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D: Katholikentag startet - Wohin steuern Kirche und Gesellschaft

Kurz vor den wichtigen Wahlen in Ostdeutschland und Europa haben die Katholiken in Deutschland ihren Katholikentag in Erfurt begonnen. Beim dritten Treffen in Ostdeutschland nach 1990 werden mehr als 20.000 Teilnehmer in der thüringischen Landeshauptstadt erwartet. Erfurt ist erstmals Gastgeber; in Thüringen sind nur rund sieben Prozent der Bevölkerung katholisch.

Er ist wohl das größte kirchliche Ereignis in diesem Jahr in Deutschland – der Katholikentag, der am Abend in Erfurt beginnt. Bis Sonntag sind rund 500 Veranstaltungen geplant, darunter zahlreiche Diskussionen zu aktuellen gesellschaftspolitischen und kirchlichen Fragen. Der Katholikentag steht unter dem biblischen Leitwort: „Zukunft hat der Mensch des Friedens“.

Zum Auftakt rief die Präsidentin des Zentralkomitees der Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, zum Einsatz für die Demokratie auf, die akut bedroht sei. „Wir alle haben hier in Deutschland Verantwortung für den Frieden im Land. Aber nicht nur hier: Wir sind Teil Europas, wir sind Teil der Weltgemeinschaft.“

Klare Abgrenzung von der AfD

Ohne die Partei direkt beim Namen zu nennen, erläuterte die ZdK-Präsidentin, warum die Gastgeber beschlossen haben, keine AfD-Politiker zu den Foren einzuladen. Der Katholikentag fördere Debatten und lasse unterschiedliche Meinungen zu Wort kommen. Doch sei er „kein Ort für populistische Parolen, für Diffamierung von Menschen und das Verächtlichmachen der Demokratie“, fügte sie hinzu: „Menschen, die sich in Parteien organisieren, die auf Ausgrenzung und völkischen Nationalismus setzen, haben auf unseren Podien keinen Platz.“

Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr hatte bereits am Morgen im ZDF betont: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass mit Vertretern der AfD kein wirklich fruchtbares Gespräch möglich ist.“ Ihnen gehe es nur darum, ihre radikalen Botschaften zu vermitteln.

Einsatz für den Frieden Neymeyr verwies auf das Motto der Großveranstaltung, die alle zwei Jahre in einer anderen Stadt stattfindet: Das Leitwort „Zukunft hat der Mensch des Friedens“ müsse ein Ansporn sein: „Hoffentlich gehen von diesen Tagen Impulse aus für den Frieden in unserer Welt, unserer Gesellschaft und unserer Kirche.“

In zahlreichen Veranstaltungen wird sich der Katholikentag auch mit der Situation der katholischen Kirche befassen. Sie hat ebenso wie die evangelische Kirche durch den Missbrauchsskandal massiv an Vertrauen eingebüßt und verliert dramatisch an Mitgliedern.

Papst soll Ruder herumwerfen

Stetter-Karp mahnte rasche Reformen an und hielt Bischöfen und Papst vor, dabei zu bremsen. Grundlegende Veränderungen seien die einzige Chance, die selbst mitverschuldete Krise zu bewältigen. Beim Reformprojekt Synodaler Weg habe man Beschlüsse gefasst, die „Machtmissbrauch eindämmen, Gleichberechtigung der Menschen in der Kirche ermöglichen sollen, freie Lebens- und Beziehungsentscheidungen wichtig nehmen“. Doch die Umsetzung komme nicht voran: „In einer Weltkirche, die die Verantwortung und Macht ihrer Bischöfe betont, erwarte ich von eben jenen Bischöfen - auch dem Bischof von Rom, unserem Papst -, dass nun endlich das Ruder herumgeworfen wird. Es ist genug geredet. Es muss gehandelt werden!“

Mit Blick auf die vergleichsweise niedrige Teilnehmerzahl in Erfurt sagte ZdK-Generalsekretär Marc Frings, große Christentreffen hätten aus seiner Sicht auch weiterhin Zukunft. Solche „Lagerfeuer“ würden gebraucht. Mit mehr als 20.000 Gästen sei Erfurt an die Grenzen der Logistik gekommen: „Wir machen gezielt einen kleineren Katholikentag, um Neues zu erproben.“ Dazu gehörten auch deutlich weniger Veranstaltungen.

ZdK: Besetzung ist politisch ausgewogen

Zur Eröffnungsfeier am Abend kommt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Bis Sonntag sind auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), zahlreiche Minister, Bischöfe und andere Prominente angekündigt.

Das ZdK wies den Vorwurf zurück, der Katholikentag sei politisch unausgewogen besetzt. Weil die Union derzeit nicht an der Regierung sei, sei es normal, dass mehr Vertreter der Ampel auf den Podien säßen. Aber auch viele führende Politiker von CDU und CSU seien beteiligt, darunter mit Manfred Weber (CSU) der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei bei der Europawahl. CDU-Parteichef Friedrich Merz kommt zur Eröffnung und ist bei einem Empfang der Adenauer-Stiftung dabei, sitzt aber auf keinem Podium. Er sei danach auf einer Auslandsreise, hieß es.

(kna – mg)

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29. Mai 2024, 16:22