In einer Kirche wird eine Kerze entzündet In einer Kirche wird eine Kerze entzündet 

Anteilnahme nach der Flut bleibt groß - Andachten geplant

Eine Woche nach der Flutkatastrophe in Teilen Deutschlands bleibt die Anteilnahme riesig. Notfallseelsorger berichten, dass der aktuelle Einsatz ihre bisherigen Erfahrungen übersteigt. Auch die Spendenbereitschaft ist hoch.

In zahlreichen evangelischen Kirchen ist am Freitagabend ein Glockengeläut geplant; zudem sind Gemeinden an diesem Abend aufgerufen, Andachten für die Flutopfer zu feiern. Auch im Bistum Limburg sind Glockengeläut und Andachten geplant.

„Solch eine Verwüstung ist kaum vorstellbar", schreibt der Limburger Bischof und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, in einem Aufruf an die Pfarreien des Bistums. Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck will am Sonntag für alle Opfer des Hochwassers beten. Bereits am Freitag wird er sich laut Bistum Essen einen Eindruck von der Lage vor Ort machen und und mit Betroffenen und Helfern sprechen.

Diakonie, Caritas und Bistümer helfen mit Spenden

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Diakonie stellen vier Millionen Euro für die Betroffenen der Flutkatastrophe als Soforthilfe bereit. Nach den Worten des Leiters der Diakonie Katastrophenhilfe, Martin Keßler, sollen zunächst unbürokratisch finanzielle Hilfen ausgezahlt werden, „damit die Menschen die größte Not der kommenden Tage überstehen."

Das Land Rheinland-Pfalz richtete eine neue Online-Plattform „Fluthilfe" ein, die Hilfsangebote und Hilfesuchende zusammenführen will. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und die Hermann Reemtsma Stiftung stellten gemeinsam zwei Millionen Euro Nothilfe für Denkmaleigentümer bereit. Die Aktion Deutschland Hilft (ADH) hat nach eigenen Angaben bereits 35 Millionen Euro an Spenden erhalten - „mit stark steigender Tendenz". Eine solche Hilfsbereitschaft habe es „in 20 Jahren seit Bestehen des Bündnisses" nicht gegeben, sagte die geschäftsführende Vorständin Manuela Roßbach. Derzeit stehe die Basisversorgung von geretteten Menschen im Vordergrund. Der Bedarf an Plätzen und Versorgung in Notunterkünften sei weiterhin groß, ebenso nach psychosozialer Versorgung traumatisierter Personen. Auch im Rahmen eines ARD-Benefiz-Tags ruft ADH weiterhin zu Spenden auf - der Sender plant am Freitag unter anderem eine Live-Sendung ab 20.15 Uhr.

Der Leiter von Caritas international, Oliver Müller, sprach von einer Spendenbereitschaft „im obersten Bereich". Die Hilfe geschehe auf unterschiedlichste Weise, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): Bei der Unterbringung und Versorgung Betroffener, mit Hilfsgeräten, einmaligen geringen Geldzuwendungen oder mit psychosozialer Arbeit

„Diese Eindrücke quasi vor unserer Haustür machen einfach nur sprachlos“

Er habe schon viele Bilder von Katastrophen gesehen, sagte der katholische Weltkirche-Bischof Ludwig Schick am Dienstag. „Aber diese Eindrücke quasi vor unserer Haustür machen einfach nur sprachlos." Sein Erzbistum Bamberg stellte 50.000 Euro Soforthilfe bereit. .Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und der evangelische rheinische Präses Thorsten Latzel besuchten betroffene Gebiete. Auch der Münchner Kardinal Reinhard Marx dankte allen Seelsorgern und Helfern. Seine Erzdiözese unterstützt die Betroffenen mit insgesamt 300.000 Euro; das Erzbistum Köln hatte bereits 100.000 Euro zur Verfügung gestellt. Das Bistum Münster gab 250.000 Euro Soforthilfe. Auch die ostdeutschen Bistümer Magdeburg und Dresden-Meißen riefen zu Spenden und Gebeten auf.

„Priorität in allem politischen und gesellschaftlichen Handeln“

Klimaschutz-Appelle

Unterdessen mehren sich Appelle, den Klimaschutz ernstzunehmen. Der katholische Weltkirche-Bischof Ludwig Schick mahnte, dem Klimaschutz „Priorität in allem politischen und gesellschaftlichen Handeln" einzuräumen. Wetterextreme drohten zuzunehmen und  „die nächsten Generationen in ihrer Existenz" zu bedrohen. Dies bestätigte der Klimaforscher Mojib Latif. Bislang habe es in Deutschland zudem vor allem materielle Schäden gegeben, sagte er der  „Frankfurter Allgemeinen Zeitung". „Jetzt sterben viele Menschen", so Latif.

 „Wenn wir noch die anderen Extreme betrachten, wie zum Beispiel die Hitzewellen mit Rekordtemperaturen, verlassen wir als Menschheit gerade den Wohlfühlbereich."

Die Politik sei gefordert, diese Entwicklung ernstzunehmen und gegenzusteuern. Bundesumweltministerin Svenja Schulze forderte mehr finanzielle Mittel zur Vorbeugung von Extremwettereignissen durch den Klimawandel.  „Die aktuellen Ereignisse in so vielen Orten Deutschlands zeigen, mit welcher Wucht die Folgen des Klimawandels uns alle treffen können", sagte die SPD-Politikerin der  „Augsburger Allgemeinen". Schulze bekräftigte ihre Forderung nach einer schnellen Grundgesetzänderung:  „Klimaanpassung muss zur staatlichen Daueraufgabe werden."

„Klimaanpassung muss zur staatlichen Daueraufgabe werden“

Am Montag soll voraussichtlich eine Sondersitzung des Innenausschusses im Bundestag stattfinden. Laut mehrerer Medien soll es dabei um die aktuelle Lage in den Hochwassergebieten gehen sowie um die Abläufe der Warn- und Alarmierungsverfahren. Der Bund werde „alles tun, um alle Betroffenen schnell und möglichst unbürokratisch zu unterstützen", sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) der  „Rheinischen Post" (Mittwoch). Und weiter: „Klimaschutz bleibt das Gebot der Stunde."

(kna - sst)

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21. Juli 2021, 17:10