Schweizer Bischof: Maßnahmen gegen Missbrauch „73 Jahre zu spät“
„Sowohl schmerzhaft als auch relativ gelassen“ sah sich Lovey nach der Veröffentlichung des Missbrauchsbericht der Universität Zürich vor zwei Wochen. Etwaige Rücktrittsgesuche einiger Bischöfe sähe er kritisch, da man sich in solchen Zeiten der schrecklichen Realität annehmen solle und sich „an die Spitze dieses Missbrauchsproblems stellen, im Dienste der Opfer und um die Bürde, die auf ihnen lastet, wenn möglich zu lindern“.
Die Maßnahmen für den Missbrauch seien natürlich nun viel zu spät angekündigt worden, und dies nicht nur um zehn oder 20 Jahre: „Wir sind 73 Jahre zu spät! Die Untersuchung des Pilotprojekts begann 1950.“ Lovey dankte auch den Medien, ohne deren Druck es vielleicht gar nicht zu Maßnahmen gekommen wäre. In Zukunft werde man auch in Rom anfragen, ob man die Archive der Nuntiatur in der Schweiz und andernorts zur weiteren Untersuchung öffnen könnte. Ob dies passieren werde, so nicht absehbar. Wenn man jedoch die Einsicht in einzelne Akten beantrage, könne man argumentieren, „dass ihre Einsichtnahme zum Wohle der Kirche und der Gesellschaft erfolgt“, führte Lovey aus.
Strafgerichte mit Laienbeteiligung
Was die angekündigten innerkirchlichen Strafgerichte angeht, so kann sich Lovey auch vorstellen, dass dort Laien mitwirken könnten, da man kompetente Leute in diesen Gremien brauche und „nicht alle dieser Kompetenzen im Klerus vorhanden sind.“ Mögliche Sanktionen seien Hausarrest, Entzug des öffentlichen Dienstes oder das Verbot von Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen. Die schwerste Sanktion ist die Entlassung aus dem Stand eines Geistlichen. Zwar würde das vielen Menschen nicht weit genug gehen, aber die Kirche habe nicht die Macht, Menschen ins Gefängnis zu werfen.
Im Falle von zu wenig Engagement hatte das Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ) angekündigt, den Diözesen gegebenenfalls monetäre Mittel zu streichen. Dies sei allerdings der falsche Weg, so Lovey. Die Kirche spiele eine wichtige Rolle und ohne Geld könnten viele soziale Dienste nicht mehr aufrechterhalten werden: „Gott weiß, wir brauchen Finanzierung!“
Im Kontext der anstehenden Synode hatte der Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, Felix Gmür, angekündigt, dass er sich für die Ordination von Frauen und die Abschaffung des Zölibats für Priester aussprechen werde. Lovey merkte an, dass ersteres nicht unbedingt in dem Kompetenzbereich von Gmür liegen würde. Zum zweiten Punkt gab er zu verstehen, dass er es bedenklich halte, wenn man der Auffassung sei, dass „das Ziel der Ehe darin besteht, Pädophilie zu beseitigen oder zumindest zu reduzieren. Die Ehe als Lösung für dieses Übel darzustellen bedeutet, das Ziel zu verfehlen.“ Ehe und Priesterzölibat seien zwei Berufungen, die einander bereichern und ergänzen müssten.
(cath.ch - jo)
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