Schweiz: Gmür ruft Opfer von Saint-Maurice auf, sich zu melden
Mario Galgano - Vatikanstadt
„Wir hatten jetzt in Saint-Maurice mit der Bekanntwerdung von vielen, auch alten und sehr alten Missbrauchsfällen, einen Tiefpunkt erreicht und das ist wirklich sehr schlimm.“ Klare Worte vom Basler Bischof Felix Gmür. Im Interview mit Radio Vatikan fügt er an:
„Und ich muss sagen, die Bischöfe waren sehr traurig darüber. Alle Schweizer Bischöfe hoffen einfach, dass die Betroffenen den Mut und die Zeit finden, sich zu melden, dass wirklich vollständig Licht in die Sache kommen kann. Das ist das Allerwichtigste, dass die Betroffenen begleitet werden und dass sie wissen, es wird alles nach menschlichem Ermessen Mögliche aufgeklärt.“
Hier das Interview mit dem Basler Bischof Felix Gmür
Seit der Veröffentlichung der Missbrauchsstudie in der katholischen Kirche Schweiz mögen viele nicht mehr zuwarten, bis konkrete Veränderungen eingeleitet werden. Auf nationaler Ebene hat die Römisch-Katholische Zentralkonferenz (RKZ) mehrere Erwartungen formuliert. Wie geht jetzt die Schweizer Bischofskonferenz damit um?
Bischof Gmür: Wir haben gewisse Maßnahmen gemeinsam entschieden, das heißt die Bischofskonferenz, die RKZ und die Vereinigung der Ordensleute. Und da sind konkrete Veränderungen eingeleitet worden. Und eingeleitet bedeutet, dass sie noch nicht zu Ende sind. Das heißt, man muss die Führung der Personalakten professionalisieren.
Wir müssen Standards für die Zulassung ins Noviziat oder in den seelsorgerlichen Dienst definieren und vereinheitlichen. Wir haben beschlossen, keine Akten mehr, die im Zusammenhang mit Missbrauchsfällen stehen, zu vernichten. Das ist bereits umgesetzt, und wir haben beschlossen, die Studie weiterzuführen. Das ist auch bereits umgesetzt. Die Verträge sind unterschrieben. Und schließlich hat die Bischofskonferenz bereits entschieden, ein nationales Straf- und Disziplinargericht zu errichten. Das braucht alles seine Zeit, weil Reglemente und Texte erarbeitet werden müssen und die schließlich auch der Approbation bedürfen.
Papst Franziskus hat ja auch der Schaffung eines nationalen Kirchen, Straf- und Disziplinargerichts in der Schweiz zugestimmt. Was bedeutet das für die katholische Kirche in der Schweiz?
Gmür: Der Papst hat richtigerweise gesagt, dass die Schweiz klein ist und dass es deshalb gut ist, wenn wir so ein Gericht errichten. Es bedeutet, dass es eine einheitliche Rechtsprechung gibt für das ganze Territorium der Schweiz. Es bedeutet auch, dass die Rechtsprechung professioneller wird. Jetzt sind es ja kleine Bistumsgerichte, die diese Fälle bearbeiten. Nachher wird man einen größeren Pool haben von Richtern und Richterinnen. Das heißt, sie haben auch mehr Fälle und werden so professioneller. Das ist das Allerwichtigste: die Professionalisierung.
Sie waren ja auch deswegen ja beim Papst. Und wie verlief denn aus Ihrer Sicht das Gespräch unter vier Augen, sozusagen hier in Rom?
Gmür: Das Gespräch war sehr wohlwollend. Der Papst hat gut zugehört und der Papst hat, glaube ich, unsere Situation in der Schweiz verstanden. Wir sind ein kleines Land mit mehreren Kulturen, und so ein Gericht kann helfen, dass Professionalisierung vorangetrieben wird und dass die Rechtsprechung und damit auch die Glaubwürdigkeit einheitlich wird.
Wenn man jetzt nur mal die Schweiz schaut: Im Kanton Wallis und St. Gallen gibt es ja auch Abkommen zwischen den staatskirchenrechtlichen und diözesanen Stellen. Wird sich dieses Modell in der Schweiz Ihrer Meinung nach durchsetzen? Und wie steht es auch in einem Bistum wie Basel mit, das ja multi-kantonal ist?
Gmür: Die Bistümer in der Schweiz sind sehr unterschiedlich aufgestellt, was ihr Verhältnis zum Staat, das heißt zu den Kantonen, betrifft. Im Wallis war es eine Charta, die der Kanton dem Bistum unterbreitet hat, und die haben die dann zusammen unterschrieben. In St. Gallen ist es die staatskirchenrechtliche Körperschaft. Im Bistum Basel haben wir ein Konzept, das von allen zehn kantonalen Körperschaften zustimmend zur Kenntnis genommen wurde. Und das heißt, es gilt für alle zehn Kantone. Aber es gibt in den Kantonen jedoch eigene Regelungen und deswegen konnten sie das nicht eins zu eins unterschreiben, sondern zustimmend zur Kenntnis nehmen. Das heißt, man macht in jedem Bistum das, was der Zusammenarbeit und den rechtlichen Vorgaben entspricht.
(vatican news)
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