Der Wiener Stephansdom Der Wiener Stephansdom 

Österreich: Weniger Studierende an theologischen Fakultäten

Lehrende von theologischen Fakultäten in Österreich schlagen im „Theopodcast" Alarm: Der Studentenrückgang an theologischen Fakultäten hat auch Folgen für kirchliche Berufe, wissenschaftlichen Nachwuchs und öffentliche Relevanz der Theologie insgesamt.

Besorgt blicken die katholisch-theologischen Fakultäten in Österreich auf die Entwicklung ihrer Studierendenzahlen. In den vergangenen zehn Jahren sei es zu einem starken und besorgniserregenden Rückgang der Zahlen an allen Fakultäten gekommen. Teils würden nurmehr halb so viele Studierende ein theologisches Studium beginnen wie noch vor zehn Jahren.

„Wir sind in einer dramatischen Situation. das muss man einfach sehen. Und da ist wichtig zu überlegen, was jetzt zu tun ist", sagte der Salzburger Theologe und vormalige Dekan der Salzburger Fakultät, Prof. Alois Halbmayr, in einer aktuellen Folge des Theologie-Podcasts „Diesseits von Eden" (https://diesseits.theopodcast.at). Die Folge steht unter dem provokanten Titel „Angestaubt & abgehängt? Wer braucht noch TheologInnen?"

Es gebe zwar „einzelne Lichtpunkte", so die Linzer Theologin Isabella Guanzini, etwa im Blick auf neue Studienangebote, in denen theologische Anteile mit anderen geistes- oder etwa kultur- und wirtschaftswissenschaftlichen Anteilen zusammengeführt werden, zugleich aber dürfe man „nicht die Augen davor verschließen", dass die Zahlen insgesamt weiter sinken und dass man diese auch mit innovativen neuen Studiengängen und Kooperationen nur bedingt stabilisieren könne.

„Kein Vollstudium, aber immerhin"

In Salzburg etwa gebe es 13 Neuanmeldungen in der Fachtheologie, beim neuen Bachelorstudium „Christliche Kultur, Kommunikation und Transformation" immerhin 30. Die Katholische Privat-Universität Linz (KU) meldet aktuell 20 Anmeldungen für das neue Bachelorstudium „Grundlagen des Christentums" und das Diplomstudium. Die Dekanin der Wiener Katholisch-Theologischen Fakultät, Andrea Lehner-Hartmann, geht von „rund 100" neuen Studierenden aus und die Brixner Philosophisch-Theologische Hochschule meldete in dem Podcast bislang zehn Anmeldungen für das Vollstudium und 40 für den neuen Universitätslehrgang „Angewandte Ethik". „Das ist natürlich kein Vollstudium, aber immerhin", so der Brixner Dekan, Prof. Alexander Notdurfter.

Die Gründe für diese Entwicklung seien vielfältig, führte die Wiener Dekanin und Religionspädagogin Lehner-Hartmann aus: Zum einen gingen die Studierendenzahlen insgesamt zurück, dann habe man es mit einer weiterhin „schwindenden religiösen Sozialisation" zu tun. Und auch „die kirchliche Großwetterlage" sei aktuell „nicht dazu angetan, Studierende zu motivieren". Dekan Notdurfter ergänzte dazu, dass die Brixner Hochschule die „demografische Entwicklung" und die niedrigen Geburtenraten zu spüren bekomme. Zudem seien die Hürden, die die kanonischen Studien etwa mit den Sprachanforderungen (Latein, Griechisch, Hebräisch) errichten, sehr hoch und für heutige Studierende teils nur mehr schwer zu überspringen. Auch seien die „Rahmenbedingungen in den kirchlichen Berufen nicht sehr motivierend für junge Leute".

Öffentlicher Relevanzverlust der Theologie

Neben diesen externen Gründen kämen jedoch auch hausgemachte Probleme dazu, räumte Guanzini ein: „Das Selbstverständliche der akademischen Theologie ist extrem brüchig geworden. Ich würde von einer Isolierung der Theologie im kulturellen Bereich und von einem Relevanzverlust vor allem im Rahmen der öffentlichen Diskurse sprechen." Um diesen Relevanzverlust aufzufangen, sei es unabdingbar, den gesellschaftlichen Diskurs bewusst zu suchen und sich als Theologinnen und Theologen diesem zu stellen, so der einhellige Tenor.

Entsprechend beantworteten die Gesprächspartner die Ausgangsfrage „Wer braucht noch TheologInnen?" mit dem Hinweis, Kirche, Gesellschaft und Universität können auch zukünftig nicht auf theologische Expertise verzichten: Die Kirche brauche Theologie, „wenn sie nicht zum folkloristischen Objekt der Religionswissenschaft" werden wolle; die Gesellschaft, „wenn sie religiöse Erfahrung adäquat einordnen möchte" und schließlich die Universität, „da die Theologie dort ein Wissen einbringt, das hilft, die Wissenschaft über ihre eigenen Grenzen aufzuklären", so Guanzini.

(kap - sm)

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

19. Oktober 2022, 12:03