Missbrauchsopfer brauchen mehr Schutz Missbrauchsopfer brauchen mehr Schutz 

D: Betroffenenrat: Missbrauchsopfer stärker unterstützen

Der Betroffenenrat beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs hat die Gesetzesänderungen zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche begrüßt. Ein ganzheitliches Konzept, das alle Beteiligten in die Pflicht nimmt, sei längst überfällig, betonte der Rat diesen Donnerstag zum Inkrafttreten der Regelung.

Die Reform müsse nun auch in der Verfahrenspraxis des Straf- und Familienrechts ankommen. Zukünftig müssten vor allem der notwendige Schutz von betroffenen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in Verfahren weiter gestärkt und zusätzlich ein Rechtsanspruch für eine kostenlose Rechtsberatung vor Anzeigenerstattung verankert werden. Als zwingend bezeichnete der Betroffenenrat umfassende Unterstützungsstrukturen und der Beratung vor, während und nach dem Verfahren. Dazu müssten Fachberatungsstellen, therapeutische Hilfeangebote und Angebote gemäß dem Konzept der Childhood-Häuser ausgebaut werden.

Kompetenzzentren bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten

 

Weiter forderte der Rat spezialisierte Fachdezernate und Kompetenzzentren bei Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten. Wesentliche Faktoren einer kind- und betroffenengerechten Justiz sind nach Ansicht des Rates beschleunigte Verfahren, frühzeitige richterliche Videovernehmungen, die Bestand in der Hauptverhandlung haben, sowie die verbesserte personelle wie technische Ausstattung und Qualifizierung der Gerichte und Ermittlungsbehörden. Um Schutzlücken zu schließen, spricht sich der Betroffenenrat für regelmäßige bundesweite Verlaufsstudien zur Auswertung der Rechtspraxis im Strafverfahren aus. Um die Belastungssituation der Betroffenen so gut wie möglich zu vermindern, seien ab sofort kind- und betroffenengerechte Strafverfahren sicherzustellen.

 „Gemeinsame Verständigung“ des Nationalen Rats

 

Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht und der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs in Deutschland, Johannes-Wilhelm Rörig, stellten am MIttwoch eine „Gemeinsame Verständigung“ des Nationalen Rats gegen sexuelle Gewalt an Kindern vor.  Darin sind konkrete Maßnahmen in fünf Themenkomplexen enthalten. Ziel ist es Schutz und Hilfen bei sexualisierter Gewalt und Ausbeutung zu verbessern, kindgerechte Gerichtsverfahren zu gewährleisten und die Forschung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt weiter voranzubringen.

„Konkret geht es beispielsweise darum, gerichtliche Verfahren kindgerecht zu gestalten, damit Kinder und Jugendliche so wenig wie nötig erneut belastet werden. Und es geht darum Schutzkonzepte in Einrichtungen und auch digital konsequent zu entwickeln und umzusetzen. Ich danke allen Mitgliedern des Nationalen Rates für ihren starken Einsatz und ihr wertvolles Engagement. Jetzt kommt es darauf an, dass die Umsetzung in der nächsten Legislatur fortgeführt wird“, so Bundesfamilienministerin Lambrecht in einer Pressemitteilung

Strategie gegen sexuelle Gewalt im Internet

Mit Blick auf den ausufernden Anstieg von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im Netz betonte Rörig, dass der nächste Deutsche Bundestag und die nächste Bundesregierung zudem die Einsetzung einer starken Enquete-Kommission zur Erarbeitung einer Grundsatzstrategie gegen sexuelle Gewalt im Netz beschließen sollte, sowie eine gesetzlich verankerte umfassende Berichtspflicht des Amtes einer/eines Missbrauchsbeauftragten gegenüber Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat.

„längst überfällige gesamtgesellschaftliche Verantwortungsübernahme“

Der Betroffenenbeirat erklärte:„Unser gemeinsames Ziel ist die längst überfällige gesamtgesellschaftliche Verantwortungsübernahme, denn alle Betroffenen haben unabhängig vom Tatkontext das Recht auf Schutz und Aufarbeitung, Unterstützung und Hilfen."

Hintergrund

Dem Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kinder ngehören Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Wissenschaft, Betroffene sowie Verantwortliche aus der Zivilgesellschaft und der Fachpraxis an. Das Gremium auf Spitzenebene und fünf thematische Arbeitsgruppen umfassen laut Angaben des Rats insgesamt etwa 300 Mitwirkende. Sie alle haben sich zum gemeinsamen Ziel gesetzt, sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und deren Folgen dauerhaft entgegenzuwirken. Seit der Konstituierung des Nationalen Rates am 2. Dezember 2019 durch das Bundesfamilienministerium und den Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs hat der Nationale Rat in fünf thematischen Arbeitsgruppen getagt: Schutz, Hilfen, Kindgerechte Justiz, Schutz vor Ausbeutung und internationale Kooperation sowie Forschung und Wissenschaft. 

(kna/pm - sst) 

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01. Juli 2021, 12:39