Österreich: Zu lange aufgeschoben rächt sich nun
Diese zu lange von Reformen Aufschiebung falle „uns genau in dieser heutigen Weltsituation auf den Kopf“, so Zulehner. Er erinnerte an die im Zuge des Synodalen Prozesses durchgeführte Versammlung der Europäischen Bischofskonferenzen im Frühjahr 2023 in Prag. Dort habe man sich über Genderideologie, den deutschen „Synodalen Weg“ und andere kircheninternen Fragen gestritten, während zur gleichen Zeit das Europäische Parlament um Themen wie Krieg in der Ukraine, Klimakrise und Migration rang
Da es primär um Gott und die Welt gehen würde, müsse man die Kirche nicht „durchreformieren“, sondern Teil der aktuelle Lebensrealität werden. Papst Franziskus habe dies klar erkannt und zuletzt mit „Laudate Deum“ vorgelegt, so Zulehner.
Nicht auf das Thema Missbrauch beschränken
Zulehner plädierte auch vehement dafür, das Thema Missbrauch hinter sich zu bringen. Es sei ein gesamtgesellschaftliches Thema und man könne dies nicht nur auf die Kirche beschränken. Man soll aufhören immer wieder für jede Diözese kleine Einzelstudien durchzuführen. Zulehner empfahl den Verantwortlichen, alle kirchlichen Archive zu öffnen und den Staat zu ersuchen, eine unabhängige Kommission für das ganze Land einzusetzen und das Thema „ein für alle Mal zum Wohl aller Kinder in dieser Gesellschaft“ anzugehen.
Vielfalt statt Zentralismus
Die Übernahme absolutistisch-monarchistischer Sozialformen in die äußere Verfasstheit der Kirche hat nach Zulehners Überzeugung „das Evangelium mehr verschüttet als freigesetzt“. Man müse unterscheiden zwischen Jesus, der „den Himmel auf die Erde bringen wollte“ und der laut Zulehners notwendigen Institutionalisierung. Er halte es allerdings für verfehlt, die Institution Kirche als solche zu verteufeln.
Wohl aber müsse ein jahrhundertelang vorherrschender Zentralismus in der römischen Kirche überwunden werden durch eine „inkulturierende Dezentralisierung“, die auf regionale Erfordernisse Rücksicht nimmt. „Und dann wird es eine Kirche mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten geben“, prognostizierte Zulehner. Damit verbunden sei eine Transformation des Papstamtes weg vom monarchistischen Herrscher hin zu einem „Ermutiger zu regionalen Entwicklungen, um die Kluft zwischen Kultur und Evangelium zu überbrücken“. Auch kirchenrechtlich mehr Gewicht käme dann den Patriarchen, den kontinentalen Bischofskonferenzen oder in manchen Fragen sogar den Ortskirchen zu. Man wird sehen, wie weit diese Art der Synodalisierung bei den beiden Weltbischofssynoden 2023 und 2024 umgesetzt werden kann, so Zulehner. Er höre von Kirchenrechts-Fachleuten der laufenden Synode, dass genau daran gearbeitet werde.
(kap – jo)
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