Missbrauch: Köln hätte erstes Gutachten fast veröffentlicht
Das berichtet der Rechtsanwalt Carsten Brennecke, Berater des Erzbistums, in einem Interview mit dem „PR-Magazin“, aus dem jetzt Ausschnitte bekannt wurden. „Man hatte den Medien bereits versprochen, dass drin die Namen von Verantwortlichen genannt würden“, so Brennecke. „Kurz vorher – im Februar – fragte ein Journalist des Kölner Stadt-Anzeigers, ob das Bistum das überhaupt darf: die Namen von Beschuldigten in so einem Gutachten preisgeben. Darüber hatte man offenbar bis dahin nicht nachgedacht…“
Ohne diesen Journalisten wäre das Gutachten wohl publiziert worden. „Wir haben den Entwurf des Gutachtens dann geprüft und gleich gemerkt, dass (die Kanzlei) das Thema Äußerungsrecht entweder nicht kannte oder bewusst außer Acht gelassen hatte.“ Bei einer Besprechung sei dann klargeworden: „Das hatten die nicht berücksichtigt.“
Der Krisen-PR-Profi Torsten Rössing führte in demselben Interview aus, er habe daraufhin zu Kardinal Reiner Maria Woelki gesagt: „Entweder wir ziehen das durch und fahren das Ganze wahrscheinlich vor die Wand, weil es rechtlich nicht haltbar ist. Damit wäre niemandem geholfen, auch nicht den Betroffenen. Oder wir beißen in den sauren Apfel, lassen … nacharbeiten und verschieben. Wir haben uns dann alle gemeinsam für die zweite Option entschieden.“
„Wäre das Gutachten so veröffentlicht worden, wäre die Sache explodiert“
„Wäre das Gutachten so veröffentlicht worden, wäre die Sache explodiert“, so Brennecke. „Darin waren acht Beschuldigte namentlich benannt, zum Teil hochrangige Leute, jedenfalls keine, die sich so einfach zur Schlachtbank führen lassen.“
Man habe die Münchner Kanzlei also damit beauftragt, das Gutachten nachzubessern und dabei die presserechtlichen Hürden zu berücksichtigen. Um die Kanzlei „nicht öffentlich zu beschädigen“, habe man den Grund für die Verzögerung der Veröffentlichung nicht öffentlich genannt. Die Kanzlei habe es allerdings nicht geschafft, den Text nachzubessern – „trotz wiederholten Aufforderungen, Schriftsätzen und vielen Gesprächen“, so Rössing.
„Das Gutachten war nach Auffassung verschiedener Gutachter einfach nicht veröffentlichungsfähig. Das war die schwerste Entscheidung in dem ganzen Prozess. Aber es ging nicht anders.“
Rückblickend wäre es besser gewesen, das Münchner Gutachten „sofort zu stoppen“, erklärte Brennecke. Der Rechtsanwalt widersprach außerdem dem Vorwurf, Woelki sei beratungsresistent. „Die gesamte Debatte rund um die Missbrauchsaufarbeitung wird massiv dazu benutzt, Kirchenpolitik zu machen. Das nimmt auch die Presse nur zu gern auf.“ Es gebe nun mal „Leute, die versuchen, Woelki abzulösen“.
(pr magazin – sk)
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