Zulehner: Zölibat könnte bei nächster Synode diskutiert werden
Der geeignete Rahmen für eine solche Debatte könnte die Weltsynode in den Jahren 2023 und 2024 sein. An katholische Geistliche könnten künftig „ganz neue Bedingungen“ gestellt werden. Ziel dahinter sei, dass sie „nicht für das Volk, sondern aus den Gemeinden“ kämen, wie es bereits das zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) fordere. Außerdem ruft Zulehner auf, die Frage nach dem „geglückten Leben“ von Menschen zu stellen, die in der Seelsorge tätig sind.
Dabei bezieht sich der Theologe auf jüngste Äußerungen von Papst Franziskus. Der hatte in einem Interview erklärt, der Zölibat sei nur ein kirchliches Gesetz, das man auch ändern könnte. Zulehner spricht von einem „Mosaikstein in einem größeren Bild.“ Franziskus habe schon nach dem Weltjugendtag 2019 sinngemäß gesagt, er bleibe beim Zölibat, eine künftige Weiterentwicklung sei jedoch angesichts bestimmter pastoraler Nöte denkbar. „Typisch ist, dass er nicht auf den Tisch haut und sagt, ab morgen gilt das. Das wäre der alte Stil des Papstamtes gewesen“, bemerkt Zulehner.
Ganz grundsätzlich stehe Papst Franziskus für einen „Dialogprozess“ in der Kirche, der alle Menschen einbeziehe, die von den diskutierten Themen betroffen seien. Auf diese Weise würden die Entscheidungen vorbereitet, die dann getroffen werden müssten. Am Beispiel des Zölibats und Priestertums, das in Europa auf andere Weise wahrgenommen werde als etwa in Afrika, könnte die Kirche etwa den Weg einer „Dezentralisierung“ einschlagen, erklärt Zulehner. Auf der Synode könnte entschieden werden, „dass Diözesen oder Kontinente einen eigenen Weg in dieser Frage gehen.“
Zulehner im Blog: „Dezentralisierte Kontinentalisierung“ in der Weltkirche
Auf seiner Blogseite zog Zulehner am Sonntag auch Bilanz über das bisherige Pontifikat von Franziskus, der am Montag vor genau zehn Jahren als Wahlsieger im Konklave hervorgegangen war. Auch hier schreibt der Theologe davon, dass der Papst die Weltkirche bereits in „dezentralisierter Kontinentalisierung“ einübe. Das geschehe durch die bisherigen Synoden – zur Jugend, zur Familie, zu Amazonien und nun im „Synodalen Prozess“ zum Thema Partizipation. Der „Panikzentralismus“, der bisher um den „Preis einer tragischen Stagnation der Weltkirche“ die Einheit gesichert habe, könnte schon bei der Synode 2024 von einer „Weltkirche mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten“ abgelöst werden.
Noch vor der Sorge um eine Reform der Strukturen gehe es bei Franziskus allerdings um die grundsätzliche Positionierung der Kirche. Der Papst aus Argentinien stehe für eine „Kirche mit den Armen, die an die Ränder geht“, sagt Zulehner. Als „Weltpfarrer“ habe Franziskus die Akzente verschoben: „Vom Moralisieren zum Heilen, vom Gesetz zum Einzelschicksal, vom Ausschließen zum Hereinholen.“ Immer wieder habe sich der Papst auch für eine „verbeulte Kirche“ ausgesprochen, die hohe Sensibilität für „Wunden“ besitze – im Leben der Menschen, in der Weltgemeinschaft und der Natur. Daher seien die Kriege, der Klimanotstand und die Migration seine großen Themen.
Freilich seien so manche Anfangserwartungen an Franziskus nicht erfüllt worden, räumte der Theologe ein. Sowohl „jene, die keine Reformen wollen“ als auch „jene, denen die Reformen zu langsam gehen“, zählten heute innerkirchlich zu den Gegnern des Papstes. Insgesamt wünschte Zulehner, dass Papst Franziskus „der Welt und der Kirche noch lange dienen“ könne. „Vielleicht wird seine Bedeutung rückblickend weniger in der Kirchenentwicklung liegen, sondern im Beitrag zur Meisterung der großen Herausforderungen in der taumelnden Welt.“
(kap – fg)
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