Sehnsucht in Rom vortrug, sagte er im Gespräch mit uns, er werde „nie aufgeben, an dieser Stelle weiterzumachen“.

Gudrun Sailer - Vatikanstadt

Wir sprachen mit dem Ratsvorsitzenden am Mittwochmorgen und fragen ihn zunächst nach seinem stärksten Eindruck von dieser doppelten – ökumenischen wie interreligiösen - Veranstaltung für den Frieden auf dem römischen Kapitol.

Heinrich Bedford-Strohm: Mein stärkster Eindruck ist schlicht die soziale Freundschaft, die sich mit der geistlichen Freundschaft verbunden hat. Zunächst waren dort Menschen unterschiedlicher Konfessionen zusammen, wir haben gespürt, Christus ist in der Mitte, nichts trennt uns voneinander. Und dann sind wir hinaus auf den Kapitolplatz, und es sind die Vertreter der Religionen gekommen, und es war ein ganz breiter Wille spürbar: wir wollen als Religionen Kräfte des Friedens werden. Und der Friedensappell hat das auch mit Worten zum Ausdruck gebracht. Es war ein starkes Ereignis mit wichtigen Vertreten der Kirchen, der Religionen, das hoffentlich auch seine Wirkung in den jeweiligen Ländern der ganzen Welt haben wird.

Hier zum Hören:
Der evangelisch-lutherische Bischof Heinrich Bedford-Strohm
Der evangelisch-lutherische Bischof Heinrich Bedford-Strohm

Viele der von Sant'Egidio eingeladenen internationalen Gäste konnten oder mochten wegen der Corona-Pandemie nicht anreisen. Warum war es Ihnen ein großes Anliegen, zu dieser Begegnung in Rom zu kommen?

Heinrich Bedford-Strohm: Sant`Egidio ist eine besondere Gemeinschaft: Sie ist weltweit vernetzt und bringt etwas zum Ausdruck und rückt etwas ins Zentrum, was mir ganz besonders wichtig ist und was ich auch in meiner Predigt deutlich gemacht habe: nämlich den Dreiklang zwischen Beten, Tun und dem starken Engagement für die Einheit der Kirchen. Genau das kennzeichnet Sant`Egidio, genau das ist mir persönlich am wichtigsten. Ich habe hier in München eine Speisung der Obdachlosen von Sant`Egidio besucht und dort die Atmosphäre der Freundschaft, der Achtung voreinander, der Liebe selbst spüren können, und deswegen will ich Sant`Egidio unterstützen wo ich kann, und auch die Anliegen, die für die Gemeinschaft und für mich selber sehr wichtig sind.  

„Dreiklang zwischen Beten, Tun und dem starken Engagement für die Einheit der Kirchen“

Ihre Sehnsucht nach einem gemeinsamen Abendmahl, die Sie direkt beim ökumenischen Friedensgebet mit und vor dem Papst formuliert haben: War das der ökumenische Mut, den Franziskus verschiedentlich angeregt hat?

Heinrich Bedford-Strohm: Ja, diese Sehnsucht, gemeinsam am Tisch des Herrn, die ist für mich seit langer Zeit im Herzen. Es sind viele schmerzliche Erfahrungen, wo wir spüren, Christus ist in der Mitte, wir feiern ökumenischen Gottesdienst, und an diesem ganz besonders zentralen Akt der Gemeinschaft, wo Christus selbst sich uns verspricht, da können wir dann nicht gemeinsam diese Gemeinschaft zeigen. Das ist schmerzlich. Deswegen werde ich nie aufgeben, an dieser Stelle weiterzumachen. Ich glaube, dass die theologischen Hindernisse aus dem Weg geräumt sind – die theologischen Hindernisse sind nicht mehr kirchentrennend aus meiner Sicht. Deswegen ist es, glaube ich, möglich, dass wir theologisch verantwortet dieses Abendmahl gemeinsam feiern in wechselseitiger Gastfreundschaft zunächst, und ich hoffe sehr, dass die Impulse, auch die theologischen Impulse, die es jetzt gibt, dazu führen, dass wir das jetzt in den Kirchen voranbringen können.*

Papst Franziskus und der ökumenische Patriarch Bartholomaios I.
Papst Franziskus und der ökumenische Patriarch Bartholomaios I.

Beim Betrachten der Bilder von dem Friedenstreffen fiel die große Nähe zwischen Papst Franziskus und Patriarch Bartholomaios auf, sie gingen Seite an Seite wie zwei betagte Brüder. Die anderen Religionsführer, auch Sie, standen nicht ganz so nahe beim Papst. Ist das ein sprechendes Bild? Sieht Franziskus in der Ökumene mit der Orthodoxie eine größere Nähe als z. B. mit den Kirchen der Reformation? Fühlen Sie sich als Bruder auf Distanz?

Heinrich Bedford-Strohm: Nein, gar nicht. Es ist doch ganz klar, dass die beiden Oberhäupter ihrer Kirche weltweit nochmal ganz besonders hervorgehoben bei diesem Treffen zu sehen sind. Ich spüre überhaupt keine Distanz. Papst Franziskus hat in sehr zugewandter Weise mit mir Kontakt aufgenommen, wir haben, als wir uns zum ersten Mal kennenlernten, sofort eine innere Verbindung gespürt, das ist auch bis heute so. Und dass er mich in dem Gottesdienst als „Mein lieber Bischof Heinrich“ begrüßt hat, war auch sehr nett! Ich habe auch mit ihm reden können und diese tiefe Gefühl der Verbundenheit gespürt. Dass der Patriarch und der Papst miteinander eng verbunden sind, darüber freue ich mich, das sagt überhaupt nichts aus über die Nähe zur Orthodoxie oder zu den Kirchen der Reformation. Wir sind eins in Christus, und das kann man auch spüren.

*Die vatikanische Glaubenskongregation hatte jüngst gegenseitigen Abendmahls-Einladungen von Katholiken und Protestanten eine Absage erteilt. Die Unterschiede im Eucharistie- und Amtsverständnis seien noch zu groß. Allerdings verwies die Glaubenskongregation in ihrem Brief an Bischof Georg Bätzing, den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, zugleich auf „beachtenswerte gemeinsame Annäherungen im Eucharistie- und Amtsverständnis“, zu denen internationale katholisch-lutherische Dialogforen zuletzt gelangt seien, und die vorerst noch nicht berücksichtig seien.

(vatican news)

 

 

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21. Oktober 2020, 12:11