D: „Verheiratete Männer zu Priestern weihen“
Das schreibt Tück, der in Wien Dogmatik und Dogmengeschichte lehrt, in einem Gastbeitrag für das Onlineportal katholisch.de. Tück, ein guter Kenner der Theologie des verstorbenen Papstes Benedikt XVI.‘, beruft sich auf ein Zitat desselben aus dem Jahr 1970. Damals habe Joseph Ratzinger, der spätere Papst, geschrieben: ‚Die Kirche der Zukunft wird [...] neue Formen des Amtes kennen und bewährte Christen, die im Beruf stehen, zu Priestern weihen‘.“
Tück wörtlich: „Diese Prognose, die er als Papst nicht eingelöst hat, harrt bis heute der Umsetzung“.
Eine Prognose von Joseph Ratzinger
Der Theologe führt aus, dass das Zölibatsgesetz erst im Jahr 1139 durch das Zweite Laterankonzil universalkirchlich erlassen worden sei. Allerdings reiche die Wertschätzung sexueller Abstinenz bis in die frühe Kirche zurück.
Bemerkenswert sei, dass auch Papst Franziskus mittlerweile darauf hinweise, dass sich das Zölibatsgesetz revidieren lasse.
„Damit konzediert er, dass eine Änderung möglich ist. Selbst umsetzen will Franziskus sie aber nicht, obwohl er dies als Oberster Gesetzgeber leicht könnte. Er glaube nicht, den Priestermangel durch einen optionalen Zölibat beheben zu können. Allerdings könnte eine regionale Lockerung durchaus ein Baustein sein, die sich ausbreitende geistliche Versteppung kleiner Gemeinden aufzuhalten.“
Warum die Päpste zögern
Die Tatsache, dass die Päpste der letzten Jahrzehnte mit einer Lockerung der Zölibatsregel gezögert hätten, kann nach Tücks Auffassung auch mit einem „psychologischen Motiv“ zu tun haben. „Für einen optionalen Zölibat einzutreten hieße, nachträglich einzuräumen, dass die Zölibatsfrage doch nicht so entscheidend für die Berufung zum Priestertum sein kann.“
Der Dogmatiker kann der Zölibatsregel durchaus etwas abgewinnen, wie er ausführt. „Die zölibatäre Lebensform verbindet den Priester mit Christus, macht ihn frei für die Gemeinde und verleiht ihm einen alteritären Nimbus, da er auf sexuelle Selbstverwirklichung verzichtet und so auf die Fülle des Heiligen verweist.“ Allerdings sei damit auch „die Gefahr der geistlichen Überhöhung verbunden“ sowie „Risiken und Nebenwirkungen“, zu denen der Theologe „Scheinheiligkeit“ oder „Doppelmoral“ zählt.
„Risiken und Nebenwirkungen“
Dass es in Westeuropa immer weniger Priester gebe, bringe mit sich, dass Priester immer mehr Gemeinden versorgen müssten. „Das führt zu Überforderung, Frustration und Vereinsamung, mitunter auch zu Alkoholismus und Pornographie-Konsum.“
Das katholische Milieu, das Priester in familiäre Gemeinschaftsformen einbinde, erodiere mehr und mehr. „Schließlich zieht die zölibatäre Lebensform partiell Kandidaten an, die eigenwillig und unreif wirken, auch wenn kausale Zusammenhänge zwischen Zölibat und sexuellem Missbrauch wissenschaftlich nicht erwiesen sind“, so Tück.
Der Priestermangel könne nur begrenzt „abgefedert werden“ durch den Import von Geistlichen aus Osteuropa, Afrika oder Asien. Auch sei die Forderung fragwürdig, einfach Laien-Mitarbeiter mit der Feier der Eucharistie zu beauftragen. „Das wäre Traditionsbruch und würde die sakramentale Grundstruktur der Kirche antasten. Priester können nur durch Priester ersetzt werden. Daher ist es für Papst Franziskus an der Zeit, die entschiedene Unentschiedenheit aufzugeben und das, was rechtlich möglich ist, auch zu tun.“
(katholisch.de – sk)
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