D: Ökumenische Woche für das Leben in Leipzig eröffnet
Die aktuelle Ausgabe der ökumenischen Aktion „Woche für das Leben" macht auf die Situationen von Menschen mit Demenz aufmerksam. Dabei soll ein Umgang mit der Krankheit gefördert werden, der Ängste abbaut. Vor Hintergrund der großen Herausforderungen für Angehörige wollen die Kirchen zudem auch Seelsorgeangebote und die Beratung weiter ausbauen.
Mittendrin - Teilhabe garantieren
„Menschen mit Demenz haben einen Platz in unserer Mitte. Sie sind wertvolle Glieder unserer Gemeinschaft und sie sollen – mit ihren Angehörigen – am gesellschaftlichen Leben teilhaben dürfen“, betonte der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Franz-Josef Bode, in seiner thematischen Einführung in der Nikolaikirche in Leipzig. In diesem Anliegen unterstützen die Kirchen auch die „Nationale Demenzstrategie“ der Bundesregierung, in der sich seit 2020 viele Akteure engagieren.
Würde kann man nicht verlieren
Der Bischof ging auf die Erfahrungen von Menschen mit Demenz ein. Für sie ändere sich mit der Krankheit viel: „Es geht nicht mehr um immer mehr – immer besser, schneller und größer zu sein als andere. Eigenschaften, die viele einem gelingenden, würdevollen Leben zuschreiben, sind immer weniger greifbar.“ Da könne es entlasten und trösten zu wissen, dass die Würde des Menschen nicht von seiner Gesundheit, seiner Geisteskraft oder seiner Fähigkeit zur Selbstbestimmung abhänge, sondern unverlierbar sei. „Gott ist der Garant der Würde des Menschen. Seine Eigenschaften – vor allem sein unerschöpflicher Beziehungswille und seine Liebe – zeigen auf, worin der Mensch die Kraft seines Lebens finden kann: in der mitfühlenden Begegnung, in der Gemeinschaft, im Gegenüber zu Gott“, so Bischof Bode.
In Gottes Händen gehalten
Die Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Annette Kurschus, betonte in ihrer Predigt, dass ein Mensch viel verlieren könne: „sein Gedächtnis, seine Erinnerungen, seine Persönlichkeit, seine Intelligenz, sein Wesen, sein Vertrauen, seinen Glauben, seine Hoffnung, seine Liebe, sogar sich selbst“. Die Worte aus dem 31. Psalm „Seid getrost und unverzagt alle, die ihr des Herrn harret!“ trügen eine wichtige Hoffnungsbotschaft: „Gott aber wird diesen Menschen auch dann – und dann erst recht! – nicht verloren geben. Niemals.“ Zudem bleibe die Zuversicht, die ebenfalls im 31. Psalm mit den Worten „In deine Hände befehle ich meinen Geist. Meine Zeit steht in deinen Händen“ betont wird. „Selbst wenn ich nicht mehr denken und mich nicht mehr erinnern kann, bleibe ich von Gottes Händen gehalten. Selbst wenn ich einmal nichts mehr über mein Leben wissen sollte, werden meine Jahre bei Gott gut aufgehoben sein“, so die Ratsvorsitzende.
Der sächsische Landesbischof Tobias Bilz hatte als Gastgeber zu Beginn des Gottesdienstes Präses Kurschus, Bischof Bode und Bischof Heinrich Timmerevers aus dem Bistum Dresden-Meißen in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens willkommen geheißen. „Hier in der Leipziger Nikolaikirche geben wir den Auftakt für eine Woche, die dieser Erkrankung nachspürt. Damit wir sie besser verstehen und Menschen angemessen begleiten können, wenn sie krank sind oder einen Betroffenen pflegen, und weil wir beten wollen für Würde und Wert aller Kreatur, die Gott ins Leben gerufen hat“, sagte Landesbischof Bilz, der auch Mitglied im Rat der EKD ist.
Wie in den vergangenen Jahren war die Eröffnung der Woche für das Leben von einer thematischen Podiumsdiskussion geprägt, die live vom MDR gestreamt wurde. In der von Andrea Ballschuh moderierten Diskussion sprach sich Franz Müntefering, ehemaliger Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisation (BAGSO), für eine Stärkung der Arbeit mit an Demenz erkrankten Menschen vor Ort aus: „Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz sollten eine verbindliche Aufgabe für jede Kommune sein. Die praktische Durchführung kann bei Vereinen und Organisationen liegen, die beraten, unterstützen und sensibilisieren.“ Zudem betonte Müntefering: „Menschen mit Demenz sind keine Fälle. Sie sind Unikate, wie Menschen ohne Demenz auch.“
Austausch und Seelsorgeangebot
Andreas Kruse, Psychologe, Gerontologe und ehemaliges Mitglied des Deutschen Ethikrats, sprach auch den Aspekt der Pflege an: „Menschen mit Demenz sind in besonderem Maße auf Anregung, Förderung, Stimulation und Übung angewiesen, damit Funktionen und Fertigkeiten länger erhalten bleiben. Aus diesem Grunde erweist sich eine rehabilitative Therapie und Pflege als notwendig.“
Zeitgleich gab es die Möglichkeit, in sogenannten „Begegnungsinseln“ auf dem Nikolaikirchhof mit Fachleuten aus der Praxis in vielfältiger Weise über das Thema „Demenz“ ins Gespräch zu kommen und sich zu informieren. Ein Seelsorgeangebot für Betroffene und Angehörige, der Demenzparcours der Stadt Leipzig und eine Filmvorführung des MDR im Gemeindesaal der Nikolaikirchengemeinde rundeten das Programm ab.
(pm – pr)
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